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Die fast erfolgreichen Drohungen gegen den Bausenator

Wäre der Vermögensausschuß nicht eingeschritten, wäre Bausenator Jürgen Klemann einmal mehr eingeknickt. Die Viag hatte nicht nur den dreifachen Preis für Grundstücke verlangt, sondern auch gedroht, ihre Verpflichtungen als Bewag-Käufer nicht zu erfüllen  ■ Von Hannes Koch

Bei dem geplanten Grundstücksgeschäft in Spandau, das das Abgeordnetenhaus unlängst stoppte, wollte die Bauverwaltung unter CDU-Senator Jürgen Klemann dem Immobilienbesitzer Viag AG weitgehend entgegenkommen.

Die Viag-Tochter Erka beabsichtigte, dem städtischen Entwicklungsträger Wasserstadt GmbH Grundstücke auf der Havelinsel Eiswerder zu deutlich überhöhten Preisen zu verkaufen, obwohl die Entwicklungsfirma die Grundstücke nicht braucht. Die Bauverwaltung hatte grünes Licht für das merkwürdige Grundstücksgeschäft gegeben. Der Vermögensausschuß hatte das Geschäft schließlich gestoppt.

Was die grüne Finanzexpertin Michaele Schreyer als „Einknicken des Senators“ vor einem erpresserisch agierenden Konzern bezeichnet, rechtfertigt die Bauverwaltung mit einer Zwangslage. Für den Bau einer Erschließungsstraße am östlichen Havelufer, der Neuen Daumstraße, müsse die Wasserstadt einige Grundstücke der Erka kaufen, erklärt Klemanns Sprecherin Petra Reetz. Erka sei aber nur bereit, die Flächen herzugeben, falls die Wasserstadt GmbH gleichzeitig rund 5,3 Hektar auf der benachbarten Insel Eiswerder kaufe.

Sowohl die Wasserstadt als auch die Bauverwaltung akzeptierten die Verkopplung der beiden Angelegenheiten, obwohl sie eigentlich nichts miteinander zu tun haben. Die Erka verfolgte damit das Ziel, ihre Flächen auf Eiswerder, für die sie keine lukrative Verwendungsmöglichkeit mehr sah, zu einem möglichst hohen Preis zu verkaufen.

Nach Ansicht des Rechnungshofes freilich hätte sich die Wasserstadt aus der mißlichen Verquickung befreien können, indem sie die Enteignung der Bauflächen für die Daumstraße beantragt hätte. Die Rechtslage im Entwicklungsgebiet gäbe ein derartiges Vorgehen her, meinen die Rechnungsprüfer. Die Bauverwaltung wollte diesen Weg jedoch nicht wählen, weil damit zu große Zeitverzögerungen verbunden seien — so jedenfalls die Ansicht von Staatssekretär Ulrich Arndt.

Um diese Probleme zu vermeiden, willigte die Bauverwaltung nicht nur in viel zu hohe Kaufpreise ein. Sie ermunterte die Entwicklungsgesellschaft Wasserstadt GmbH auch, ein absehbar unwirtschaftliches Geschäft anzubahnen. Denn die landschaftlich schön gelegenen Grundstücke auf der Havelinsel sind heute weder entwickelt, noch ist ihre Entwicklung in den kommenden Jahren beabsichtigt. In seinem Bericht an den Vermögensausschuß des Abgeordnetenhauses schreibt der Rechnungshof, daß die Bebauung der Insel frühestens ab 2006 geplant ist. Würde die Wasserstadt GmbH die Flächen jetzt schon kaufen, müßte sie also während der sieben untätigen Jahre Kreditzinsen zahlen, die sie ansonsten sparen würde. Michaele Schreyer weist darauf hin, daß diese Zinsen natürlich das Defizit der Entwicklungsgebiete erhöhen würden.

Das konzernfreundliche Immobiliengeschäft wollte die Bauverwaltung der Erka zusätzlich versüßen, indem man der Viag-Tochter sechs Grundstücke in bester Lage in der Innenstadt zum Kauf anbot. Auch das hatte die Erka als Voraussetzung dafür verlangt, daß sie die Flächen für die Neue Daumstraße hergeben solle.

Den Kaufpreis für die Filetgrundstücke in der City wollten Wasserstadt und Bauverwaltung mit dem Preis für Eiswerder und das Havelufer verrechnen.

Um all das in die Wege zu leiten, hatte die Viag-Tochter nicht nur Bausenator Klemann, sondern dem gesamten Senat gedroht. Falls das Grundstücksgeschäft nicht wie verlangt zustande komme, werde die Viag ihre Zusagen, die sie im Zusammenhang mit dem Kauf von Aktien des Energieversorgers Bewag gemacht hatte, eben wieder zurückziehen.

Die Viag hatte vor zwei Jahren neben Preussen Elektra und Southern Company deshalb den Zuschlag für die Privatisierung der Bewag erhalten, weil sie Investitionen von 60 Millionen Mark in Berlin angekündigt hatte.

Dieses Geld für die Verlagerung von Verwaltungsaktivitäten des Münchner Konzerns an die Spree werde nicht investiert, wenn man nicht bald die Flächen auf der Havelinsel Eiswerder an die Wasserstadt GmbH zurückverkaufen könne, ließ die Viag intern verlauten.

Die Erpressung scheiterte im Dezember bereits an SPD-Finanzsenatorin Annette Fugmann-Heesing. Nun intervenierte der Vermögensausschuß des Abgeordnetenhauses.

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