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Hate Speech der MasseKopf ab, Rübe runter

Wie wird aus Wohlstandsbürgern ein Mob von Internet-Trollen? Der französische Soziologe Gustave Le Bon hat das schon vor 120 Jahren analysiert.

Das analoge Pendant zu Hate Speech im Internet Foto: dpa

Nicht erst „seit Köln“ herrscht in den sozialen Medien in Deutschland ein bedenklicher Ton. Bei Facebook oder Twitter, in den Kommentarspalten der Websites von tagesschau.de bis Zeit Online ist es nichts Ungewöhnliches mehr, dass Menschen, weil sie anderer Meinung sind, beleidigt, der Lüge bezichtigt oder bedroht werden. Und je brausender der Furor, desto größer die Schwierigkeiten mit der deutschen Rechtschreibung.

Lange habe ich mir deshalb den deutschen Internet-Troll so vorgestellt, wie er einst in einer denkwürdigen Reportage der FAS dargestellt wurde: als invaliden Frührentner, der in Jogging-Hosen in einer nikotingeschwängerten Einzimmerwohnung auf der Schlafcouch am Laptop sitzt. Und sich die Zeit damit vertreibt, im Internet über Lügenpresse, Gutmenschen und Wirtschaftsflüchtlinge abzukotzen. Aber wenn man sich die Facebook-Profile der übelsten Online-Motzer ansieht, stellt man mit Entsetzen fest: Die meisten von ihnen scheinen stinknormale Leute zu sein, die neben einem im Bus sitzen oder im Treppenhaus grüßend an einem vorbeigehen könnten.

Wenn sie sich online nicht gerade über „Sozialschmarotzer“, „Rapefugees“ oder „Verschwulung“ ereifern, posten sie bei Facebook Bilder vom neuen Rennrad oder vom Urlaub in Gran Canaria. Wie kann es sein, dass BRD-Normalos sich im Internet zu einer Art Online-Lynchmob zusammenschließen? Und hier ein unverschämtes Benehmen an den Tag legt, das sich wohl keiner der Beteiligten alleine oder in der wirklichen Welt erlauben würde?

Eine ähnliche Frage hat vor 120 Jahren der französische Soziologe Gustave Le Bon in seinem Buch „Die Psychologie der Massen“ zu beantworten versucht: Wie kommt es, dass Einzelne in der Masse plötzlich Dinge tun (Lynchen, Plündern, „Kopf ab! Rübe runter“-Schreien), die ihnen allein nie in den Sinn kämen?

Die Masse als Mob

Die Masse war zu dieser Zeit ein neues soziales Phänomen, das untrennbar mit der Moderne und der industriellen Revolution verknüpft war. Menschen, die nach dem Ende des Feudalismus auf der Suche nach Fabrikarbeit ihre dörfliche Heimat und damit auch deren verbindlichen Normen und Regeln hinter sich gelassen hatten. In den sich entwickelnden Großstädten fanden sie eine moralische Tabula rasa vor, in der es keine gewachsene Gemeinschaft gab, die auf die Einhaltung von gesellschaftlichen Grundregeln achtete.

Hier konnte sich eine neue Massenkultur entwickeln, die nicht nur Le Bon zum Nachdenken brachte. Bücher wie „Der Aufstand der Massen“ (1929) von José Ortega y Gasset und „Masse und Macht“ (1960) von Literaturpreisträger Elias Canetti hielten die Massenpsychologie bis in die Nachkriegszeit in der Diskussion und lieferten die Grundlage für eine fortgesetzte elitäre Massenverachtung des Bürgertums auch in Deutschland.

In der Masse werden der gesunde Menschenverstand und die Persönlichkeit durch Rückenmarkdenken ersetzt

Die Masse, die Le Bon entdeckt hatte, war im Grunde ein Mob, gesteuert vom Unterbewussten, das vernünftiges Handel unmöglich machte, triebhaft, leichtgläubig, grausam, ungeduldig. Wer Teil einer Masse wird, entwickelt sich gleichsam eine Evolutionsstufe zurück. In der Masse gibt man seinen gesunden Menschenverstand und die Fähigkeit zur Kritik auf, die Persönlichkeit wird durch „Rückenmarkdenken“ ersetzt.

