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Umwelthilfe sieht Rechtsbeugung

Abgas II Manche Diesel sind nur in 20 Prozent der Zeit sauber – mit Dobrindts Einverständnis

BERLIN taz | Es ist eine simple Aufgabe der meteorologischen Statistik: Die Jahresdurchschnittstemperatur in Wiesbaden beträgt im langjährigen Mittel 9,8 Grad. Das bedeutet, dass die Abgasreinigung eines Autos, die bei 17 Grad und weniger abgeschaltet wird, die längste Zeit des Jahres nicht funktionieren kann. Wie lange genau, hat die Deutsche Umwelthilfe (DUH) anhand der Wetterbedingungen des vergangenen Jahres ausgerechnet: Demnach wäre das Fahrzeug, ein Opel Zafira, im Jahr 2015 in 81 Prozent der Jahresstunden ohne ordnungsgemäße Abgasreinigung gefahren, wenn es die gesamte Zeit im Einsatz gewesen wäre.

Etwas besser, aber auch jenseits von Gut und Böse schneidet ein Dieselfahrzeug vom Typ Mercedes C-Klasse Blue Tec ab, das gedanklich in Stuttgart gefahren sein möge. Da hier die Abgasreinigung bei 10 Grad weniger heruntergefahren wird, wäre dieses Fahrzeug im Jahr 2015 rechnerisch zu 49 Prozent der Jahresstunden unsauber gefahren. Zwar sollten Autofahrer auf den Wetterbericht achten – aber so ist der Hinweis auf meteorologische Gefahren kaum gemeint.

Dennoch hatte Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) bei der Vorlage seines Überprüfungsberichts vor einer Woche den Einsatz von Abschalteinrichtungen teilweise für plausibel erklärt, und zwar wegen des Motorschutzes. Dieser Argumentation widersprach am Donnerstag DUH-Geschäftsführer Jürgen Resch. Eine EU-Verordnung aus dem Jahr 2008 lege das Funktionieren der Diesel-Abgasreinigung auch bei tiefen Minustemperaturen fest, nämlich bis minus 15 Grad. „Der Hersteller muss gewährleisten, dass das Emissionsminderungssystem unter allen auf dem Gebiet der Europäischen Union regelmäßig anzutreffenden Umgebungsbedingungen und insbesondere bei niedrigen Umgebungstemperaturen seine Emissionsminderungsfunktion erfüllt“, heiße es in der Verordnung. Dobrindt beuge das Recht, wenn er Dieselautos, die überwiegend ohne funktionierende Abgasreinigung unterwegs seien, als legal einstufe.

Ausschuss soll aufklären

Grüne und Linkspartei kündigten unterdessen an, einen Untersuchungsausschuss zur Aufklärung der Abgasaffäre durchzusetzen. „Wir sind entschlossen, dass aufgeklärt wird, welche Verantwortung bei der Bundesregierung liegt“, sagte Linken-Fraktionschef Dietmar Bartsch. Vertreter der Bundesregierung seien extrem zahm geblieben. „Da muss es Gründe für geben.“

Richard Rother

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