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Weißbuch ohne Kompromisse

Armee Die Union möchte die Bundeswehr im Inneren einsetzen, die SPD ist dagegen. Dass die Koalition einen Kompromiss findet, ist in diesem Fall unwahrscheinlich

Bundeswehreinsatz im Inneren des Berliner Olympiastadions (vor dem Fußballspiel Deutschland gegen England im März) Foto: Sebastian Wells

von Tobias Schulze

BERLIN taz | Für Meinungsverschiedenheiten zwischen Regierungsparteien hat sich ein bestimmtes Drehbuch etabliert: Hat eine Partei ein Anliegen, von dem nichts im Koalitionsvertrag steht, legt sie es als Maximalforderung auf den Tisch. Der Koalitionspartner lehnt den Vorschlag zunächst vehement ab, lenkt später aber ein. Am Ende trifft man sich in der Mitte.

Im Fall der Bundeswehreinsätze im Inland, die CDU und CSU nun fordern, weicht die Koalition von diesem Drehbuch ab: Die Union verzichtet von vornherein auf eine Maximalforderung und verpackt ihren Wunsch stattdessen in maximal schwammige Sätze. Die SPD lehnt den Vorschlag trotzdem vehement ab. Am Ende macht sie auch noch deutlich, dass sie keinerlei Kompromissbedarf sieht. So sagt am Mittwoch der Verteidigungspolitiker Rainer Arnold: „Die SPD bleibt aus guten Gründen dabei, dass die Durchsetzung staatlicher Gewalt ausschließlich Aufgabe der Polizei ist. Unterhalb dieser Ebene kann die Bundeswehr schon jetzt im Katastrophenfall vielfältige Amtshilfe leisten.“

Ausgangspunkt der Debatte ist das neue Weißbuch, in dem die Bundesregierung die sicherheitspolitische Strategie der nächsten Jahre festschreibt. Am Montag schickte das Verteidigungsministerium einen ersten vollständigen Entwurf an andere Ministerien. Einen Tag später zitierte die Süddeutsche Zeitung aus dem Dokument. Demnach wärmt Ministerin von der Leyen die alte Unions-Forderung auf, die Möglichkeiten für Bundeswehreinsätze im Inland auszuweiten. Wörtlich heißt es: „Charakter und Dynamik gegenwärtiger und zukünftiger sicherheitspolitischer Bedrohungen machen hier Weiterentwicklungen erforderlich.“

Konkret klingt die Formulierung nicht gerade. Eher schon wie eine Kompromissformel, mit der von der Leyen die Zustimmung ihrer SPD-Kollegen gewinnen will. Klappt aber nicht: Der Koalitionspartner reagiert gereizt.

Im Sommer will die Regierung die endgültige Version des Weißbuchs vorstellen

Im Auswärtigen Amt, eigentlich seit Monaten in den Weißbuch-Prozess einbezogen, wusste man vorab offenbar nichts von der Passage. Das würde zumindest die Reaktion von Minister Frank-Walter Steinmeier erklären, der die Losung streuen lässt, dass es eine Grundgesetzänderung für solche Einsätze mit der SPD nicht geben werde. Ähnlich äußern sich Genossen aus beiden Parteiflügeln.

Im Sommer will die Bundesregierung die endgültige Version des Weißbuchs vorstellen. Bis dahin müssen sich die Ministerien also darüber einigen, was im Kapitel zu den Inlandseinsätzen stehen wird. Um einen Kompromiss zum Kompromiss zu finden, wiederholte der CDU-Verteidigungspolitiker Henning Otte am Mittwoch seinen Vorschlag, dass eine „Kommission zur Neustrukturierung der Sicherheitsarchitektur Deutschlands effiziente Regeln finden“ könnte. Daran aber hat die SPD – siehe Rainer Arnold – kein Interesse. Und so müssen die beiden Regierungsparteien also noch einmal über ihr neues Drehbuch nachdenken.

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