Die Masse, die Le Bon 1895 beschreibt und die ich „Masse 1.0“ nennen möchte, hat bemerkenswerte Gemeinsamkeiten mit den Online-Krakelern der Gegenwart: Die „Massen kennen weder Zweifel noch Ungewissheit und ergehen sich stets in Übertreibungen. Ihre Gefühle sind stets überschwänglich“, schreibt Le Bon. Auch die Internet-Wutbürger sind schnell und ohne lästiges Nachdenken davon zu überzeugen, dass „südländisch aussehende“ Täter sich an der 13-jährigen Lisa aus Marzahn vergangen haben. Davon, dass die Vergewaltiger aus Gründen der Political Correctness von der Polizei gedeckt werden. Oder dass Angela Merkel persönlich die politische Linie der deutschen „Systemmedien“ von der „Tagesschau“ bis zur Bild vorgibt.

Die Stänkerindustrie

Der Facebook-Algorithmus, der darauf programmiert ist, Vertreter solcher Ansichten in einer wohligen „Filterblase“ mit Gleichgesinnten einzuschließen, erweckt bald den Eindruck, dass die ganze Welt so denkt. Und schnell werden derartige Einsichten im Online-Rudel in rotzunverschämtem Ton herausposaunt.

Eine Stänkerindustrie aus Pegida, AfD, Compact etc. dient dabei als Stichwortgeber für eine überschaubare Zahl von Phrasen („Gutmensch“, „Lügenpresse“ etc). Deren unermüdliche Wiederholung ist die Basis des Weltbilds der Internet-Schreihälse. Jede Behauptung, schreibt schon Le Bon, „hat nur dann wirklichen Einfluss, wenn sie ständig wiederholt wird, und zwar möglichst mit denselben Ausdrücken“.

Eine Stänkerindustrie aus Pegida, AfD, Compact etc. dient dabei als Stichwortgeber für eine überschaubare Zahl von Phrasen

Le Bon war kein Demokrat. Seine Abneigung gegen die Massen speiste sich aus seiner Wahrnehmung der Februarrevolution 1848 und der Pariser Kommune, historische Ereignisse, die man durchaus als fortschrittlich hätte interpretieren können. Doch Le Bon war ein Bildungsbürger, der auf das neu entstandene Proletariat – letztlich nur ein anderes Wort für Masse – verächtlich herabblickte.

Trotzdem kann man seinen Einfluss nicht überschätzen: Seine Massenpsychologie beeinflusste Sigmund Freud und Max Weber. Die Nazis studierten seine Vorschläge zur Massenmanipulation gewissenhaft, ebenso Edward Bernays, der in den USA als Erfinder der Public Relations bekannt wurde und von dem mehrere Generationen von Werbern, Propagandisten und Spin Doctors ihr Handwerk lernten.

Das Scheitern der „Schwarmintelligenz“

Erst in der jüngeren Vergangenheit hat der Begriff der Masse seine negative Konnotation für viele Intellektuelle verloren. Nicht nur hatten die Loveparades oder die „Reclaim the Streets“-Demos der 1990er Jahre bewiesen, dass unorganisierte Massenveranstaltungen keineswegs automatisch in einem kollektiven Blutrausch enden müssen. Doch vor allem das Internet trug dazu bei, dass eine gesichts- und führerlose Masse plötzlich geradezu als eine soziopolitische Ressource erscheinen konnte, die dank ihrer „kollektiven Intelligenz“ (Pierre Levy) unaufgefordert und selbst gelenkt Betriebssystem programmierte und Online-Lexika vollschrieb.

Diese Masse 2.0 war ein „Smart Mob“ (Howard Rheingold), der von „Schwarmintelligenz“ statt von einem dunklen Unterbewusstsein gelenkt wurde und schuf statt zerstörte. Autoren wie Eric S. Raymond, James Surowiecki, Yochai Benkler oder Clay Shirky waren die Propheten eines neuen, kooperativen Zeitalters, in dem selbst organisierte Onlinemassen sozialen und politischen Fortschritt hervorbringen konnten. Als Beweis dienten nichthierarchische, dezentral mithilfe des Internets organisierte „Crowds“ wie Attac, Occupy, die Piratenparteien oder der Arabische Frühling.

