Kommentar Portugal: Kleine Verschnaufpause

Die portugiesische Regierung darf oder soll weitermachen, die Probleme des Landes lösen wird sie nicht. Dafür müsste sie mit der Sparpolitik brechen.

Hat's auch nicht leicht: Der portugiesische Präsident Aníbal Cavaco Silva. Bild: dpa

Portugals Präsident Aníbal Cavaco Silva ist gescheitert. Darüber können auch seine patriotischen Worte nicht hinwegtäuschen. „Die beste Lösung ist die Fortsetzung der aktuellen Regierung“, sprach er sich in einer Rede im Fernsehen gegen Neuwahlen aus.

Er versucht damit die Krise zu beenden, die Portugal erneut in den Strudel der Finanzspekulation mit Staatsanleihen gerissen hat. Schuld war daran war nur just die Regierung um den Konservativen Pedro Passos Coelho, die Cavaco Silva jetzt im Amt bestätigt. Die Rechtskoalition der konservativen Sozialdemokratischen Partei (PSD), der auch Cavaco Silva angehört, und der kleineren CDS-PP, waren wochenlang mit internen Streitigkeiten beschäftigt. Zwei Minister traten zurück.

Die Koalition drohte zu platzen. In dieser Situation verlangte der Staatschef eine große Koalition, um Stabilität zu garantieren. Doch die Sozialisten (PS) lehnten ab. Sie hatten einst das Rettungsgesuch an EU und Troika gestellt und waren dafür von den Wählern abgestraft worden.

Ein erneutes Einknicken zugunsten der Austeritätspolitik konnten und wollten sich die Sozialisten nicht leisten. Sie forderten Neuwahlen und blieben unerhört. Die Entscheidung Cavaco Silvas gibt der Regierung eine Verschnaufpause. Die Probleme löst sie nicht. Denn die Portugiesen hassen die Koalition um Passos Coelho für ihre Austeritätspolitik.

Portugal hat sich in nur zwei Jahren vollkommen kaputt gespart. Die Arbeitslosigkeit schnellte auf Rekordwerte hoch, Steuererhöhungen nehmen denen, die noch einen Job haben, beträchtliche Teile ihres Einkommen, der ohnehin schwache Sozialstaat ist mittlerweile so gut wie inexistent. Immer wieder kommt es zu Generalstreiks und Massendemonstrationen. Portugal wird trotz aller Sparwut die Staatsverschuldung nicht im vorgesehenen Zeitrahmen unter drei Prozent zu senken können, und das obwohl dieser bereits gelockert wurde.

Der Bevölkerung wird es weiter schlecht gehen. Ein Ende des Leidens ist nicht in Sicht. Einziger Gewinner ist derzeit der Chef der CDS-PP, Aussenminister Paulo Portas. Er soll jetzt als Vizeministerpräsident mit der Troika den weiteren Fahrplan, der Lockerungen enthalten muss, aushandeln. Geht das gut, kann er sich den Erfolg vor den nächsten Wahlen ans Rever heften. Geht es schief, könnte er versucht sein, die Regierung in eine erneute Krise zu stürzen, um Abstand von unbeliebten Maßnahmen zu nehmen, die er bis dahin mitgetragen hat.

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Reiner Wandler wurde 1963 in Haueneberstein, einem Dorf, das heute zum heilen Weltstädtchen Baden-Baden gehört, geboren. Dort machte er während der Gymnasialzeit seine ersten Gehversuche im Journalismus als Redakteur einer alternativen Stadtzeitung, sowie als freier Autor verschiedener alternativen Publikationen. Nach dem Abitur zog es ihn in eine rauere aber auch ehrlichere Stadt, nach Mannheim. Hier machte er eine Lehre als Maschinenschlosser, bevor er ein Studium in Spanisch und Politikwissenschaften aufnahm. 1992 kam er mit einem Stipendium nach Madrid. Ein halbes Jahr später schickte er seinen ersten Korrespondentenbericht nach Berlin. 1996 weitete sich das Berichtsgebiet auf die Länder Nordafrikas sowie Richtung Portugal aus.

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