: Untersuchungsausschuss schlittert auf der Ölspur
Ex-Elf-Direktor Alfred Sirven wird heute Abend nach Frankreich abgeschoben. Um ihn in Sachen CDU-Spendenaffäre zu vernehmen, müssten die Aufklärer heute nach Weiterstadt fahren
BERLIN taz/dpa/rtr ■ Seine Aussage ist begehrt, hier wie dort. Nun muss der Untersuchungsausschuss zur CDU-Spendenaffäre sich außerordentlich beeilen, aus Alfred Sirven Informationen herauszubekommen: Der frühere Elf-Manager soll heute um 18 Uhr den französischen Behördern übergeben werden.
Bis dahin hätten der Untersuchungsausschuss des Bundestages und andere interessierte Behörden die Möglichkeit, den 74-Jährigen im hessischen Gefängnis Weiterstadt zu befragen, sagte die Sprecherin der Frankfurter Generalstaatsanwaltschaft, Hildegard Becker-Toussaint, gestern in Frankfurt. Ob Sirven aussagen werde, könne sie nicht sagen.
Sirven gilt als Schlüsselfigur in der Elf-Schmiergeldaffäre. In Frankreich wird ihm derzeit in Abwesenheit der Prozess gemacht. Er war am Freitag nach mehreren Jahren auf der Flucht auf den Philippinen gefasst und an Bord einer Lufthansa-Maschine nach Frankfurt geflogen worden. Der Spendenuntersuchungsausschuss will ihn zum Verkauf der Leuna-Raffinerie an Elf befragen. Der Ausschuss soll klären, ob die Regierung Helmut Kohl (CDU) käuflich war.
Obwohl nicht nur der Ausschuss, sondern auch die Staatsanwaltschaften Saarbrücken, Köln, Düsseldorf, München und Naumburg Interesse an Sirven angemeldet hatten, sah die deutsche Justiz gestern keine rechtliche Handhabe, ihn länger als bis heute Abend festzuhalten. Um den Zeitpunkt der Auslieferung bahnte sich bereits ein diplomatisches Gerangel zwischen Frankreich und Deutschland an.
Die Ausschussmitglieder bemühten sich gestern Abend fieberhaft, eine Befragung, ob als Gruppenreise oder nicht, zu organisieren. „Ich lege Wert darauf, diese einmalige Chance zu nutzen“, sagte Christian Ströbele (Grüne) gestern zur taz. Er empfahl dem Ausschuss, zur Vernehmung „auch außergewöhnliche Wege zu gehen“.
Schon vor Monaten hatte der Ausschuss Sirven auf die Zeugenliste gesetzt. Die Aufklärer, so Ströbele, „würden grob fahrlässig handeln, wenn nicht alles versucht würde, so einen zentralen Zeugen zu hören“. UWI
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