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Vorwürfe gegen BauernfunktionäreTierleid in Ställen von Agrarlobbyisten

Aktivisten filmen in Betrieben von hochrangigen Bauern-Vertretern blutende Schweine, verdreckte Puten und brutale Tötungen von Ferkeln.

Die Bilder der Tierrechtler zeigen auch Schweine mit großen Wunden Foto: Ariwa

Berlin taz | Auch in den Ställen führender Funktionäre der Agrarlobby ist offenbar gegen den Tierschutz verstoßen worden. Die Tierrechtsorganisation Animal Rights Watch (Ariwa) veröffentlichte am Freitag heimlich aufgenommene Bilder etwa von blutenden Schweinen, von verdreckten Puten, die sich gegenseitig schwere Wunden zufügen, und von der brutalen Tötung von Ferkeln. Einige der Aufnahmen zeigten Veterinären zufolge eindeutig Gesetzesverstöße, berichtete die ARD-Sendung „Panorama“.

Solche Videos aus deutschen Ställen hatte es schon häufiger gegeben. Oft verteidigte sich die Branche damit, dass es sich um Einzelfälle handele. Dieses Mal nun trifft es Spitzenvertreter der „modernen Landwirtschaft“ mit Vorbildfunktion, zum Beispiel den Präsidenten des Westfälisch-Lippischen Landwirtschaftsverbandes, Johannes Röring. Er ist auch CDU-Bundestagsabgeordneter und leitet den Fachausschuss Schweinefleisch des Deutschen Bauernverbandes.

Betroffen sind neben anderen zudem die Vorsitzenden des Zentralverbandes der Deutschen Schweineproduktion, Paul Hegemann, des Verbands Deutscher Putenerzeuger, Thomas Storck, und des Thüringer Bauernverbands, Helmut Gumpert.

Röring bestritt in einer Stellungnahme nicht die Echtheit der Aufnahmen, sondern nur, dass sie Tierschutzverstöße zeigten. Storck räumte frühere Probleme in seiner Putenhaltung ein. Die verantwortlichen Tierbetreuer habe er Anfang 2016 entlassen. Sie hätten seine Anweisungen missachtet. Hegemann teilte mit, dass die verletzten Schweine in seinem Betrieb tierärztlich behandelt worden seien. Gumperts Verband und Betrieb waren auf taz-Anfrage für eine Stellungnahme nicht zu erreichen.

Die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft wertete die Vorwürfe als Argument gegen Großbetriebe, in denen die Eigentümer die Betreuung der Tiere Lohnarbeitern überließen. Die Umweltorganisation Greenpeace verlangte den Rücktritt der Funktionäre, falls die Bilder authentisch seien.

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8 Kommentare

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  • Zwei weitere Skandale werden in diesem Zusammenhang absichtlich vergessen.

     

    1. Angeblich stammen diese Bilder von eine Tierschutzorganisation und sind schon 2015 aufgenommen worden. Eine Organisation die sich dem Schutz der Tiere verschrieben hat handelt ein Jahr nicht, denen scheint das Leid der Tiere nicht so wichtig zu sein wie der richtige Moment um Ihr Bilder an den Mann zu bringen. Was Sind das für Tierschützer? Sind die nicht eben so zu verachten für Ihre Untätigkeit wie die betroffenen Landwirte? Warum dürfen sich solche Menschen überhaupt Tierschützer nennen, Menschen für die es wichtiger ist Ihr durch ein Einbruch ergattertes Matreal zum bestmöglichen Zeitpunkt zu verkaufen und dafür ein Jahr warten anstatt zum Veterinäramt zu gehen und dafür zu sorgen, dass das Tierleid so schnell wie möglich beendet wird?

     

    2. Warum hinterfragt die Medien nicht das Handeln angeblichen Tierschützer? Warum recherchieren unser Medien nur in eine Richtung? Das ist Journalistische Arbeitsverweigerung und hilft nur denen die Lügenpresse skandieren. Defakto sind solche Journalisten Mitschuld an dem Erstarken des Rechten Mobs und den weiteren Einzug in unsere Parlamente.

    • @Jörg 70:

      Sie verdrehen die Tatsachen.

      Sie glauben doch nicht allen Ernstes daß freiwillig und offiziell erlaubte Aufnahmen dieses Verbrechens an den Tieren in die Medien gelangen. Tieproduktionsanlagen sind reine Hochsicherungstrakte. Dort kommt man für solche Aufnahmen nicht legal rein. Das wäre ja Selbstverrat der Tierquäler. Denken Sie doch mal nach.

      Nur durch den mutigen zivilen Ungehorsam der von Ihnen diffamierten Tierschützer kann die Ralität des grauenvollen Verbrechens an den Tieren gezeigt werden.

  • Natürlich müssen wir nicht auf Fleisch verzichten, weil einige Gierhälse den Schlund nicht voll bekommen

    Soweit kommt das noch.

    Die identifizierten Betriebe müssen in welcher Form auch immer bestreikt werden , und den lokalen Politikern dies Alles so lange ins Stammbuch geschrieben werden, bis Abhilfe geschaffen wird.

    • @Parisien :

      Und was ist mit den nicht identifizierten Betrieben? Leben die Tiere da besser?

       

      Im Kapitalismus gibt es kein leidfreies Nutztierdasein.

  • Ich würde sagen, es gibt nur sehr wenige gute und verantwortliche landwirtschaftliche Tierhalter. Und die gibt es unter den Öko- und konventionellen Betrieben und hängt eher vom Typ Mensch ab.

     

    Es ist einfach auch eine simple Rechnung: Je mehr Tiere zur Betriebsexistenz gehalten werden müssen, je geringer die Haltungskosten sein müssen, je industrieller der Betrieb organisiert ist und je mehr Schreibtischarbeit auch auf landwirtschaftlichen Betrieben erledigt werden muss, desto "normaler" sind solche Fotos. Es sind sicher keine Einzelfallfotos.

     

    Für den Verbraucher bleibt zurzeit fast nur, sich damit zu arrangieren, ggfs. nur Fleisch von ausgewählten Betrieben zu essen oder eben auch auf tierische Produkte ganz zu verzichten.

     

    Der andere Weg ist ein langer politischer und finanzieller: Wie soll Nahrungsmittelproduktion für unsere Gesellschaft erfolgen? Was ist es uns als Gesellschaft wert? Landwirtschaft ist auch nicht nur Lebensmittelproduktion, sondern auch Umweltgestaltung.

  • Das alles ist zum Verzweifeln. So langsam weiss man nicht mehr, wohin mit seiner Wut. Auch darüber, dass so viele Menschen dieses Fleisch essen.

    • @OSCILLATEWILDLY:

      Und jemand wie Hoerster meint dann noch, dass das ethisch alles voll korrekt ist.

      Diese Fotos gehören auf jede Fleischverpackung. Würde wahrscheinlich genau so wenig helfen wie bei Zigaretten, aber wenigstens können sie dann nicht sagen: "Wir haben es nicht gewusst."

      • @JoWall:

        "Wir haben es nicht gewusst."

         

        Das wollen sie auch gar nicht sagen. Die sind längst so weit, zu sagen: "Ich weiß es, aber es ist mir egal."