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Gutes Gefühl gerechten Geldes

Bezirksversammlung Mitte verabschiedet heute Antrag, der amtliche Spionage bei SozialhilfeempfängerInnen festschreibt  ■ Von Elke Spanner

Als „moderne Verwaltung“ wird üblicherweise die Entwicklung der Behörden hin zu Dienstleistungszentren verstanden, in denen Behördengänger KundInnen sind. Sind diese jedoch SozialhilfeempfängerInnen, ist darunter etwas anderes zu verstehen. Heute abend wird die Bezirksversammlung Mitte einen Antrag von SPD und CDU zur „modernen Sozialhilfegewährung“ annehmen. Der sieht vor, dass „Außendienstmitarbeiter“ SozialhilfeempfängerInnen aufsuchen, um sich in deren Wohnung ein Bild von der Bedürftigkeit zu machen.

Der Antrag geht zurück auf Modellprojekte in Billstedt, der Innenstadt und Bergedorf. Dort werden seit April 1998 „AußendienstmitarbeiterInnen“ zu Hausbesuchen geschickt. „Dadurch konnten in Billstedt innerhalb eines Jahres 418.000 Mark eingespart werden“, freut sich der SPD-Abgeordnete Markus Schreiber. „Wenn auf diese Weise einem Sozialmissbrauch entgegengewirkt werden konnte, ist dem hohen Stellenwert der Gerechtigkeit bei Hilfeleistungen wirksam Rechnung getragen worden“. Schließlich werde das Sozialsystem gemeinhin nur akzeptiert, „wenn der Bürger das Gefühl hat, das ist gerecht“. Zudem hätten auch die MitarbeiterInnen der Sozialämter nach dem Kontrollbesuch ein „besseres Gefühl, wenn sie an jemanden Geld auszahlen“.

Der GAL-Abgeordnete im Ortsauschuss Billstedt, Karl-Heinz Karch, spricht hingegen nicht von Gerechtigkeit, sondern von „Atta-cken“ gegen SozialhilfeempfängerInnen: „Wenn man ihnen Kontrolleure ins Haus schickt, unterstellt man ihnen grundsätzlich, dass sie sich Leistungen erschleichen wollen.“ Die GAL im Ortsauschuss fordert die Verwaltung auf, die „Sozial-Spione“ zurückzuziehen.

Dass es nicht allein um Bedarfsfeststellung, sondern auch um die Abschreckung derer geht, die Sozialleistungen beanspruchen, räumt SPDler Schreiber an anderer Stelle ein: In Billstedt sei im vorigen Jahr 400 Menschen, die erstmals Sozialhilfe beantragten, stattdessen eine Arbeit angeboten worden. Zwar haben nur 130 dadurch einen Job bekommen. Über 40 der Erstantragsteller jedoch, freut sich Schreiber, hätten danach nie wieder Geld beantragt.

Mit den Hausbesuchen bei SozialhilfeempfängerInnen hatte sich im November schon der Sozialausschuss der Bürgerschaft befaßt – und einen Antrag der Regenbogengruppe abgelehnt, die gefordert hatte, dass die Besuche grundsätzlich angekündigt werden müssen. Denn im Standardkommentar im Sozialrecht steht: „Selbstverständlich ist dabei, daß Hausbesuche nur in Abstimmung mit dem Hilfesuchenden erfolgen dürfen.“

Dennoch steht in den Arbeitshinweisen der Kontrolleure: „Hausbesuche finden grundsätzlich ohne Voranmeldung statt.“ Für Claudia Eggert, Sprecherin des Bezirksamtes Mitte, liegt das „in der Natur der Sache. Sonst bereiten die Antragsteller sich auf den Besuch vor.“

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