piwik no script img

Bildungsbehörde gesteht Fehler

Schule I Bisher machten SchülerInnen von der Gesamtschule Bremen-Mitte ihr Abitur an der Oberschule Leipnizplatz. Weil sich das ändern wird, gibt es Proteste

Die blauen Zettel eignen sich gut für Papierflieger. Foto: Nikolai Wolff

von Lukas Thöle

Michael Huesmann musste sich am Dienstag einiges gefallen lassen. Jedes Mal, wenn der Abteilungsleiter der Bildungsbehörde mit den protestierenden SchülerInnen der Gesamtschule Bremen-Mitte (GSM) sprechen wollte, flogen Papierkugeln und Papierflieger in seine Richtung. Eine Papierkugel traf ihn an der Nase, Buh-Rufe übertönten Worte. Die Kinder und Jugendliche hatten das Foyer der Behörde besetzt, weil sie in die gymnasiale Oberstufe der Schule am Leipnizplatz (LGO) in der Neustadt wechseln wollen. Dorthin wechselten bisher alle SchülerInnen der Gesamtschule nach der zehnten Klasse für ihr Abitur. Ihr Problem: Die Bildungsbehörde will die Jugendlichen ab dem nächstem Schuljahr zur Oberstufe an der Kurt-Schumacher-Allee in der Vahr schicken.

Für die Eltern kommen die Pläne der Bildungsbehörde aus heiterem Himmel: Erst in den Herbstferien informierte die Schule darüber, dass die SchülerInnen der aktuellen zehnten Klasse im Sommer nicht automatisch an die Oberschule am Leipnizplatz wechseln können. Dafür wurde diese eigens von verschiedenen Gesamtschulen im Jahre 2004 gegründet. „Jetzt, wo der Platz definitiv nicht ausreicht, sollen ausgerechnet die beiden Gründungsschulen kurzfristig anderweitig zugeordnet werden“, sagt Jenny Peplies, Vorsitzende des Elternbeirats. Heute übergeben die Eltern dem Staatsrat Frank Pietzrok daher eine Liste mit über 1000 Unterschriften und ihren Forderungen: Ihre Kinder sollen ihr Abitur weiterhin an der Oberschule am Leibnizplatz machen dürfen.

Die Bildungsbehörde hatte die Oberstufen neu zugewiesen, weil für die derzeitig größeren Jahrgänge zu wenig Plätze an der gefragten Oberschule sind: Laut Staatsrat Frank Pietrzok habe es aufgrund der alten Zuordnung zu viele SchülerInnen gegeben, die einen Rechtsanspruch auf Plätze dort hatten: Dort gibt es nur 140 Schulplätze, nach der alten Zuordnung bräuchte die Schule mindestens 200.

Für die Betroffenen ist die Situation klar: Die Bildungsbehörde habe die derzeitigen Kapazitätsprobleme selbst verschuldet. Dass die Jahrgänge immer größer würden, sei absehbar gewesen. Darauf habe der ZentralElternBeirat Bremen (ZEB) mehrfach hingewiesen: „Die Behörde ist sehenden Auges in diese chaotische Lage geraten“, so Andrea Spude, Sprecherin des ZEB. Die Eltern sehen sich nun hintergangen, da sie beide Schulen „im Paket gebucht“ hätten.

„Wir müssen das jetzt ausbaden“, sagten die SchülerInnen, als sie am Dienstag im Foyer der Bildungsbehörde protestierten. Sie fühlten sich ungerecht behandelt und seien entsetzt über das Verhalten der Behörde. „Viele von uns hatten damit gerechnet, die Termine von Infoveranstaltungen anderer Oberstufen gar nicht wahrnehmen zu müssen“, so die SchülerInnenschaft.

„Die Behörde ist sehenden Auges in diese chaotische Lage geraten“

Andrea Spude, Vorstandssprecherin des Zentralelternbeirats Bremen

Dazu hätte es aber nicht kommen müssen: Die Bildungsbehörde hatte nach eigener Auskunft bereits im März 2016 die Schulleitung über das drohende Problem informiert. „Verschiedene Schulen hatte triftige Gründe angeführt, weiter der Gymnasialen Oberstufe am Leibnizplatz zugeordnet zu sein“, sagt Staatsrat Pietrzok über den Konflikt.

Bildungsprecherin Annette Kemp nimmt die Kritik der Eltern und SchüllerInnen jedoch an: „Wir haben zu lange darauf gesetzt, das Problem gemeinsam mit den Schulleitungen lösen zu können.“ Es sei aber keine Lösung gefunden worden, wodurch die die Behörde in „extremen Zeitdruck“ geriet. „Eltern sowie Schülerinnen und Schüler wurden von uns tatsächlich nicht informiert“, sagt Kemp: „Das tut uns leid.“

Jenny Peplies vom Elternbeirat betont, dass sich der Protest nicht gegen die Oberschule an der Kurt-Schumacher-Allee richtet. „Die Kooperation zwischen unseren beiden Schulen ist schon weit fortgeschritten“, so Peplies. Langfristig sei die Schule Kurt-Schumacher-Allee zwar in Ordnung, so kurzfristig aber nicht.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen