Brand in pakistanischer Textilfabrik: KiK entschädigt ein zweites Mal
Vor vier Jahren starben 255 Beschäftigte der Textilfabrik Ali Enterprises. KiK zahlt nun rund 15.000 Euro pro Kopf an die Hinterbliebenen und Verletzten.
Jetzt, fast auf den Tag genau vier Jahre später, zahlt der deutsche Textildiscounter KiK eine hohe, zusätzliche Entschädigung. Die Familien der Opfer und die Verletzten sollen rund fünf Millionen Dollar, etwa 4,5 Millionen Euro, erhalten. Ali Enterprises hatte unter anderem für KiK genäht.
Lange Zeit konnten sich KiK und die Vertreter der Opfer nicht über die Höhe der Entschädigung einigen. Am Freitag jedoch unterzeichneten KiK, die Kampagne für Saubere Kleidung, der weltweite Gewerkschaftsbund Industriall und die Internationale Arbeitsorganisation (ILO) eine Vereinbarung. An den Verhandlungen beteiligt war auch das Bundesministerium für Wirtschaftliche Zusammenarbeit (BMZ).
Beim Brand der Fabrik in Karachi starben auch deswegen so viele Menschen, weil Fenster vergittert waren und es zu wenig Notausgänge gab. Kritiker und Vertreter der Opfer warfen KiK vor, für die schlechten Zustände bei seinem Zulieferer mitverantwortlich zu sein. Das Textilunternehmen aus Bönen in Nordrhein-Westfalen, das zum Tengelmann-Konzern gehört, wies die Anschuldigungen zurück. Gleichwohl zahlte die Firma kurz nach dem Unglück eine Million Dollar zugunsten der Opfer, etwa 3.000 Euro pro Person.
Nun erhalten die Familien der Verstorbenen und die Verletzten weitere etwa 15.000 Euro pro Person. Dies entspreche internationalen Standards und liege über dem in Pakistan üblichen Niveau, erklärte das BMZ. Die Zahlungen sollen den Geschädigten „auf Lebenszeit“ zugutekommen und von einer pakistanische Behörde verwaltet werden. Das Geld ermöglicht medizinische Behandlungen, dient aber auch als Ausgleich für die Arbeitskraft der toten und verletzten ArbeiterInnen, die ihre Familien nicht mehr ernähren können.
Patrick Zahn, Vorsitzender der Geschäftsführung von KiK, sagte: „Wir begrüßen die jetzt getroffene Vereinbarung zum Wohle der Betroffenen des Fabrikbrandes von Ali Enterprises.“ KiK habe freiwillig Verantwortung für die Betroffenen übernommen, so Zahn. „Diese Einigung ist historisch und beispiellos in der Geschichte der pakistanischen Arbeiterbewegung“, sagte Nasir Mansoor vom pakistanischen Gewerkschaftsbund. „Nach vier Jahren Kampf erfahren die Opfer dieser Tragödie endlich Gerechtigkeit und ihr Schmerz und Leiden werden international anerkannt.“
Ein Erfolg für Minister Müller
Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU) bezeichnete die Einigung als einen Erfolg auch seines „Textilbündnisses“. In dieser von Müller gegründeten Organisation arbeiten Textilunternehmen, Gewerkschaften und Bürgerrechtler zusammen, um die sozialen und ökologischen Standards in den weltweiten Bekleidungsfabriken zu verbessern. Mitglieder sind unter anderem KiK und die Kampagne für Saubere Kleidung.
KiK stand deshalb unter besonderem Druck, einer zusätzlichen Entschädigung zuzustimmen. „Die Umwelt- und Sozialstandards, die wir gemeinsam erarbeitet haben, stehen nicht nur auf dem Papier“, sagte Müller. „Sie verbessern ganz konkret die Lebens- und Arbeitsbedingungen für die Näherinnen und Näher in den Textilfabriken vor Ort.“
Die Einigung befördert hat vermutlich auch ein Prozess, der am Landgericht Dortmund läuft. Im Namen von vier Geschädigten des Ali Enterprises-Brandes hat dort unter anderem die juristische Menschenrechtsorganisation ECCHR eine Schadensersatzklage gegen KiK eingereicht. Pro Kopf geht es um Schmerzensgeld in Höhe von 30.000 Euro. Das Gericht nahm die Klage an, die Kläger erhalten Prozesskostenhilfe. Wie sich die Einigung zwischen KiK und der ILO auf das Verfahren auswirkt, ist unklar.
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