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Die CDU streitet über listige Bankkritiker

CDU-Fraktionschef Steffel distanziert sich von Strafanzeige seines Fraktionskollegen Braun gegen die „Initiative Berliner Bankenskandal“. Steffel: Unabgestimmte Einzelaktion. Die Initiative outete Anleger der Bankgesellschaft

Die Veröffentlichung einer Liste prominenter Fondszeichner der Bankgesellschaft hat zu einem Streit in der CDU-Fraktion geführt. Während der CDU-Rechtsexperte Michael Braun Strafanzeige gegen die Verantwortlichen der „Initiative Berliner Bankenskandal“ erstattete und gar von „Pogromstimmung“ sprach, sah sich der CDU-Fraktionschef Frank Steffel „im Ziel“ einig mit der Initiative. Die Veröffentlichung sei allerdings so nicht akzeptabel und schieße über das Ziel hinaus.

Brauns Anzeige kanzelte Steffel als eine „Privatklage“ ab. Diese sei eine „unabgestimmte Einzelaktion“. Zudem empfahl Steffel den Anlegern, „die Fonds unter moralischen Gesichtspunkten entweder zurückzugeben oder aber auf die zugesagte Rendite zu verzichten“. Es dürfe nicht sein, dass Steuerzahler für eine risikofreie und hochverzinsliche Einlage einer ausgewählten Gruppe geradestehen müssten.

Die Initiative – ein Bündnis von Professoren, Fachleuten und Attac-Mitgliedern – hatte am Dienstag eine Art schwarze Liste mit den Namen von rund 150 prominenten Fondszeichnern veröffentlicht. Insgesamt zeichneten etwa 70.000 Bankkunden Immobilienfonds der Bankgesellschaft, die überwiegend jedem Anleger zur Verfügung standen. Durch Immobilienfonds mit marktunüblichen Gewinngarantien und langen Laufzeiten war die Bank an den Rand des Ruins getrieben worden. Nur eine Landesbürgschaft über 21,7 Milliarden Euro sicherte ihr Überleben. Im nächsten Jahr bringt die verarmte Stadt 300 Millionen Euro dafür auf, während im Sozialbereich 150 Millionen Euro gespart werden.

Die Initiative reagierte gestern auf die Strafanzeige gelassen. Man wolle die öffentliche Diskussion über die Folgen der Fondsgeschäfte anstoßen, so der FU-Politologe und Mitorganisator Peter Grottian. Der Sprachgebrauch von Miachael Braun sei allerdings „völlig daneben“.

Die Initiative hatte in der vergangenen Woche 162 Fondsanleger angeschrieben und aufgefordert, ihr Anlageverhalten zu überdenken. Von bisher sechs Antworten sei noch keine positiv, so Grottian. Ein Unternehmer habe geschrieben, normalerweise landeten solche Briefe im Papierkorb oder er alarmiere die Polizei. Ein anderer Anleger habe mit Klage gedroht. Am Freitag lädt die Bankgesellschaft zur Hauptversammlung ins ICC. Die Initiative will kritischen Aktionären Rederecht verschaffen und ab 15 Uhr vor dem Gebäude demonstrieren. RICHARD ROTHER

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