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Finanzhilfe für GriechenlandWeiter auf Sparkurs

Die griechische Regierung sagt Rentenkürzungen zu, doch die Eurogruppe gibt die Hilfen noch nicht frei. Spätestens im Juli braucht Athen frisches Geld.

Griechische Rentner sind schon lange wütend

Brüssel taz | Griechenland muss auch nach dem Ende des laufenden dritten Hilfsprogramms im kommenden Jahr sparen und die Renten kürzen. Die Regierung in Athen willigte in zusätzliche Reformen für die Jahre 2019 und 2020 ein, wie Eurogruppenchef Jeroen Dijsselbloem bei einem Treffen der Eurofinanzminister in Malta mitteilte.

Über die neuen Auflagen war seit Wochen gestritten worden. Athen wollte die umstrittene Austeritätspolitik nicht über 2018 hinaus verlängern. Darauf hatte jedoch der Internationale Währungsfonds (IWF) bestanden und zudem einen Schuldennachlass gefordert. Diesen lehnt Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) aber ab.

Die Blockade wurde laut Süddeutscher Zeitung wohl erst am Donnerstag bei einem vertraulichen Treffen zwischen Dijsselbloem und Schäuble in Berlin gelöst. Nach Angaben Dijsselbloems soll Griechenland ab 2019 die Renten kräftig kürzen und 2020 eine Reform der Einkommensteuer umsetzen. Dies belastet Geringverdiener.

Durch die neuen Vereinbarungen sollen 3,6 Milliarden Euro oder 2 Prozent der griechischen Wirtschaftsleistung eingespart werden – und das, obwohl Griechenland zuletzt bereits einen Primärüberschuss (vor Schuldendienst) von 3,5 Prozent meldete. Offen ist, wie lange dieser Überschuss gehalten werden kann. Auch andere wichtige Details müssen noch ausgehandelt werden.

Von einem Durchbruch kann daher keine Rede sein. Dies räumte indirekt auch Dijsselbloem ein: „Die großen Blöcke sind geregelt, und das sollte es uns erlauben, zu beschleunigen und auf die Schlussstrecke zu kommen“, sagte er auf Malta. Der Eurogruppenchef forderte die griechische Regierung und die Gläubigerinstitu­tio­nen auf, „die letzten Pünktchen auf die i zu setzen“, um zu einem „politischen Gesamtabkommen“ zu gelangen.

Schäuble ist weiterhin gegen Schuldenerleichterungen

Auch Schäuble drängte auf eine rasche Einigung. „Wenn es länger dauert, wird die Unsicherheit wachsen“, sagte er. Allerdings bremst Schäuble selbst, indem er sich weigert, Schulden­erleichterungen zuzulassen. Auch seine Forderung nach einer Beteiligung des IWF ist noch nicht erfüllt.

Auf scharfe Kritik stieß dievorläufige Einigung im Europaparlament

Der IWF hatte am Donnerstag erklärt, er sehe Fortschritte in der Griechenlandfrage, allerdings sei Wichtiges ungelöst. Die Diskussionen würden weitergehen, sagte IWF-Sprecher Gerry Rice. Für den Währungsfonds müsse eine Gesamtlösung auf „zwei Beinen“ stehen, betonte er: Neben den jetzt beschlossenen Reformen müsse es auch einen Schuldennachlass geben.

Probleme könnte es auch noch beim nun geplanten Kon­trollbesuch der Gläubigerinstitutionen in Athen geben. Sie sollen in den kommenden Tagen in die griechische Hauptstadt zurückkehren, um dort das Reformpaket abzuschließen. Ein Termin wurde nicht genannt.

Anschließend ist eine endgültige Beurteilung der Eurostaaten notwendig, bevor Griechenland neue Mittel aus dem 86 Milliarden Euro schweren Hilfsprogramm erhalten kann. Wann das grüne Licht zu erwarten ist, wollte in Malta niemand sagen. Bisher hat die Prüfung meist mehrere Wochen gedauert. Spätestens im Juli braucht Athen frisches Geld – sonst droht die Staatspleite.

Auf scharfe Kritik stieß die vorläufige Einigung im Europaparlament. „IWF und Eurogruppe haben erneut Kürzungen bei den Ärmsten durchgedrückt, statt den Sumpf des Klientelismus im griechischen Staatsapparat trockenzulegen“, sagte der grüne Finanzexperte Sven Giegold. Die EU-Kommission sei nun in der Pflicht, die sozialen Folgen abzuschätzen und Härten zu verhindern.

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7 Kommentare

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  • Hoffentlich bleibt Schäuble seiner Linie treu. Er hatte den deutschen Steuerzahlern versprochen, dass es keinen Schuldenschnitt geben würde und der IWF sich am dritten Rettungspaket beteiligen wird. Ohne Einhaltung dieder Grundvoraussetzungen kann es keine weitere Beteiligung an Hilfs- oder Rettungsprogrammen geben. Damals musste eine Pleite Griechenlands vermieden werden, da die Folgen auf die Brexit-Entscheidung unklar waren. Die ist jetzt bekanntlich durch.