Inzwischen sind diese „Crowds“ an genau diesen losen Organisationsformen gescheitert. In den sozialen Medien, die noch vor ein paar Jahren als technische Vollendung von Habermas’ „bürgerlicher Öffentlichkeit“ erschienen, hat die „Masse 1.0“ mit den von Le Bon beschriebenen Eigenschaften Einzug gehalten. Und beweist dort täglich, dass man nicht physisch am selben Ort sein muss, um kollektiv zu verrohen.

Die BRD-Wohlstandsbürger, die in den sozialen Medien zu verbalen Amokläufern werden, machen letztlich auch den Blütenträumen vom Netz als Debattenfreiraum und Medium der Kooperation ein Ende. In seinen frühen Tagen mag das Internet als Medium einer akademischen Elite ein Ort des Diskurses gewesen sein. Doch die Pöbelherrschaft, die online inzwischen herrscht, vergiftet die Diskussionsatmosphäre und lässt selbst Internet-Versteher wie Sascha Lobo verzweifeln.

Rückzug der Intelligenzija

In einer Kolumne für Spiegel-Online schreibt er kürzlich flehentlich: „Diskutiert mit, redet mit, zeigt euch! Lasst uns nicht allein mit den stumpfen Horden.“ In eine ähnliche Richtung gehen auch die Facebook-Pläne, ihre Kunden zum „Counter Speech“ gegen Online-Meckerer zu erziehen.

Doch warum sollten sich vernünftige Menschen in eine fruchtlose Auseinandersetzung mit halbgebildeten Verschwörungstheoretikern hineinziehen lassen? Einfacher wäre der Rückzug der Intelligenzija in ihre historisch bewährten Reviere: redaktionell gestaltete Zeitungen und Zeitschriften, Seminarräume, Hinterzimmer, private Salons, geschlossene Gesellschaft.

Und das Internet als Ort des Austauschs? Für das könnte gelten, was Gustav Le Bon 1885 über die Entwicklung jedes Gemeinwesens geschrieben hat: „Aus der Barbarei von einem Wunschtraum zur Kultur geführt, dann, sobald dieser Traum seine Kraft eingebüßt hat, Niedergang und Tod.“

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32 Kommentare

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  • Ganz einfach - Internet muss wieder so langsam, kompliziert und teuer werden, wie es noch Mitte der 1990er Jahre war - Zugang im Wesentlichen nur für Universitätsangehörige, maximal 8 KByte/s, E-Mail, Usenet und MUDs statt Facebook, YouTube und WoW... und ohne Linux sollte man erst gar nicht online gehen können! Was meint ihr, wie schnell sich die Hassprolls aus dem Netz verdrücken und wie gehabt wieder isoliert vor ihren RTL-Glotzen hocken...

  • Anonymität enthemmt - einverstanden, ansonsten sehe ich im Artikel aber nur die halbe Wahrheit, zum anderen Teil gehört:

     

    Journalisten sind nicht frei von solchen Effekten, die Taz Nettiquette beispielsweise - die scheint für die Autoren oft nicht zu gelten.

     

    Dann werden die Foristen auch nach Gutdünken zensiert, ist eigentlich kein Wunder, dass dann, wenn einem der Mund verboten wird das Geschrei etwas lauter wird...

     

    Ansonsten finde ich Forenbeiträge oft interessanter und aufschlussreicher als das was im Artikel selbst steht, und die "notorischen Nörgler" kennt man ja, deren Provokationen werden eben übersprungen...

    • @Grisch:

      ;) korrekt -

       

      kurz - das Haar in der Suppe - &

      Der Balken im eigenen Auge! - &

       

      Ihr tazis - dess mit " Halbgebildet ¿!"

      Wer - außer euch natuellemente -

      Is das denn nicht;¿!)

