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Kein Schutz für Frauen

Übergriffe Zum Schutz von Frauen auf Großveranstaltungen gibt es kein Konzept. Das antwortet der Senat auf eine Linken-Anfrage

von Marco Carini

Cansu Özdemir erkennt in der Auskunft vor allem die „fehlende Beschäftigung mit dem Thema sexueller Übergriffe im öffentlichen Raum“: In einer Kleinen Schriftlichen Anfrage hatte die Fraktionsvorsitzende der Linken in der Bürgerschaft erfahren wollen, welche Präventions- und Schutzkonzepte für Frauen es bei Großveranstaltungen in Hamburg gibt – und wie viele Übergriffe auf Frauen im öffentlichen Raum im vergangenen Jahr angezeigt wurden.

Eine kriminalstatistische „Auswertung zu Großveranstaltungen“ sei „nicht möglich“, erhielt sie nun zur Antwort – und dass es statt langfristiger Konzepte allenfalls „anlassbezogene und lageabhängige Maßnahmen“ zum Schutz der Hamburgerinnen gebe. Immerhin stellt der Senat in Aussicht, dass sich daran in Zukunft etwas ändern könnte. Wie das, verrät er wiederum nicht. „Auf das vor der Silvesternacht in dieser Form und in diesem Ausmaß unbekannte Phänomen sexueller Übergriffe wird sich die Polizei konzeptionell neu einstellen“: So lautet schon der am konkretesten auf die damaligen Übergriffe eingehende Antwortsatz. Und eine einzige konkrete Information enthält die Senatsantwort noch: Bis zum 15. Januar hätten 205 Frauen Strafanzeige gestellt wegen der Geschehnisse in der Silvesternacht. Damals war es auf St. Pauli sowie am Jungfernstieg zu massiven sexuellen Übergriffen und Eigentumsdelikten gekommen.

Bis zum 15. Januar haben 205 Frauen Übergriffe in der Silvesternacht angezeigt

Dass es zu „zu Übergriffen im öffentlichen Raum und auf Großevents“ keine Zahlen geben soll, entlockt Özdemir ein Kopfschütteln aus. Angesichts der vagen Senatsauskünfte befürchtet die Linken-Politikerin, dass das derzeitige „Konzept zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen“, welches öffentliche sexuelle oder sexualisierte Übergriffe im großen Maßstab nicht thematisiere, „einfach fortgeschrieben“ wird.

Für die Abgeordnete reicht es auch nicht, nur zu prüfen, ob bei bestimmten Veranstaltungen oder an bestimmten Orten mehr Polizeipräsenz nötig sei: „Um tatsächlichen Schutz für Frauen und Mädchen herzustellen“, fordert die Linksfraktion nun den Aufbau einer „sicheren Infrastruktur“. Das Aufstellen von Notfallsäulen und die verstärkte Zusammenarbeit etwa mit Gastronomen könnten dabei helfen, „sichere Orte“ zu schaffen. Auch die Polizeibeamten aber müssten „im Kontext der neuen Vorfälle“ sensibilisiert und nachgeschult werden.

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