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Im Ausnahmezustand

Rigaer94 Nachbarn des Hausprojekts haben die Polizeipräsenz im Kiez satt. Sie fordern einen runden Tisch mit allen Beteiligten

von Erik Peter

„Sieht aus wie bei einer Wohnungsbesichtigung“, scherzte eine Frau aus der Menge von etwa 150 Personen vor der Rigaer Straße 95, dem Nachbarhaus des vor drei Wochen teilgeräumten linken Hausprojekts Rigaer94. Für die mit fünf Mannschaftswagen präsente Polizei sah der Menschenauflauf am Dienstagmittag dagegen nach einer unangekündigten Kundgebung aus. Also verhinderte sie zunächst die geplante Pressekonferenz einer Anwohner-Initiative und drohte mit strafrechtlichen Konsequenzen.

Bezirksbürgermeisterin Monika Herrmann (Grüne) nutzte die Wartezeit, um ihre Sicht der Dinge zu erläutern. Ein Staat müsse „deeskalieren statt eskalieren“. Innensenator Frank Henkel betreibe in der Rigaer Wahlkampf, der auf die AfD ziele, „ihm aber vor die Füße fallen wird“. Und der Regierende Bürgermeister Michael Müller sei „unsouverän“, weil er am Vortag auf Henkels Linie der Nichtverhandlung eingeschwenkt war.

Nach Interventionen der Abgeordneten Hakan Taş (Linke) und Canan Bayram (Grüne) durfte die Pressekonferenz schließlich doch starten. Vor einem Laken mit der Aufschrift „Wir wollen unsere Straße zurück“ verlasen drei Anwohner ihre Erklärung. Sie fordern einen runden Tisch aller Beteiligten, der Innenbehörde wie den Bewohnern des Hausprojekts, ohne Vorbedingungen, moderiert von einer neutralen Schlichter.

Die Nachbarn der als „Zentrum linker Gewaltbereitschaft“ stilisierten Rigaer94 machten deutlich, dass sie sich von deren Bewohnern nicht bedroht, dafür aber durch die Polizeipräsenz „unwohl und verunsichert“ fühlen. Das „Alltagsleben der Nachbarschaft“ werde aggressiv aufgeladen. Die Polizei hat derweil die Absperrungen vor dem Haus reduziert und will von nun an mit Kommunikationsteams das Gespräch mit den Anwohnern suchen.

Partei ergriff die spontan entstandene, etwa zwölfköpfige ­Initiative für die Bewohner der Rigaer94, denen seit Tagen der Strom abgestellt ist. Diese würden täglich „ihrer grundgesetzlich verbürgten Grundrechte wie Bewegungsfreiheit, Privatsphäre und Mieterschutz“ beraubt. Dies geschehe für einen nicht erreichbaren Hauseigentümer mit „dubiosem Hintergrund“.

Andreas Döhler, einer der Sprecher der Initiative, sagte der taz: „Ohne Projekte wie die Rigaer94 wäre der Kiez tot.“ Diese machten sich „Gedanken über Verdrängung“ in der Nachbarschaft. Döhler selbst wohnt seit Anfang der 90er in einem einst besetzten Haus in der Liebigstraße, das inzwischen genossenschaftlich organisiert ist.

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