      (• Die Gedanken wohnen in einem hohen Haus …

      Steht bem Alten aus Wiedensahl nicht umsonst in Kritik des Herzens!•)

      Albert el tongue hat das mal so ausgedrückt - ich bin nicht intelligenter als andere - nur neugieriger! Da liegt die Latte - &

      Bei den meisten noch viel Luft nach oben - hie wie da;)

      & kurz - mit -

      Le Bon & Co - sone schwer abgestandene Suppe brauen - &

      Im Turm landen - hö hö hähä!!

      Das ist doch mit Verlaub -

      Reiner Slapstick! Vom Feinsten!

      Muppet Show - oder Heute - &

      Ab dafür!

      (Gerne dannichfür;()

  • Oder das hier: http://www.swr.de/landesschau-aktuell/rp/interview-mit-manizer-politikwissenschaftler-gerd-mielke-afd-ist-speerspitze-der-pegida-subkultur/-/id=1682/did=16440736/nid=1682/1f3r3i9/index.html

     

    Habe ich jetzt ganz persönlich nicht unbedingt was gegen einzuwenden, aber wenn aus der eigenen Ecke solche Vorschläge kommen, sollte man nicht der anderen Seite hate seech zum Vorwurf machen (Glashaus und Steine und so)...

  • die Frage bleibt: wie will man mit der "dummen Masse" so etwas ähnliches aufbauen wie einen "echten Sozialismus". Das müsste eine linke Zeitung wie die taz doch beantworten können.

     

    Genau daran scheitert bei mir die Vorstellungskraft, Teilen mit einem Herrn Ackermann, einem Magnus Gäfgen und einem Hells Angel, dazu vielleicht noch 2 Täter vom Kölner Dom und Alice Schwarzer? Gemeinsame Lösungen finden?

    • @willanne:

      Beispiel...also für hate speech

  • Hola - wer hätte das gedacht?!!

    Da wird Le Bon`t daß die Schwarte kracht -

    Und was kreist man man

    Denn Til sein Gärtel - dann?

    Nen Baum? - Nich im Traum!

    I wo&wo - Allet - Zurück auf ol zéro!

     

    Denn Elfenbeinturm 2.0 - 4.0

    "..Doch warum sollten sich vernünftige Menschen in eine fruchtlose Auseinandersetzung mit halbgebildeten Verschwörungstheoretikern hineinziehen lassen? Einfacher wäre der Rückzug der Intelligenzija in ihre historisch bewährten Reviere: redaktionell gestaltete Zeitungen und Zeitschriften, Seminarräume, Hinterzimmer, private Salons, geschlossene Gesellschaft..."

     

    Ja klar - Warum sollten sie´s -

    Die selbsternannten - Intellelis -

    Einfacher ist doch zurück &saufs

    Ausgang - von - &Upps&Schnaufs -

    Der alte Schwung - Verachtung!

    Danke.

     

    Wie sagte es doch schon -

    Paul Nizan - der Wegggefährte von

    Paul Sartre & Simone de Beauvoir -

    "Wir sind die - die die -

    Die das bezahlen - Eliten nennen."

    kurz - Viel Spaß im Turm.

     

    (ps: Die Mühen der Ebene und das Bohren dicker Bretter sind zu anstrengend? Wir brauchen - genau

    Den „break through to the other side“.

    So geht das. Punkt &

    Ende Gelände.

     

    "Die 'Massen kennen weder Zweifel noch Ungewissheit und ergehen sich stets in Übertreibungen. Ihre Gefühle sind stets überschwänglich.' " ah ja?!

    Das Überschwängliche kann aber auch wunderbar herzlich sein. Wer jemals im BVB-Stadion war, weiß, welch herrlich ironische Schmähungen des Gegners ein Schwarm von poetischen Ruhries hervorbringen kann.

    Fritz Eckenga und Fritze Küppersbusch lassen sich dort inspirieren;))

     

    Also mal raus aus dem Gärtel;)

    Melodie. " Will ich in mein Gärtlein gehn....." http://www.lieder-archiv.de/will_ich_in_mein_gaertlein_gehn-notenblatt_300714.html

  • So, wie sich Persönlichkeit des Autofahrers mit dem Zuschlagen der Autotür verändert, verhält es sich mit dem Einloggen ins Forum.

