Kolumne Die Kriegsreporterin: Antiaggressionstraining für Gabriel
Der Wirtschaftsminister hält Frauen für dumm. Die Kanzlerin hält Afghanistan für sicher. Und Brigitte sollte für „ficken statt stricken“ werben.
H allo taz-Medienredaktion! Endlich handelt die Bundesregierung! Und sichert nicht nur hierzulande den Fortbestand der Presse, nein, dieser wird auch am Hindukusch verteidigt!
War ich doch etwas überrascht, pünktlich zur Anti-TTIP-Demo am Sonnabend ganzseitige Anzeigen des Bundeswirtschaftsministers Sigmar Gabriel in den überregionalen Zeitungen zu sehen, in denen er den TTIP-Gegnern den Wind aus den Segeln zu nehmen versucht. Und fragte mich sogleich: Wer bezahlt die Kampagne? Werden Steuergelder dafür ausgegeben, dass der vom Volk im Zuge eines demokratischen Prozesses als Minister legitimierte Herr Gabriel eine Lanze für ein unsere Demokratie aushöhlendes Wirtschaftskonstrukt bricht? Kann das sein? Ja, das kann sein.
225.000 Euro hat sein Ministerium für die fünf Anzeigen ausgegeben. Ich finde das nicht nur fragwürdig, ich denke auch, wenn man in puncto „Gabriel“ investieren will, dann sollte man ihm ein Antiaggressionsinterviewtraining gönnen. Es fällt peinlich auf, dass der Vizekanzler sich gerade Frauen gegenüber nicht im Griff hat und ihnen stets sagen muss, sie seien dumm und inkompetent.
Wie wichtig ein entsprechendes Bild in der Öffentlichkeit ist, weiß Angela Merkel und verkündete bei Anne Will: „Dass wir jetzt richtig Pressearbeit machen“ und die Menschen in den westlichen Balkanstaaten und Afghanistan darüber informieren, dass sie keine Chance haben, hier Asyl zu bekommen. Lustigerweise hat das niemand, der sich etwa über die Antizuwanderungsanzeigen der Dänen aufgeregt hat, bislang aufgegriffen. Noch mal zum Nachhören: Minute 32.
„Kein normales Frauenmagazin“
Als letzte Woche bekannt wurde, dass die Zeit ein neues Ressort im Blatt haben werde und dieses „Z“ heißen wird, schrieb die Süddeutsche Zeitung: „Ihre Wortspielmöglichkeiten für Neugründungen dürfte die Zeit zunächst wohl ausgeschöpft haben.“ Da frage ich mich, ob bei der Süddeutschen keine Menschen mit Fantasie arbeiten? Ich könnte der Zeit noch X Ressorts mit Z bauen: „Zucker & Zimt“ die neuen Kochseiten. „Zweisam“ die Partnerseiten, „Zoo“ – alles rund um das Tier in der Gesellschaft, „Zero“ leere Seiten als Philosophiestrecke, „ZickZack“ das Moderessort, „Zone“ Neues aus Ostdeutschland, „Zilentium“ der Sterbeteil. Und, und, und!
Dieser Tage kommt nun Barbara auf den Markt, ein Heft von Gruner+Jahr, das damit wirbt, „kein normales Frauenmagazin“ zu sein. Dass es dafür ein extra Heft braucht, ist erstaunlich. Es hätte doch schon gereicht, bei der letzten Brigitte-Ausgabe statt „Lust auf Stricken“ einfach mal „Lust auf Ficken“ auf den Titel zu setzen.
Dass Frauen jenseits von Gruner+Jahr etwas anderes wollen, als mit Stricknadeln zu hantieren, ist sogar in Bayern angekommen. Zwar haben die Veranstalter der Münchner Medientage über Jahre ihr Bestes gegeben, um Weiber draußen zu halten, irgendwann aber war die BR-Medien-Kollegin Sissi Pitzer mitsamt ihres Gemeckers quasi vor deren Tür festgewachsen, sodass dieses Jahr auf den Münchner Männertagen der erste Thementag „Media Women Connect“ stattfindet. Ein Programm rund um die Themen von Frauen, die nicht länger als Strickliesel behandelt werden möchten und kapiert haben, dass Vernetzung hilfreich ist. Dafür ein dickes „Danke, Sissi!“ gen Süden (und das bei dem Namen …). Und ich möchte anregen, dass die Brigitte doch mal ein anderes Handarbeitsthema als Stricken wählt. Knüpfen zum Beispiel. Netze knüpfen, um sich „vernetzen“ zu können, ist, wie die Münchener Medientage zeigen, für viele Frauen ein attraktives Thema.
Und wieder mal mit vielen guten Ideen zurück nach Berlin!
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Wirbel um KI von Apple
BBC kritisiert „Apple Intelligence“
Russische Männer auf TikTok
Bloß nicht zum Vorbild nehmen
Streit um Russland in der AfD
Chrupalla hat Ärger wegen Anti-Nato-Aussagen
Umgang mit nervigen Bannern
Bundesrat billigt neue Regeln für Cookies