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Das Gericht ist nicht zufrieden

Im NPD-Verbotsverfahren will das Bundesverfassungsgericht die Mauscheleien der V-Leute erneut untersuchen. Offenbar reichten die Erklärungen der Bundesregierung bisher nicht aus. Damit kann die NPD an der Bundestagswahl teilnehmen

aus Freiburg CHRISTIAN RATH

Die NPD kann an der kommenden Bundestagswahl teilnehmen. Wie das Bundesverfassungsgericht gestern mitteilte, wird das Verbotsverfahren erst nach der Wahl fortgesetzt. Für den 8. Oktober hat das Gericht einen „Erörterungstermin“ angekündigt, bei dem es ausschließlich um den Einfluss staatlich bezahlter V-Leute auf die NPD gehen soll.

Eigentlich hätte die mündliche Verhandlung über die Verbotsanträge von Bundesregierung, Bundesrat und Bundestag schon Anfang diesen Jahres stattfinden sollen. Doch im Januar setzte Karlsruhe das Verfahren überraschend aus, nachdem der Verdacht aufkam, dass unter den als Auskunftspersonen geladenen Rechtsextremisten auch V-Leute sein dürften. Dies werfe komplizierte „Rechtsfragen“ auf, hieß es damals zur Begründung.

Im Februar hatten Bundesregierung und Co. dann in zwei Schriftsätzen eingeräumt, dass in den Verbotsanträgen Aussagen von insgesamt neun V-Leuten verwendet wurden. Dass die Liste vollständig ist, wollten die Regierungsanwälte nicht garantieren. Allerdings stammten die Äußerungen nach diesen Angaben nur in einem Fall aus der aktiven V-Mann-Zeit. In den anderen Fällen sei die staatliche Zusammenarbeit mit den fraglichen Personen bereits beendet gewesen oder die Quelle erst später vom Staat angeworben worden. Nur in fünf von neun Fällen sind die Namen der V-Leute bekannt.

Diese Auskünfte genügten Karlsruhe offensichtlich nicht. Bis zum 31. Juli sollen Bundesregierung, Bundesrat und Bundestag einen präzisen Fragenkatalog abarbeiten. Das Gericht will wissen, welche Kontakte Geheimdienste und Polizei mit Personen hatten, deren Aussagen als Beleg für die Verfassungswidrigkeit der NPD benutzt wurden. Außerdem sollen auch die Behördenkontakte zu sonstigen Personen, die ab 1996 für die Außenwirkung der NPD relevant waren, aufgelistet werden. Der enttarnte Spitzel Wolfgang Frenz war immerhin lange Jahre Mitglied des Bundesvorstandes, V-Mann Udo Holtmann war Landesvorsitzender in Nordrhein-Westfalen.

Mündliche Verhandlungen des Bundesverfassungsgerichts sind grundsätzlich öffentlich. Das Gericht könnte zwar Publikum und Medien aus Gründen der Staatssicherheit ausschließen. Davon war in der gestrigen Mitteilung des Gerichts jedoch nicht die Rede. Eher wird wohl erwartet, dass die Antragssteller aus Geheimschutzgründen die erbetenen Auskünfte gar nicht abgeben. Die Verweigerung von Auskünften solle jedoch zumindest begründet werden, so Karlsruhe. SPD-Innenpolitiker Dieter Wiefelspütz sagte gestern, das Gericht werde alle Informationen bekommen, die es für erforderlich halte.

Wie das Verfahren nach dem Termin im Oktober weitergeht, ist offen. So könnte Karlsruhe die bereits im letzen Herbst beschlossene Eröffnung des Verfahrens mangels Erfolgsaussichten wieder rückgängig machen. Oder es müsste neue Termine für die eigentliche mündliche Verhandlung anberaumen.

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