    Wir benutzen auf einmal ein Vokabular für andere Verkehrsteilnehmer bzw. Diskussionsteilnehmer, welches wir im normalen leben nie anwenden.

    • @Wuff:

      Naja ich sage auch auf der strasse meine meinung, das gibt dann mal einen in die fresse und das obligatorische "nazi", aber so kann ich wenigstens noch morgens in den spiegel gucken.

       

      Wenn ich ins auto einsteige werde ich dagegen ruhig und tolerant.

    • @Wuff:

      Jupp...Moment................mal nachdenken! Ja...stimmt....Doll beschrieben

      Hans-Ulrich Grefe

  • Mhhh so richtig und interessant der Artikel ist, so interessant ist auch, dass dieser Faktor nur bei der politisch entgegengesetzten Seite beobachtet wird, als wenn bei Attac, occupy oder der Piratenpartei nicht auch die klassische gegenseitige Bestätigung stattfand, dem geneigten Soziologen gefiel halt nur das Ergebnis, daher wurde der Vorgang als "smart" deklariert, weil man selbst ist ja auch schlau.

     

    Fakt ist wohl festzustellen, wenn Menschen mit ähnlichen Ansichten zusammensitzen, kommen selten neue Ansichten hinzu ;)

  • 3G
    32795 (Profil gelöscht)

    Das Internet ist eine Plattform, mehr nicht. Jetzt wird plötzlich sichtbar was man bisher unter "Stammtischniveau" zusammenfasste. Das ist nicht neu, es ist jetzt nur einer breiten Öffentlichkeit zugänglich.

     

    Counter-Speech und ähnliche Maßnahmen werden höchstens bewirken ,daß derlei Inhalte wieder an den Stammtisch zurückverbannt werden. Verlust wäre es keiner, aber nur weil man es dannnicht mehr sieht ist es nicht aus der Welt.

     

    Mich erstaunt die Filterblase von Lobo und Baumgärtel, es gehört schon ein beträchtliches Maß an Ignoranz dazu die "schweigende Masse" erst als potentiell gefährlich zu erkennen wenn sie beginnt sich zu äußern. Wer sehen wollte wie der Mensch nun mal halt ist konnte das schon immer tun, wenn man wollte konnte man das auch ohne Facebook...

  • Das Scheitern der Schwarmintelligenz (Crowd) und Rückzug der Intelligenz sehe ich in der gleichen Linie.

  • 1G
    10236 (Profil gelöscht)

    Hate speech ist, zumindest teilweise, das Resultat der medialen Konsensgesellschaft. Agenda 2010, Rente, Hartz IV, TTIP, Flüchtlinge, der Russe und jetzt auch noch der böse Ostblock - wir lassen uns nicht spalten und vertreten konsequent die richtige Meinung. Manchmal könnte ich kotzen.

    • @10236 (Profil gelöscht):

      Da kann ich Ihnen nur zustimmen!

      Zudem: So abscheulich und verachtenswert ich die hate speechs auch finde: mit Beschimpfungen zu antworten ("Pack", "Frührentner in nikotingeschwärzter Einzimmerwohnung") löst das Problem nicht. Und da sollte sich die taz auch mal an die eigene Nase fassen, als mit dem Finger auf Oettinger zu zeigen...

  • 2G
    27741 (Profil gelöscht)

    Der Internetversteher Sascha Lobo propagiert doch ein freies Netz welches in Wirklichkeit doch gar nicht frei ist. Er ist für mich damit ein Teil des Problems. Wenn ich sehe, dass ein Mark Zuckerberg in elf Jahren ein Vermögen von 45 Milliarden einkassieren kann welches zum großen Teil aus Werbefinanzierung zu Stande gekommen ist, dann sträuben sich mir die Nackenhaare. Der Verbraucher bekommt das Geld hinten rum aus der Tasche gezogen und hat überhaupt keine Einspruchsmöglichkeit. Da würde ich am liebsten auch den ganzen Tag rumpöbeln. Schafft die Werbefinanzierung ab, gebt das Geld für die wichtigen Dinge aus. Bei einem Planeten der im Konsummüll untergeht wäre das die einzige richtige Maßnahme. Und gesellschaftlichen Zusammenhalt werden wir nicht erreichen, wenn wir Millionären (Geissens, Bohlen, Fußballern usw.) und anderen A, B, oder C-Prominenten das Geld weiterhin mittels Free-TV in den Allerwertesten blasen. Und das auch noch mit dem Segen des Bundesverfassungsgerichtes. Es ist eine Schande.

