piwik no script img

Tötungsabsicht vom Tisch

Breite Straße Im Prozess um die Hausbesetzung bei den Squatting Days lässt das Landgericht den Vorwurf des versuchten Totschlags per Hinweis fallen

Wende im Prozess um die Hausbesetzung in der Breite Straße 114/116: Durch einen „rechtlichen Hinweis“ hat das Landgericht am Montag den Vorwurf des versuchten Totschlags gegen drei der sechs Angeklagten offiziell fallen gelassen. Dafür wird jetzt gegen alle Angeklagten wegen „gemeinschaftlichen“ Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte, Körperverletzung und Herbeiführens einer Sprengstoffexplosion verhandelt.

Wie berichtet hatten am 27. August 2014 zu Beginn der „Squatting Days“ rund 30 Menschen die seit Jahren leerstehenden Gründerzeithäuser besetzt. Da die Polizei damals sofort auf eine Räumung setzte, eskalierte die Situation. Polizisten wurden massiv mit Farbe und Böllern beworfen. Auch schwere Gegenstände wie eine Tür, zwei Waschbecken und eine Nachtspeicherheizung flogen aus den Fenstern, um die Polizei auf Distanz zu halten.

Dass die von der Staatsanwaltschaft unterstellte Tötungsabsicht nicht vorgelegen hatte, deutete sich bereits bei der Vernehmung des Bereitschaftspolizisten Marco N, an. Er war damals als Gruppenführer des technischen Zuges für die „Gefahrenanalyse“ verantwortlich, als sein „Kettensägetrupp“ die Eingangstür aufbrach. „Durch die großen Teile habe ich keine Gefährdung gesehen“, sagte N. vor Gericht. Die schweren Gegenstände wären von oben aus dem Haus fallen gelassen worden, so dass sie links seitlich des Eingangs neben seinen Leuten aufgeschlagen seien. „Das habe ich als relativ ungefährlich eingeschätzt“, sagte N.

Inzwischen haben Beamte des „Kettensägetrupps“ die Angaben bestätigt. Durch den „Hinweis“ ist zwar der schwerste Tatvorwurf vom Tisch, das Gericht braucht aber nun nicht mehr jedem Angeklagten eine mutmaßliche Straftat zuzuordnen, sondern kann die Angeklagten kollektiv aburteilen. KVA

Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen

Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen