Streit um Haushaltskonsolidierung: Sigmar Gabriel hält an Sparkurs fest

Die Konjunktur schwächelt, doch der Wirtschaftsminister möchte keine neuen Schulden machen. Der SPD-Chef trotzt damit dem linken Parteiflügel.

Sind sich beim Sparen nicht einig: SPD-Partei-Vize Ralf Stegner (l) und Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (r). Bild: dpa

BERLIN taz | So eine Nachricht verkünden Wirtschaftsminister eigentlich ungern: Die Bundesregierung senkt ihre Wachstumsprognose, und das drastisch. Im Frühjahr war sie noch davon ausgegangen, dass das Bruttoinlandsprodukt (BIP) in diesem Jahr um 1,8 Prozent steigt. Nun rechne sie nur noch mit voraussichtlich 1,2 Prozent, teilte Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) am Dienstag in Berlin mit – und wirkte dabei dennoch nicht sonderlich betrübt. „Eine Wachstumsdelle ist keine Naturkatastrophe“, sagte der Vizekanzler.

Trotz der Abkühlung der Konjunktur wachse die deutsche Wirtschaft schließlich noch immer, außerdem sinke die Arbeitslosigkeit und stiegen die Einkommen. Auf dem Binnenmarkt sei also alles in Ordnung, so Gabriel. Probleme machten vor allem kriselnde Partner in der EU.

Seinen Parteifreunden, die zuletzt auf Pump finanzierte Konjunkturprogramme der Bundesregierung gefordert hatten, erteilte er eine Absage: „Mehr Schulden in Deutschland schaffen kein Wachstum in Italien, Frankreich, Spanien oder Griechenland.“

Die SPD-interne Debatte über neue Schulden konnte der Parteichef damit freilich nicht mehr aufhalten: Sie ist längst in vollem Gange. Schon in der vergangenen Woche hatten die führenden Wirtschaftsforschungsinstitute ihre Wachstumsprognosen nach unten korrigiert und damit vor allem dem linken Flügel der Partei eine Vorlage geliefert, den Sparkurs der Bundesregierung in Frage zu stellen.

Dass der Bundeshaushalt zum ersten Mal seit Jahrzehnten ohne neue Schulden auskomme, sei schön und gut. Aber um die Konjunktur anzukurbeln, müsse die Bundesregierung in Straßen, Schienen und Schulen investieren – falls nötig mit geliehenem Geld. „Wir sollten nicht den Eindruck erwecken, Haushaltskonsolidierung als reinen Selbstzweck zu betreiben“, sagte der SPD-Parteivize Ralf Stegner am Montag dem Nachrichtenportal Spiegel Online.

Zwang zur „Schwarzen Null“

In einer internen Sitzung stauchte ihn Gabriel daraufhin zusammen. Der ausgeglichene Haushalt ist im Koalitionsvertrag verankert und der Parteichef möchte den Eindruck vermeiden, dass die Sozialdemokraten an der Regierung unzuverlässig agierten. Doch mittlerweile kritisiert nicht nur Stegner allein den Zwang zur „schwarzen Null“. „Sparpolitik muss Sinn machen – im Moment kostet sie Wirtschaftskraft“, sagte etwa der SPD-Haushaltspolitiker Carsten Sieling. Fraktionsvize Carsten Schneider äußerte sich ähnlich.

Unterstützung bekommt Gabriel dagegen ausgerechnet aus dem Lager des Koalitionspartners. Die Konsolidierung des Haushalts sei „keine Angelegenheit von schönem Wetter“, sagte CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt. Gerade in Zeiten schwächelnder Konjunktur müsse die Regierung an der Sparpolitik festhalten.

„Immer neue Schulden machen, das kann nicht die Lösung sein für die aktuellen Herausforderungen“, sagte auch Michael Grosse-Brömer, Parlamentarischer Geschäftsführer der Union.

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