    • @27741 (Profil gelöscht):

      "Der Verbraucher bekommt das Geld hinten rum aus der Tasche gezogen und hat überhaupt keine Einspruchsmöglichkeit. Da würde ich am liebsten auch den ganzen Tag rumpöbeln. "

      Dieses Argument ist allerdings auch teil der typischen Kommentare ;)

      Wer wenn nicht der Verbraucher hat denn die Wahl, er gibt diesen Leuten, Werbeagenturen, Herstellern, Zuckerbergs ... doch das Geld. Niemand ist gezwungen Produkte mit hohen Werbekosten (oder anderen verachtenswerten Nachteilen; Ausbeutung etc...) wie Apple, Adidas und Co zu kaufen. Der Verbraucher entscheidet sich ja dafür diesen Unternehmensstil zu finanzieren, er könnte es ja auch lassen, dann würde den Zuckerbergs schnell das Geld ausgehen ;) aber die Leute regen sich lieber bei Facebook über Facebook auf anstatt ihren Protest mal konsequent zu machen und auf Facebook, Billigsachen, Apple, Microsoft, Ryanair usw... zu verzichten und bessere fairere Alternativen, die es zur genüge gibt, zu unterstützen.

      • 2G
        27741 (Profil gelöscht)
        @Teleshopper:

        Hier liegen sie nicht ganz richtig. Mit Einführung des werbefinanzierten Fernsehens wurde dem Verbraucher die Möglichkeit genommen, sich zu entscheiden ob und welches Fernsehprogramm er überhaupt bezahlen will. Er musste Gebühren für die Öffentlich-Rechtlichen und eben über seinen Konsum die Privaten, ich sage immer gern Doof-TV - finanzieren. Jetzt muss er wegen dem Internet generell immer bezahlen. Das ist ein Unding, ein Verfassungsbruch. Wo habe ich hier die Möglichkeit der Wahl. Und der Verbraucher lässt sich mit der angeblichen Kostenfreiheit einlullen. Lesen Sie was Atalaya geschrieben hat, der bekommt er von mir 100% Zustimmung.

      • 8G
        849 (Profil gelöscht)
        @Teleshopper:

        Die vorgebliche Wahl des Verbrauchers ist ein Pseudoargument, das zudem selbst einen wesentlichen Teil des Problems darstellt, das man mit dieser unsinnigen These angeblich zu lösen gedenkt. Wenn nur noch Müll da ist und dieser Müll überall beworben wird, ist es nur natürlich, dass die Masse diesen frisst. Werbung ist die Fortsetzung Goebbelscher Propaganda auf einem bloß scheinbar geläuterten, wirtschaftlichen Boden. Wären wir mündig, hätte die Werbung keine Chance der Welt. Aber da wir es nicht sind, wollen wir getäuscht werden. Und genau dies dürfte in einer demokratischen Gesellschaft von keiner ihrer Säulen hingenommen werden.

        • @849 (Profil gelöscht):

          "Wären wir mündig, hätte die Werbung keine Chance der Welt. Aber da wir es nicht sind,..."

          Ich denke nicht, dass man sich da so einfach rausreden kann, der Handlungsspielraum ist da. Und es zeugt eher von Willensschwäche als von Unmündikeit, wenn sich jemand RTL Nachmittagsprogramm ansieht, anstatt ein Buch zu lesen.

          Ich bin Raucher, nicht weil die Tabakindustrie mich dazu zwingt, sondern weil ich vor Jahren damit anfing und jetzt zu Willensschwach bin es zu lassen. Niemand außer mir selbst hält mich davon ab.

