: Die Grünen zum Nulltarif?
Rot-Grüne Verhandlungen: Hamburgs Naturschützer sind empört über billige GAL-Zustimmung zu Elbvertiefung und Hafenerweiterung ■ Von Silke Mertins
„Sehr enttäuscht“ist Manfred Braasch vom BUND über die Partei, die er bisher als Verbündete sah: die GAL. Herbert Nix vom Arbeitskreis „Rettet die Elbe“wirft den Grünen gar vor, „ihre Prinzipien verkauft“zu haben. Denn nach zehnstündigen Koalitionsverhandlungen mit der SPD hatten die Grünen am Dienstag abend ihr Jawort zu Elbvertiefung und Hafenerweiterung Altenwerder gegeben. „Das ist uns sehr schwer gefallen“, sagte die grüne Vorstandssprecherin Antje Radcke. Doch „wir haben uns bei der SPD nicht durchsetzen können“. Kompromißbereit waren die Grünen beim Thema Hafen von Anfang an, „sonst wären wir gar nicht in Koalitionsverhandlungen eingetreten“.
Gerechnet wurde allerdings mit einem höheren Preis. Abringen konnte die GAL der SPD aber nur Absichtserklärungen und die Zusage, daß die Bestandsgarantie für den Stadtteil Moorburg-Mitte – dem als Hafenerweiterungsgebiet ein Schicksal droht wie Altenwerder – von 2015 auf 2035 verlängert wurde. Ursprünglich wollten die Grünen Moorburg und Francop aus dem Hafenentwicklungsplan herausbekommen, um ein langsames Sterben zu verhindern.
Nix hält den Kompromiß für unzureichend. „Eine Bestandsgarantie kann jederzeit widerrufen werden.“Die GAL würde nunmehr „die Betonpolitik der SPD fortsetzen“. Auch Rainer Böhnsen vom Stadtteilzentrum „die Moorburg“hat sich „mehr erhofft“. Die Fristverlängerung könne sogar „kontraproduktiv“sein, weil Moorburg damit „aus der politischen Diskussion rausgehalten wird“. Ohne Befreiung aus dem Würgegriff des Hafenentwicklungsgesetzes, das eine Veränderungssperre enthält, sei dem Stadtteil wenig geholfen. Die nun versprochenen Verbesserungen – soziale Infrastruktur und ÖPNV-Anschluß – könnten allenfalls „das Alltagsleben erleichtern“.
Für die grüne Absegnung der beiden Projekte hat die SPD ein neues Naturschutzgebiet und Zugeständnisse beim Wohnungsbau versprochen. Welche konkret, ist noch unklar. Immerhin ist die SPD auf Druck der GAL bereit, eine Verselbständigung des Amtes für Strom- und Hafenbau und die Kooperationsmöglichkeiten mit den niederländischen Häfen zu prüfen. Über die GAL-Forderung, die Hafen-City von der Finanzierung Altenwerders zu entkoppeln, wurde indes noch nicht verhandelt.
Braasch vom BUND will „sehr kritisch“beobachten, ob sich die GAL ihre ökologischen Ziele für drei Velo-Routen abkaufen läßt. Denn der Elbvertiefung zuzustimmen, ohne wenigstens an anderer Stelle etwas für den Fluß zu tun, „wäre ein Rückschritt für die Natur“. Verbittert ist er darüber, daß die GAL der SPD nicht den Kompromiß abgerungen hat, die vorbereitenden Baggerarbeiten in der Elbe, die im November beginnen, zu stoppen. Denn diese Maßnahmen sind „nach Einschätzung unserer Gutachter rechtswidrig“. Und dafür trage dann „auch die GAL die Verantwortung“.
Siehe auch Bericht Seite 4
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