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Ein Ausschuss und immer mehr Arbeit

Seit gestern müht sich der Untersuchungsausschuss des Bundestages, die verdeckte Spendenpraxis der CDU aufzuklären. Täglich tauchen neue Verdachtsmomente auf. Wann werden Zeugen vernommen? ■ Von Karin Nink

Berlin (taz) – Gestern hat der parlamentarische Untersuchungsausschuss zur Parteispendenaffäre der CDU seine Arbeit aufgenommen – und schon haben die 15 Mitglieder des Gremiums einen weiteren Arbeitsbereich: Es soll auch geklärt werden, ob die Millionen, die das Hamburger Ehepaar Ehlerding 1998 an die CDU gespendet hat, im Zusammenhang mit dem Verkauf von 31.000 Eisenbahnerwohnungen stehen.

„Wenn die Entscheidung der Vergabe der Eisenbahnerwohnungen durch diese Spende gefördert oder anschließend belohnt wurde, dann ist das Teil unseres Auftrages“, sagte der Vorsitzende des Untersuchungsausschusses, Volker Neumann, nach der konstituierenden Sitzung. Mittlerweile gibt es Hinweise, dass das Ehepaar Ehlerding nicht nur rund 3,4 Millionen Mark an die CDU gespendet hat, sondern die Summe sich auf 5,9 Millionen erhöht hat.

Gerüchten zufolge soll es sich dabei um ein zinsloses Darlehen von 2,5 Millionen Mark handeln, das die Hamburger Familie der CDU gewährt hat, das aber nicht in dem entsprechenden, noch unveröffentlichten Rechenschaftsbericht von 1998 vorkommen soll. Haben die Spender der CDU das Geld nun nachträglich geschenkt? Durch diesen Kniff müsste die Summe erst im Rechenschaftsbericht 1999 ausgewiesen werden.

Nach einem Bericht der Leipziger Volkszeitung hat der von CDU-Parteichef Wolfgang Schäuble im Zusammenhang mit der Parteispendenaffäre beurlaubte CDU-Verwaltungschef Hans Terlinden das Geld bei dem Hamburger Ehepaar gesammelt. Terlinden hat nach Angaben der Zeitung offenbar versucht, den Namen der Spender wegen möglicher Interessensüberschneidungen zwischen Parteispenden und Wohnungsprivatisierung zu verheimlichen. Erst unter dem Druck der neuen Wirtschaftsprüferkanzlei Pougin und Partner und auf Veranlassung der neuen CDU-Schatzmeisterei sei der „nachhaltige Widerstand von Herrn Terlinden“ gebrochen worden.

CDU-Sprecherin Eva Christiansen blieb gegenüber der taz gestern dabei, dass die CDU lediglich Spenden in Höhe von 3,4 Millionen Mark erhalten habe. Ein zinsloses Darlehen von 2,5 Millionen Mark sei im Rechenschaftsbericht 1998 als „sonstige Verbindlichkeit“ ausgewiesen worden. Der geldwerte Vorteil, den die CDU in diesem und den nächsten Jahren von dem Darlehen habe, werde in den folgenden Rechenschaftsberichten erwähnt.

Christian Ströbele, der für die Grünen im Untersuchungsausschuss sitzt, hält ein zinsloses Darlehen an eine Partei „mit dem Wortlaut des Parteispendengesetzes vereinbar, aber nicht mit dem Geist des Gesetzes“. Anders als die SPD will Ströbele im Untersuchungsausschuss so schnell wie möglich mit der Vernehmung der Zeugen beginnen.

Die SPD will zunächst intensiv die Akten studieren, damit Zeugen nicht nach dem „Zufallsprinzip vernommen werden“, betonte der SPD-Obmann Frank Hofmann. Mit einer Zeugenbefragung sei nicht vor Ende Februar zu rechnen. Er wies darauf hin, dass der Ausschuss sich zunächst mit der Millionenspende beschäftigen will, die der Waffenhändler Karlheinz Schreiber in einem Koffer an den ehemaligen Schatzmeister der CDU, Walther Leisler-Kiep, übergeben hat.

Ein wesentlicher Schwerpunkt des Untersuchungsausschusses wird der Verkauf der ostdeutschen Leuna-Raffinerie an den französischen Mineralölkonzern Elf Aquitaine und mögliche Schmiergeldzahlungen in diesem Zusammenhang sein. Der Untersuchungsausschuss hat den Vorteil, mit der Unterstützung der Bundesregierung rechnen zu können, weil er von der Regierungsfraktion und nicht – wie meistens der Fall – von der Opposition eingesetzt worden ist.

Dennoch wird die Aufklärung der Vorwürfe schwierig: Noch ist unklar, ob der Untersuchungsausschuss an alle notwendigen Ermittlungsakten aus dem Ausland kommt. Außerdem sind wichtige Zeugen entweder untergetaucht oder können, weil gegen sie ein Strafermittlungsverfahren läuft, die Aussage vor dem Parlamentarischen Untersuchungsausschuss verweigern.

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