          • 8G
            849 (Profil gelöscht)
            @Teleshopper:

            Und warum haben Sie vor Jahren mit dem Rauchen begonnen? Weil Sie zu willensschwach waren oder weil Ihnen von Werbung und Rollenvorbildern suggeriert wurde, dass Rauchen cool sei?

             

            Sie hätten es doch ebensogut lassen können, wenn Sie mündig genug gewesen wären, sich nicht mit einer gesundheitsschädlichen und geldraubenden Angewohnheit zu belasten. Dass das Geld kosten und nicht gesund sein würde, wussten Sie doch.

             

            Aber Sie haben sich über diese rationalen Erwägungen hinweggesetzt! Oder waren es vielleicht doch nicht Sie, sondern Etwas, was sie dazu genötigt hat, gegen diese zu handeln?

             

            Das größte Problem der Ideologie vom Willen ist, dass sie dessen uneingeschränkte Freiheit behauptet und überall Freiheit draufschreibt, wo keine drin ist. "Die Freiheit nehme ich mir", werden Sie insofern gedacht haben, als Sie zu rauchen begannen. Bekommen haben Sie indes ein lästiges Laster, an das Sie sich offenbar libidinös gekettet haben.

             

            Und genauso funktioniert das auch mit dem Kleinhalten von Mündigkeit in unserer Zeit. Insofern wären Sie mit dem Rauchen, wenn das denn alles ist, noch glimpflich davongekommen.

          • @Teleshopper:

            kann nicht auch vermeintliche willensschwäche zum sich-heraus-reden genutzt werden?

             

            o geht es im wesentlichen um faulheit, bequemlichkeit, dummheit (selbstverschuldet)?

          • 2G
            27741 (Profil gelöscht)
            @Teleshopper:

            Entscheiden Sie sich bitte. Denn wenn ich willenschwach bin, kann ich meinen Handlungspielraum nicht voll oder ganz ausschöpfen. Diese menschliche Schwäche wird von den Machern der Werbefinanzierung gnadenlos ausgenutzt.

            • @27741 (Profil gelöscht):

              Also mal an alle:

              Natürlich schränkt die Willenschwäche den Handlungsspielraum ein, aber das ist, um bei den Beispiel des Rauches zu bleiben, ja mein eigener Fehler für den ich niemanden anders verantwortlich machen kann (auch wenn es evtl. durch Vorbilder oder "Coolness" begünstigt wird), es hat mir niemand eine Waffe an den Kopf gehalten und gesagt RAUCH. Die Willensschwäche ist ja wie Fantom.Scherz richtig erkannt hat durch "faulheit, bequemlichkeit, dummheit" bedingt, und nicht unabwendbar.

              Ich denke nicht, dass hier jemand dem Menschen den freien Willen absprechen will, falls doch brauchen wir diese Diskussion nicht zu führen, denn dann ist eh alles egal.

              Wenn man eine Entscheidung trifft, dann ist man auch für die Konsequenzen verantwortlich. (ausnahmen sind natürlich Entscheidungen unter Zwang, oder durch Krankheiten bedingte).

              Menschen habe die Wahl, sicher manche haben einen größeren Handlungsspielraum als andere, bedingt durch z.B. finanzielle Not, aber einen Bürger wirklich unmündig zu machen benötigt Gewalt, und das sehe ich hier nicht, denn es würde kein Nachteil drohen z.B. RTL zu boikottieren, die Menschen suchen es sich aus.

              • 8G
                849 (Profil gelöscht)
                @Teleshopper:

                An den freien Willen würde ich in der Tat ein Riesenfragezeichen machen. Wir haben stets bloß die Wahl zwischen irgendwas. Wir können uns nicht entscheiden, reich zu sein oder schön, sondern höchstens die zur Verfügung stehenden Mittel nutzen, die uns reich(er) oder schön(er) machen.