    • 8G
      82236 (Profil gelöscht)
      @DiMa:

      Als französischer Staatsbürger kann ich nur hoffen, das Mélenchon die Wahl gewinnt und mit dem neoliberalen Geizhals Schäuble Tacheles redet, falls der im September noch Minister ist. Denn weder Sie noch er haben begriffen, dass Griechenland nie seine Schulden zurückbezahlen kann, die sowieso illegitim sind und deshalb abgeschrieben werden müssen durch Aufkäufe der EZB und dass die starrköpfige Verweigerung des Schuldenerlasses, weil Schäuble Wirtschaftspolitik mit Buchhaltung verwechselt, nur dazu führen kann, immer mehr Menschen in Armut und Elend zu stossen, auch in Deutschland, siehe wachsende Altersarmut. Es ist schon höchst unmoralisch von Rentenkürzungen zu reden bei Menschen, die jetzt schon nicht genug zum Leben haben. Wissen Sie auch, dass in Griechenland und in Spanien, viele junge Familien wegen der hohen Arbeitslosigkeit und den Sozialkürzungen von ihren Grosseltern unterstützt werden. Wenn man Steuerflucht und Korruption stärker bekämpft, bekommt man vielleicht mehr Geld zurück als bei Haushaltskürzungen, nicht nur in Griechenland auch in Deutschland. Aber das will Herr Schäuble ja auch nicht, denn das Credo der liberalen Politik ist ja Lohnkosten senken und die Marge erhöhen. Diese Austeritätspolitik führt aber langfristig durch Einkommensverluste und sinkender Kaufkraft zur Kontraktion des europäischen Binnenmarktes, denn die deutsche Exportindustrie kann ja bei der kronisch schwachen Inlandsnachfrage in Deutschland nur auf einen wachsenden Konsum in den Nachbarländern setzten und da bin ich mal gespannt wie die deutsche Wirtschaft einen Frexit verkraften würde. Angst haben ja alle davor in Deutschland, sonst würde ja nicht Macron in allen Medien so hochgejubelt werden. Und da Frankreich nicht Griechenland ist, ist eine Staatspleite bei einem Frexit höchst unwahrscheinlich.

      • @82236 (Profil gelöscht):

        Weshalb sollten die Schulden Griechenlands "illegitim" sein? Selbstverständlich weiß ich, dass Griechenland seine Schulden nicht begleichen wird. Aus diesem Grund ist es an der Zeit, dass sich entweder Griechenland für Zalungsunfähig erklärt oder Deutschland sich nicht weiter an dem kommenden "Rettungspaket" beteiligt. Ein Verzicht ist ein Witz und bedeutet nichts anderes als ein "Weiter so".

         

        Und was Frankreich macht oder nicht macht dürfte dem Kanzleramt ziemlich egal sein. Bisher hat Merkel noch jeden auf Linie bekommen.

        • 8G
          82236 (Profil gelöscht)
          @DiMa:

          Ganz einfach, weil mit Wissen der Geberländer die Korrupte Regierungskaste gefördert wurde, die mit Zustimmung des Geizhalses das griechische Volk ausgesaugt hat, damit Staatsaufträge an die deutsche Industrie gehen, die sich ja besonders mit aktiver Bestechung im Ausland hervortut. Die Griechen hätten nach argentinischen Vorbild alle Zahlungen einstellen müssen, den Euro verlassen müssen. Das ist eine der drei Möglichkeiten sich vom Schuldenjoch zu befreien, Die beiden anderen sind Hyperinflation und massive Abwertung oder Krieg. Was Frankreich anbetrifft, seien Sie mal nicht so arrogant, im Kanzleramt wird jeder kleinste Vorgang genau verfolgt, Die Angst vor Marine Le Pen ist riesig, denn wenn die Präsidentin wird, hat sie auch den Knopf auf den Atomraketen, damit wäre Deutschland, das keine funktionstüchtige Armee mehr hat, erpressbar und Trump vollständig ausgeliefert.

    • @DiMa:

      "DIMA", wissen Sie überhaupt wovon Sie da schreiben? Vermutlich nicht! Ich lege Schäubles Agieren einmal kurz auf Deutschland bezogen um.

      Hier betreibt unser Superfinanzminister, zusammen mit dem unscheinbaren Verkehrsminister Dobrindt, die Privatisierung unserer Fernstraßen, durch die Hintertür. Beide haben auch zu verantworten, dass die Einnahmen aus der LKW-Maut weiterhin bei Telecom und Daimler landen. Zudem ist Herr Schäuble ein entschiedener Gegner für Transparenz in Sachen Panama Papers.

      Und noch ein kurzer Sprung nach Griechenland: Die 14 Gewinn bringenden Flughäfen Griechenland werden seit kurzem von der unserer Fraport betrieben, die Defizitären durften die Griechen behalten. Eine derart infame und dreckige Politik kann ich nicht gut heißen.

  • Schluss mit dieser Erpressung aus dem Hause Schäuble, Deutsche Bundesbank und IWF!

    Die unter 60jährigen Griech_innen leben seit Jahren von den Renten ihrer Eltern oder Großeltern!

    Wenn die aufgebraucht sind, was dann?

    • @nzuli sana:

      Das ist doch genau das Problem. Was machen die jungen Griechen, die keinen Rentner aus der privilegierten Kaste in der Familie haben oder der ist schon ein paar Jahre tot?

      Sinnvoll ist doch ein vernünftiges Sozialsystem, wo der Bedürftige selbst Hilfe bekommt, nicht davon abhängig ist, dass irgendwer im Familien oder Bekanntenkreis nah genug an den Pfründen war und ist, die über Jahre verteilt wurden.