Krieg in Syrien: Dutzende Tote bei Attentaten in Homs
Die syrische Stadt Homs verzeichnet dutzende Todesopfer durch neue Anschläge. Bereits am Freitag war im Norden des Landes die Stadt Al-Bab angegriffen worden.
DAMASKUS/AL-BAB/ANKARA dpa/afp | Mehrere Selbstmordattentäter haben in der zentralsyrischen Stadt Homs nach Angaben von Aktivisten mehr als 40 Menschen mit in den Tod gerissen. Die Anschläge hätten sich gegen Gebäude des Militärgeheimdienstes und der Staatssicherheit gerichtet, wie die syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte am Samstag berichtete.
Unter den Opfern ist demnach auch der Chef des Militärgeheimdienstes der Stadt. Der Chef der Staatssicherheit sei neben vielen weiteren Menschen verletzt worden. Die staatliche Nachrichtenagentur Sana sprach unter Berufung auf den Gouverneur von Homs von 32 Toten und 24 Verletzten. Es hätten sich sechs Selbstmordattentäter in die Luft gesprengt.
Die radikalislamische Rebellengruppe Fatah al-Scham bekannte sich zu den Angriffen. Fünf Extremisten hätten die Einrichtungen gleichzeitig attackiert, behauptete die Gruppe, die als Ableger des Terrornetzwerkes Al-Kaida in Syrien gilt. Die Stellungnahme konnte zunächst nicht unabhängig bestätigt werden.
In der Vergangenheit hatte die Terrormiliz Islamischer Staat solche Anschläge aber für sich beansprucht. Die Dschihadisten attackierten wiederholt Viertel der religiösen Minderheit der Alawiten in der Stadt. Dieser gehört auch Machthaber Baschar al-Assad an.
Homs liegt zwischen der Hauptstadt Damaskus und dem nordsyrischen Aleppo. Die Großstadt ist in den Händen der Regierung. Truppen von Machthaber al-Assad belagern und beschießen den von Rebellen besetzten Stadtteil Al-Waer.
Anschlag in Al-Bab
Bereits am Freitag hatte ein schwerer Anschlag den Norden des Bürgerkriegslandes erschüttert. Menschenrechtlern zufolge starben bei einem Rebellenstützpunkt nordwestlich der Stadt Al-Bab 77 Menschen. Diese Tat reklamierte die IS-Terrormiliz für sich. Zurvor hatte die türkische Armee die Eroberung Al-Babs aus den Händen der Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) verkündet.
Seit dem Beginn des türkischen Militäreinsatzes im Norden Syriens im vergangenen August sind nach Angaben der türkischen Regierung fast 50.000 syrische Flüchtlinge aus der Türkei in ihre Heimat zurückgekehrt. Nach der Einnahme der nordsyrischen Stadt Al-Bab würden „viele weitere Leute zurückkehren“, sagte Außenminister Mevlüt Cavusoglu am Freitag.
Sobald es eine „sichere, vom Terrorismus befreite Zone“ in Syrien gebe, könnten die Syrer dort zu einem normalen Leben zurückkehren, sagte der Minister. In der Türkei leben derzeit rund 2,75 Millionen syrische Flüchtlinge. Davon sind 300.000 in staatlichen Lagern untergebracht, der Rest lebt in Städten und Gemeinden.
Lösungssuche in Genf
Die neue Runde von Friedensgesprächen wurde am Samstag in Genf fortgesetzt. Der UN-Gesandte Staffan de Mistura wollte das ganze Wochenende über in separaten Treffen mit den Delegationen von Regierung und Opposition beraten. Am Freitag war vor allem über das Format der Gespräche und weniger über konkrete Lösungen gesprochen worden, wie beide Seiten erklärten.
Eines der wesentlichen Hindernisse für einen echten Durchbruch ist die ungeklärte Zukunft Assads. Während die Aufständischen seinen Rücktritt fordern, ist dies für die Regierungsdelegation nicht verhandelbar.
Leser*innenkommentare
Reinhardt Gutsche
Flucht zurück unter den Schutz von Assad?
Zitat: „Seit dem Beginn des türkischen Militäreinsatzes im Norden Syriens im vergangenen August sind nach Angaben der türkischen Regierung fast 50.000 syrische Flüchtlinge aus der Türkei in ihre Heimat zurückgekehrt. Nach der Einnahme der nordsyrischen Stadt Al-Bab würden „viele weitere Leute zurückkehren“, sagte Außenminister Mevlüt Cavusoglu am Freitag.“
Das ist eine bemerkenswerte Tatsache, belegt sie doch, daß die Syrer weniger vor dem Regime“ Assads als vor den der Kopfabschneider des IS, Al Nusra et tutti quanti fliehen, von der pro-Eu-europäischen Official-Mind-Medien zärtlich in die Rhetorik-Watte „Rebellen“ gehüllt.
Diese Evidenz hatte sich von Beginn der militärischen Anti-Assad-Operationen an abgezeichnet, wenn man die Fluchtdestinationen der Bügerkriegsflüchtlinge in Betracht zieht: Von den 12 Millionen Bürgerkriegsflüchtlingen sind immerhin 8 Millionen Binnenflüchtlinge, die aus den umkämpften Gebieten Syriens in Zonen unter Regierungskontrolle geflohen sind. Dies bedeutet, daß sich diese 8 Millionen unter dem Assad-Regime offensichtlich physisch sicherer fühlen müssen als in Gebieten unter der Kontrolle der Assad-Gegner, sonst wären sie nicht ausgerechnet dahin geflohen. Von Binnenflüchtlingen in umgekehrte Richtung, also in Gebiete unter der Kontrolle etwa von Deash, Fatah al-Scham, Al Quaida oder FSA, ist merkwürdigerweise nichts Näheres zu vernehmen. Warum eigentlich nicht?