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97 zu 1 gegen Barack Obama

USA 9/11-Klagen gegen Saudi-Arabien: Erstmals überstimmt der US-Kongress ein Veto des Präsidenten

BERLIN taz | Zum ersten Mal seit Beginn von Barack Obamas Amtszeit im Januar 2009 hat der US-Kongress ein Veto des US-Präsidenten überstimmt. Mit 97 zu 1 Stimmen übertrumpfte der Senat am Mittwoch Obamas Veto gegen das sogenannte „Gerechtigkeit gegen Terrorsponsoren“-Gesetz (Justice Against Sponsors of Terrorism Act, kurz JASTA). Wenig später folgte das Repräsentantenhaus mit 348 zu 77 Stimmen.

Das Gesetz erlaubt es Angehörigen der Opfer der Terroranschläge vom 11. September 2001, das saudische Königreich wegen der mutmaßlichen Unterstützung der Attentäter vor US-Gerichten auf Schadenersatz zu verklagen. Die Angehörigenvereinigungen hatten seit Jahren auf dieses Gesetz gedrängt. Anfang September war der Entwurf, eingebracht unter anderem vom demokratischen New Yorker Senator Chuck Schumer, einstimmig durch den Senat gegangen und hatte kurze Zeit später auch das Repräsentantenhaus passiert. Der Präsident legte umgehend sein Veto ein.

Obama befürchtet, die negativen Nebeneffekte des Gesetzes würden die Sicherheit der USA gefährden. Einerseits möchte er das saudische Königshaus, noch immer der wichtigste Verbündete der USA in der Region, nicht verprellen. CIA-Chef John Brennan sagte, es wäre ausgesprochen ärgerlich, wenn dieses Gesetz sich irgendwie negativ auf die saudische Bereitschaft zur Zusammenarbeit im Antiterrorkampf auswirken würde.

Auch die saudische Regierung hatte in den letzten Wochen versucht, Einfluss auf den Kongress auszuüben. Unter anderem hatte Riad damit gedroht, sich von Besitztümern in den USA, von Beteiligungen und Bankkonten zu trennen, damit diese nicht dem Zugriff der US-Justiz unterlägen, sollte es tatsächlich zu einer Verurteilung kommen.

Sprecher des Kongresses stellten klar, das Gesetz wolle keinesfalls eine Beteiligung Saudi-Arabiens an den Anschlägen unterstellen. Diese Frage allerdings ist ein schon seit 2001 diskutiertes Thema: Immerhin kamen 15 der 19 mutmaßlichen Attentäter aus Saudi-Arabien. Und die 28 Seiten des offiziellen Untersuchungsberichtes des Kongresses, in denen über die mutmaßliche Rolle Saudi-Arabiens berichtet wird, werden bis heute unter Verweis auf nationale Sicherheitsinteressen geheim gehalten.

Mehr noch aber als eine diplomatische Verstimmung mit dem saudischen Königshaus fürchtet Obama, das Gesetz könne zu einer ganzen Reihe umgekehrter Gesetzgebungen in anderen Ländern führen. So könnte etwa die US-Regierung im Ausland verklagt werden, sobald Vorwürfe gegen US-Militär- oder Geheimdienstaktionen laut werden. Vor allem die fortgesetzten Drohnenangriffe in Ländern wie Pakistan oder Jemen, bei denen regelmäßig auch eine beträchtliche Zahl unschuldiger Zivilisten getötet werden, könnten dann zum Gegenstand solcher Verfahren werden.

Wenn 9/11-Angehörige die Saudis verklagen, dann auch Drohnenopfer die USA?

Diese Gefahr sehen auch einige der Senatoren, die das Gesetz mit ihrer Stimme unterstützt haben. 30 von ihnen haben in einem offenen Brief angekündigt, sich um eine ergänzende Gesetzgebung kümmern zu wollen, die diesen Gefahren entgegenwirkt. Zwischen dem Wahltermin und der konstituierenden Sitzung des neu gewählten Kongresses etwa könnte solch ein Gesetz verabschiedet werden.

Obwohl Obama die Abstimmung als einen schweren Fehler bezeichnete, äußerte er doch Verständnis für das Ergebnis. Kurz vor einer Wahl sei es sehr schwer, sich in einer Abstimmung gegen die Opferangehörigen zu stellen. „Das wäre sehr hart gewesen – aber es wäre richtig gewesen“, sagte Obama am Mittwoch bei einer Veranstaltung. Bernd Pickert

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