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Ein Polizist sieht schwarz

Prügel-Attacke

Unstrittig ist: Marcel B. hat den brasilianischen Koch V. de O. angefallen und mit Faustschlägen traktiert, bis dessen rechter Augeninnenboden gebrochen war. Tatort: eine Seitenstraße in Bremen Walle, wo Marcel B. im Gebüsch hockte, um Verbrecher zu fangen, um 3.30 Uhr in der Nacht zum 21. Mai 2013. Der 54-jährige Koch war auf dem Weg zur Frühschicht in der Fleischfabrik.

Marcel B. ist Polizist, wenn auch suspendiert. Und dass er für diese Körperverletzung im Juni 2015 vom Amtsgericht Bremen verurteilt wurde, will er nicht hinnehmen. Obwohl er V. de O. damals im Rahmen einer Kontrolle Faustschläge verabreicht hatte. Den verdächtigte Marcel B., weil er ein Käppi trug und schwarz ist, eine knappe Stunde zuvor in anderthalb Kilometern Entfernung einen Einbruchsversuch begangen zu haben. Gegen seine Verurteilung ist der Kommissar daher in Berufung gegangen. Jetzt, zwei Jahre später, beginnt am kommenden Donnerstag das Berufungsverfahren.

Warum das Landgericht so lange gebraucht hat, die Zulassung zu prüfen, ist unklar; Zum Glück sind noch alle ZeugInnen am Leben. Wie gut sich die drei, vier Privatleute noch erinnern, die in jener trüben Mainacht zufällig etwas mitkriegten, ist ungewiss. Bei den Profi-ZeugInnen der Polizei braucht man sich da keine Sorgen zu machen. Die hatten schon 2015 fürs Amtsgerichtsprozess ihren Text auswendig gelernt. So etwas wird mit der Zeit erfahrungsgemäß besser.

Klar, auch Marcel B. soll den Rechtsweg voll ausschöpfen dürfen. Aber vielleicht hätte er doch seine Mittel und Energie besser in Wiedergutmachung investiert. Denn in jener trüben Frühlingsnacht hat Marcel B. nicht nur seine Polizeikarriere ruiniert.

„Er hat das Leben meines Mandanten zerstört“, hatte V. de O.s Anwältin Britta von Doellen-Korgel damals im Schlussplädoyer festgestellt: Der Mann leidet seither unter Panikattacken und Depressionen, und mehrfach hat er versucht, sich selbst zu töten. bes

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