: Staatsanwalt: Verdacht auf Bestechung
Leuna/Panzer-Untersuchungsausschuss bekommt nützliche Amtshilfe der Augsburger Strafverfolger: Dort bestand der Verdacht, die Kohl-Regierung sei bestochen worden. Aber der Kanzleramtschef mauerte ■ Von Christian Füller
Berlin (taz) – Seit gestern, 11.30 Uhr, weiß es der Untersuchungsausschuss des Bundestages aus berufenem Munde: Er ist auf der richtigen Fährte, wenn er nachprüft, ob politische Entscheidungen der Regierung Kohl käuflich waren. Die parlamentarischen Ermittler hörten Winfried Maier an, den Augsburger Staatsanwalt, der dem Waffenhändler Karlheinz Schreiber Steuerhinterziehung nachweisen will. „Im Laufe des Verfahrens“, sagte Maier den Ausschussmitgliedern, „ist in mir der Gedanke gereift, das könnte durchaus den Verdacht der Bestechung und der Vorteilsnahme rechtfertigen.“
Die Ausschussmitglieder von SPD, Grünen und PDS scharrten sogleich mit den Füßen. Das ist der Kern ihrer Mission: zeigen, dass die monströse CDU-Parteispendenaffäre andere Zwecke hatte, als Kohls schwarze Kassen für den innerparteilichen Machterhalt zu füllen. Weitere Details durfte Staatsanwalt Maier dem Ausschuss aber nur in nicht öffentlicher Sitzung berichten. Maier will „sein Verfahren“ gegen Karlheinz Schreiber und andere zu Ende bringen. Daher darf er darüber öffentlich keine Auskunft geben.
Was er sagte, reicht indes aus, dunkle Schatten auf die Regierungspraxis des Ex-Kanzlers Helmut Kohl zu werfen. Solange die Geldflüsse bei den Ermittlungen nicht bekannt gewesen seien, erzählte der Staatsanwalt, sei sein Fall „wie ein Mord ohne Leiche gewesen“. Das änderte sich schlagartig, als die Rechtshilfeersuchen an die Schweiz im Februar letzten Jahres Kontobewegungen so genannter Domizilgesellschaften offenlegten.
Zumindest Bruchteile der mutmaßlichen Provisionszahlungen beim Panzergeschäft von über 200 Millionen Mark müssen dabei sichtbar geworden sein. In dem Moment wusste Maier: Es geht nicht allein um Steuerhinterziehung, sondern um Schmiergelder und Provisionen. Entsprechend lauten auch die Haftbefehle gegen Schreiber und den Staatssekretär der Kohl-Regierung, Holger Pfahls, auf Steuerhinterziehung und Bestechung.
Die wichtigste Frage aber blieb auch für Staatsanwalt Maier offen: Ob Schreiber 1991 (als Vermittler der Thyssen Industries Henschel) mit hohen Zahlungen – 3,8 Millionen Mark sind im Gespräch – den Verkauf von Bundeswehr-Spürpanzern an Saudi-Arabien befördern konnte. Weitere Ermittlungsversuche wehrte die Regierung Kohl ab. Maier bestätigte gestern, er habe Kanzleramtsminister Friedrich Bohl um Amtshilfe gebeten – doch der habe ihn abblitzen lassen. Die Unterlagen beträfen originäre Entscheidungen von Kabinett und Bundessicherheitsrat, so Bohl, und seien daher nicht justiziabel. Der Staatsanwalt bejahte ausdrücklich, dass es bei seiner Anfrage an Kanzleramtsminister Bohl um Bestechung gegangen sei.
Die Ergebnisse der Befragung wurden von Opposition und Regierung gestern konträr gedeutet: Die Union kostete aus, dass nach Maiers Aussage gegen kein Mitglied der damaligen Bundesregierung wegen Bestechlichkeit ermittelt werde. Dass genau dies vom Kabinett Kohl trickreich verhindert worden sei, war Thema von SPD, PDS und Grünen.
Einig waren die Ausschussmitglieder nur in einem: Weitere Arbeit steht an. Die CDU will allen Verdachtsmomenten gegen SPD-Politiker im Panzergeschäft nachgehen. Und der Rest des Ausschusses will endlich wissen, wie das „Salz in der Suppe“ (Maier) schmeckt. Das sind die Erkenntnisse der Schweizer Strafverfolger über Geldbewegungen – die dem Ausschuss aus juristischen Gründen vorenthalten werden.
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