Entführung von drei jungen Israelis: Hamas gibt Beteiligung zu

Der Mord an den Jugendlichen hatte zum jüngsten Gaza- Krieg geführt. Die Tat wurde tatsächlich von Mitgliedern der Hamas begangen, sagt jetzt einer ihrer Funktionäre.

Längst ist der Krieg wieder im Gange: Explosion in Gaza-Stadt am Samstag - vermutlich ausgelöst durch einen israelischen Luftangriff Bild: reuters

GAZA/TEL AVIV dpa/ap | Erstmals hat ein Mitglied der Hamas-Führung zugegeben, dass Angehörige der Organisation an der Entführung und Ermordung von drei israelischen Jugendlichen Mitte Juni beteiligt waren. Exil-Chef Chaled Maschaal sagte am Samstag in einem Interview mit Yahoo News, die politische Hamas-Führung habe „vorab nichts von der Tat gewusst, die diese Gruppe von Hamas-Mitgliedern begangen hat“. Ranghohe Hamas-Mitglieder hätten erst durch die israelischen Ermittlungen von dem Verbrechen erfahren. „Aber wir verstehen, dass die Menschen unter der Besatzung und Unterdrückung frustriert sind und alles Mögliche unternehmen“, sagte Maschaal.

Die drei Jugendlichen waren Mitte Juni im Westjordanland entführt und später tot aufgefunden worden. Israel hatte die radikal-islamische Hamas beschuldigt, hinter den Morden zu stehen. Die Palästinenserorganisation hatte die Entführung befürwortet, eine Beteiligung aber stets zurückgewiesen. Das Kidnapping führte zu einer Welle der Gewalt und schließlich zum aktuellen Gaza-Krieg.

Die israelische Armee griff in der Nacht zum Samstag erneut Ziele im Gazastreifen an. Es seien mehr als 20 Luftschläge ausgeführt worden, sagte eine Armeesprecherin. Bei den Angriffen seien mindestens fünf Menschen getötet worden, teilte Aschraf al-Kidra, Sprecher des Gesundheitsministeriums in Gaza mit. Rund 50 Personen seien verletzt worden. Seit Beginn des Gaza-Kriegs vor rund sechs Wochen kamen demnach etwa 2100 Palästinenser um. Mehr als 10.500 wurden verletzt.

Vierjähriger von Mörsergranate getötet

Auf israelischer Seite starben 68 Menschen – 64 Soldaten und vier Zivilisten, Hunderte wurden verletzt. Unter den Opfern ist ein vierjähriger Junge, der am Freitagabend durch eine Mörsergranate getötet wurde. Nach Medienberichten war die Familie erst einige Tage zuvor in ihren Kibbuz im Süden Israels zurückgekehrt, als sich eine dauerhafte Feuerpause abzeichnete. Indirekte Gespräche Israels und der Palästinenser über eine langfristige Waffenruhe in Kairo waren zur Wochenmitte gescheitert.

Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu drohte der Hamas, sie werde für den Tod des Kindes „einen hohen Preis zahlen“. Medienberichten zufolge telefonierte Netanjahu mit Alon Schuster, dem Vorsitzenden der Verwaltung der Region, in der der Junge umgekommen war. Netanjahu habe Schuster zugesichert, die israelische Armee und der Geheimdienst würden ihre Angriffe gegen die Hamas und andere militante Gruppen intensivieren, bis eine dauerhafte Ruhe in Israel garantiert sei.

Avigdor Lieberman, israelischer Außenminister, sagte nach Medienberichten in einem Interview Freitagnacht, Ziel Israels müsse es sein, die Hamas „entweder zu besiegen oder zur Kapitulation zu zwingen“. Die Hamas müsse „die weiße Flagge hissen und um eine Waffenruhe betteln“. Die Palästinenserorganisation dürfe keine Raketen mehr abschießen oder produzieren können. Sie müsse auch davon abgehalten werden, die von Israel im Gaza-Krieg zerstörten Tunnel wieder aufzubauen. Lieberman nannte dieses Ziel „realistisch“.

Entscheidung liegt bei Abbas

Bald könnte der Gaza-Krieg auch zum Fall für den Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag werden. Denn die Hamas unterstützt seit Samstag offiziell den von der Palästinensischen Autonomiebehörde erwogenen Beitritt zu dem Gericht, das wegen möglicher Kriegsverbrechen ermitteln könnte – sowohl gegen Israel als auch gegen die Palästinenser. Ob es dazu kommt, ist aber offen.

Die Zustimmung der Hamas zum Beitritt zum Internationalen Gerichtshof gilt als wichtiges Signal. Die Entscheidung über den Antrag liegt jedoch bei Palästinenserpräsident Mahmud Abbas. Von seiner Behörde gab es zunächst keinen Kommentar zur Mitteilung von Hamas-Führer Mussa Abu Marsuk, dass man das Vorhaben unterstütze. Auch das Büro des israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu nahm auf Anfrage nicht Stellung.

Die Einschaltung des Strafgerichtshofs ist ein heißes Eisen zwischen Israel und den Palästinensern, die auch auf Ermittlungen wegen der jahrzehntelangen israelischen Besatzung der Autonomiegebiete hoffen. Abbas hatte 2012 bei den Vereinten Nationen die Anerkennung der Palästinensergebiete als Nichtmitglied mit Beobachterstatus erreicht, was den Beitritt zu internationalen Institutionen ermöglicht. Israel hatte sich damals empört gezeigt, weil die Zukunft der Autonomiegebiete noch in Verhandlungen geklärt werden soll.

Weil der Beitritt heikel wäre, hatte Abbas auf Unterstützung aller Palästinenserorganisationen gedrungen. Nach Beginn des Gaza-Kriegs hatte Abbas gesagt, sollte auch die Hamas mitziehen, werde er den Antrag stellen. Nach früheren palästinensischen Angaben könnte er aber zunächst die Ergebnisse einer von den UN beauftragten Untersuchungskommission zu möglichen Kriegsverbrechen in Gaza abwarten, die bis März vorliegen sollen.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.