Brandanschlag: Brennende Gebetsteppiche

Nach einem Brand an der Hochschule für Angewandte Wissenschaften ermittelt die Polizei wegen des Verdachts auf Brandstiftung.

Gehören zum muslimischen Gebet dazu: Teppiche Bild: dpa

Weil an der Hochschule für Angewandte Wissenschaften (HAW) Gebetsteppiche brannten, ermittelt nun die Polizei wegen des Verdachts auf Brandstiftung. Das Feuer war am 12. Juni im Keller des Maschinenbau-Gebäudes ausgebrochen, wo ein Karton mit Gebetsteppichen muslimischer Studierender stand. Das Gebäude musste evakuiert werden.

„Ich war schockiert, als ich das erfahren habe“, sagt Alireza Jobrani*. Der Maschinenbau-Student war gerade in der Bibliothek, als der Feueralarm ausausgelöst wurde. Auch sein Gebetsteppich verbrannte. „Es ist offensichtlich, dass hinter der Tat ein islamfeindliches Motiv steht“, sagt Jobrani.

Viele muslimische Studierende an der HAW ziehen sich für ihr Gebet in die Flure im Keller des Maschinenbau-Gebäudes zurück. Einen „Raum der Stille“ wie ihn die Universität Hamburg für gläubige Studierende eingerichtet hat, gibt es an der HAW nicht. Kein Platz, lautet die Erklärung der Hochschule.

Die Hochschule für Angewandte Wissenschaften (HAW) wurde 1970 als eine der ersten deutschen Fachhochschulen gegründet.

Rund 16.000 Menschen studieren derzeit an der HAW, davon 13 Prozent ausländischer Herkunft.

Für muslimische Studierende gibt es - anders als an der Universität Hamburg - keinen speziellen Raum, wo sie sich für das Gebet zurückziehen könnten. Einige von ihnen gehen dafür in die nahegelegenen Moscheen von St. Georg. Viele nutzen leerstehende Klassenräume für ein paar Minuten Ruhe, andere beten zwischen den Gängen in der Bibliothek, oder im Keller des Maschinenbau-Gebäudes.

Als Jobrani sich bei der Hochschule wegen des Falles kundig machen wollte, antwortete ihm der Kanzler Bernd Klöver. Offenbar hatte der Hausmeister einen betenden Studierenden kurz vor dem Brand noch darauf hingewiesen, die Gebetsteppiche nicht im Flur abzustellen, sondern mitzunehmen. Der Grund: Brandgefahr. Eine halbe Stunde später ging der Feueralarm los, die Feuerwehr musste das Feuer löschen.

„Wir haben keinerlei Anhaltspunkte, dass der Brand einen islamfeindlichen Hintergrund hat“, sagt Klöver. Er weist darauf hin, dass es sonst keinerlei islamfeindliche Tendenzen an der Hochschule gebe. Welches Motiv sonst hinter der Tat stehen könnte, dazu will er sich nicht äußern: „Wir warten die Ermittlungen der Polizei ab.“

Was weder der Student noch Kanzler Klöver zu dem Zeitpunkt wussten: Schon Tage zuvor, am Freitag den 6. Juni, wären die Gebetsteppiche beinahe verbrannt. Dies schreibt der Allgemeine Studierendenausschuss (Asta) in einer Stellungnahme. Das Feuer sei allerdings von einem Mitarbeiter der HAW rechtzeitig gelöscht worden.

Jobrani sitzt der Schock noch in den Knochen. Die Tage direkt nach dem Brand fühlte er sich fremd, wenn er durch die Hochschule ging. „Man weiß nicht, was man von seinen Mitstudenten denken soll“, sagt er. „Die Gesellschaft fordert von uns, dass wir uns integrieren. Aber wie können wir uns in eine Gesellschaft integrieren, die uns nicht akzeptiert?“

Zum Beten geht er im Moment in eine nahe gelegene Moschee in St. Georg. „Jetzt in der Lernphase geht das“, sagt er. „Wenn Prüfungszeit ist, kann ich aber unmöglich mal schnell in die Moschee, um drei Minuten zu beten.“

Um die muslimischen Studierenden zu unterstützen, hat der Asta eine Spendenkasse in der Mensa aufgestellt. Die HAW plant eine Informationsveranstaltung für die Studierenden, um auf ihre „weltanschauliche Neutralität“ hinzuweisen.

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