■ Kommentar: Nachsitzen, Herr General
Ob Parkhausplanung, Adoptionsvermittlung oder „Hunde- und Katzenfang“, ob Verkehrsbeleuchtung, Bewährungshilfe und Bebauungspläne – die Bezirke übernehmen künftig zahlreiche Zuständigkeiten von den Senatshauptverwaltungen. Das zumindest haben CDU und SPD vor einem Monat als Teil der geplanten Bezirksreform beschlossen. Innensenator Jörg Schönbohm muß bei dieser Debatte irgendwie gefehlt haben. Sein Brief, mit der er die Bezirksämter pauschal als inkompetent abkanzelt, legt diesen Schluß jedenfalls nahe. Mit zahlreichen „Unmöglichkeiten“, wie dem unrechtmäßigen Flaggen von Regenbogenfahnen der Schwulen und Lesben, machten die Bezirke die Stadt „lächerlich“, schäumt Zuchtmeister Schönbohm.
Kompetenz, so läßt er durchblicken, besitzen offenbar nur die Senatsverwaltungen; zumindest aber die Befehlsgewalt. Aber die weißen Fahnen, die Schönbohms Verwaltung derzeit zum Gedenken an die Luftbrücke hissen läßt, sind genau so wenig ein Hoheitszeichen wie die von den Bezirken aufgezogene Regenbogenfahne. Wer sich über das Regenbogensymbol erregt in einer Stadt, deren oberster Tourismusmanager zum Christopher-Street-Day um auswärtige Schwule und Lesben für eine Reise nach Berlin wirbt, der macht sich selbst lächerlich. Den verbalen Amoklauf also abbuchen unter Provinzposse? Dazu muß man den Innensenator zu ernst nehmen. Deswegen ist wohl doch der ganze Senat gefordert, noch einmal über Rolle und Kompetenzen der Bezirke zu sprechen – mit Anwesenheitspflicht für Herrn Schönbohm. Gerd Nowakowski
Bericht Seite 24
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