: Haste ’ne Million?
Mietausfälle bei Immobilienfonds. Bankgesellschaft fehlen über 40 Millionen. Senat: Nicht dramatisch
Massive Mietausfälle bei zehn Immobilienfonds der zur Bankgesellschaft Berlin gehörenden Immobilien Beteiligungs- und Vertriebsgesellschaft (IBV) habe es in den ersten sechs Monaten dieses Jahres gegeben. Nach Information des Magazins kapital-markt-intern lägen sie bei 24,2 Prozent oder knapp 43 Millionen Euro. Die „Initiative Berliner Bankenskandal“, die vertrauliche Informationen über eine Verwaltungsratssitzung von Fondsgesellschaften am 23./24. September in Nürnberg habe, beziffert die Mietausfälle sogar auf 34 bis 36 Prozent. „Keine erschütternde Neuigkeit“ wiegelt der Sprecher von Finanzsenator Thilo Sarrazin ab. Solche Einnahmeausfälle seien mit der beschlossenen Risikoabschirmung abgedeckt.
Ganz anders sieht das die „Initiative Berliner Bankenskandal“. Die Höhe der Mietausfälle, für die das Land nun bürgt, lege nahe, dass Berlin in viel höherem Umfang als Bürge der Bankgesellschaft zur Kasse gebeten wird als der Senat bisher glauben machen will.
Im April dieses Jahres hatten SPD und PDS einer Risikoabschirmung für die Bankgesellschaft in Höhe von 21,6 Milliarden Euro in den nächsten 30 Jahren zugestimmt. 300 Millionen Euro sind im diesjährigen Haushalt dafür zurückgelegt. Geld, das Berlin an allen Ecken und Enden fehlt.
In der unvorstellbaren Summe von 21,6 Milliarden Euro ist der Wert sämtlicher geschäftlicher Vorgänge der Bankgesellschaft erfasst. Auf Wahrscheinlichkeitsberechnungen beruhend, nimmt der Senat an, dass das Land am Ende für schlechte Geschäfte der Bankgesellschaft davon etwa 3,6 Milliarden Euro, im schlechtesten Fall 6 Milliarden Euro bezahlen muss.
Dieses Berechnungsszenario zweifeln die Bankkritiker nun aufgrund der bekannt gewordenen Mietausfälle an. Für sie sind sie der Hinweis, der das Land endlich dazu bringen müsse, detaillierte Kalkulationen der Risiken, die auf Berlin lasten, vorzunehmen und alternative Vertragsmodelle mit den Fondsanteilseignern auszuhandeln.
Das fordert auch Barbara Oesterheld von Bündnis 90/Die Grünen. „Es ist höchste Zeit, dass sich der Senat mit den Immobilien beschäftigt, um die langfristigen Mietausfälle zu reduzieren.“ Eine Expertenkommission aus Finanzdienstleistern, Juristen, Politikern müsse Wege erarbeiten, wie die 30 Jahre verbindliche Zahlerei unterbunden werde, sagt sie. Sich auf 30 Jahre festzulegen, sei politisch unmoralisch. Der ganze Bankenskandal schädige die Demokratie. WS
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