                 

                Wollen wir uns informieren oder unterhalten, bedienen wir uns ebenfalls der verfügbaren Mittel. Für die Masse, um die es in dem Artikel ging, sind das die Mittel, die für sie geschaffen wurden. Sie schaut nicht 3Sat, hört nicht DLF und sie liest auch nicht die TAZ, obwohl sie dies kostenfrei könnte.

                 

                Sie wählt das Privatfernsehen, die BILD usw. zur Befriedigung des Bedürfnisses nach Zerstreuung und zur Bestätigung einer Welt im Zerrbild, die alles andere als gnädig mit ihr umgeht.

                 

                Sie wählt, was ihrem Bewusstsein entspricht, das vom Sein, also von ihrer prekären Situation bestimmt ist. Und die Macher dieser Medien machen Geld damit und halten die Masse dumm. Derart dumm gehalten, ist sie nicht dazu fähig, sich aus dieser - nicht vollends - selbst verschuldeten Unmündigkeit zu befreien.

                 

                Es fehlen zudem die Vorbilder und eine Öffentlichkeit, die "Klasse statt Masse" bevorzugen und damit einen Kompass bieten würde, nach dem sich eine demokratische und mündig werden wollende Gesellschaft richten könnte.

              • 2G
                27741 (Profil gelöscht)
                @Teleshopper:

                Sie haben es immer noch nicht verstanden. Die Menschen suchen sich RTL aus, weil es "kostenfrei" angeboten wird. Wenn alles werbefinanzierte Fernsehen auf Gebührenfernsehen umgestellt würde, gäbe es einige die sich dagegen entscheiden würden. Einfach deshalb, weil sie sich so viele Programme nicht leisten wollen. Ich kaufe ja auch nicht sämtliche Zeitungen. Dieser Handlungsspielraum wurde dem Bürger aber durch den Gesetzgeber unmöglich gemacht. Ich plädiere für einen mündigen, verantwortungsbewußten Menschen, der für das, was er konsumiert auch einen Preis bezahlt und darüber selbstverständlich die Entscheidungsfreiheit hat. Darum geht es.

                • @27741 (Profil gelöscht):

                  Aber man kann doch nicht die Aussage treffen: "Die Menschen suchen sich RTL aus, weil es "kostenfrei" angeboten wird." und damit begründen, dass sie nichts anderes machen können.

                  Nur weil etwas kostenfrei ist muss man es ja nicht automatisch wahrnehmen, da liegt das Problem ja wieder nur bei den Leuten die es schauen, sie könnten ja auch sagen "TV mit Werbung sehe ich mir nicht an!"

                  Aber anscheinen gehen diese Leute den "deal" Werbung zu schauen und damit ihr TV-Programm zu finanzieren, freiwillig ein. Es scheint ihnen ja nichts auszumachen..

                  • @Teleshopper:

                    "Es scheint ihnen ja nichts auszumachen.."

                     

                    machen wir uns doch nichts vor.

                     

                    wer denkt denn schon darüber nach, was er tut?

                     

                    der witz des sozialen daseins liegt doch wohl eher im mitmachen.

            • @27741 (Profil gelöscht):

              Komische Interpretation der Sachlage, eigentlich ist es doch so, dass wenn ich willensschwach bin mein Handlungsspielraum einfach kleiner ist, aufgrund meiner Willensschwäche.

              • 2G
                27741 (Profil gelöscht)
                @Krähenauge:

                Das ist richtig, was anderes habe ich doch auch nicht geschrieben. Wo sehen sie eine falsche Interpretation? Meine Aussage bezog sich doch auf die Willensschwäche von Teleshopper bzgl. seines Rauchens, die er aber auch denen zugesteht die lieber RTL schauen statt ein Buch zu lesen.Eine damit einhergehende Unmündigkeit will er aber hier nicht sehen. Das ist für mich eine komische Interpretation. Oder liege ich hier falsch.

                • @27741 (Profil gelöscht):

                  Ich bezog mich auf ihre Aussage "Denn wenn ich willenschwach bin, kann ich meinen Handlungspielraum nicht voll oder ganz ausschöpfen" , das würde einen abstrakten übergeordneten Handlungsspielraum voraussetzen, von dem ich mich selbst abschneide indem ich willensschwach bin.