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Zu viel Zufall, um wahr zu sein

Kommentar

von Susanne Memarnia

Senatskanzlei und Filz

Die Sache stinkt natürlich zum Himmel. Seit Wochen fragt man sich, was genau die Beraterfirma McKinsey zu diesem Masterplan Integration beigetragen hat – zumal der ja ausgesprochen dünn ausgefallen ist. Angeblich hat die Firma eine „einzigartige Expertise“. Zweifel daran hat der Regierende Michael Müller (SPD) am Donnerstag erneut genährt, als er erklärte, das Unternehmen habe Workshops für die diversen beteiligten Senatsverwaltungen organisiert. Wo da die einzig­artige Expertise liegt und wieso das 238.000 Euro Steuergelder wert sein soll, bleibt weiterhin sein Geheimnis.

Bislang gingen die Spekulationen vonseiten der Opposition ja in die Richtung, dass man McKinsey eine Gegenleistung geben wollte dafür, dass die Beraterfirma monatelang „unentgeltlich“ das im Chaos versunkene Landesamt für Gesundheit und Soziales beraten hatte. Nach den jüngsten Enthüllungen drängt sich nun eine ganz andere Lesart auf: dass nämlich Müller – beziehungsweise sein Adlatus Björn Böhning – den Ex-Staatssekretär Lutz Diwell zufriedenstellen wollte. Schließlich war der als Müllers neuer Beauftragter für Flüchtlingsfragen offenbar wegen seiner Geldforderungen nicht durchsetzbar, wenn man dem für gewöhnlich gut unterrichteten Tagesspiegel glauben mag.

Was Müller dagegen dem Parlament am Donnerstag in der verspätet doch noch stattfindenden Fragestunde verklickert hat, ist wenig überzeugend. Er habe erst im Sommer mit Diwell über den Posten gesprochen, dann habe dieser – obwohl er den Job nicht bekam – die Senatskanzlei beraten, natürlich auch „unentgeltlich“, und als McKinsey angeheuert wurde, habe er dann, uuups, das wusste der Regierende ja gar nicht, von dieser Firma einen Vertrag bekommen? Ein bisschen viele Zufälle auf einmal.

Zudem gerät mit dem Dewill-Deal auch die These von der einzigartigen Expertise McKinseys ins Wanken. Schließlich kann es damit nicht allzu weit her sein, wenn die Berater erst einen neuen Berater einkaufen müssen, um Müller anständig beraten zu können.

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