taz-adventskalender: Frohe Botschaft (22): „Der Baum ist ein Hybrid“
Die Künstlerin Susan Madsen hat einen „politischen Weihnachtsbaum“ gestaltet, um am Samstag Geld für die Berliner Tafel zu sammeln.
Nach dem christlichen Kalender wird die Frohe Botschaft ja erst am 24. Dezember verkündet. Weil es in diesem irdischen Jammertal aber so selten Grund zur Freude gibt, präsentieren wir bis Weihnachten täglich eine gute Nachricht.
taz: Frau Madsen, was ist ein „politischer Weihnachtsbaum“?
Susan Madsen: Eine Kunstinstallation, die eine Botschaft transportiert und einen guten Zweck erfüllen soll – in diesem Fall Geld für die Berliner Tafel zu sammeln. Die verwerten Lebensmittel, die sonst weggeschmissen werden. Also geht es beim politischen Weihnachtsbaum um Verschwendung und Wiederverwertung. Ich verwende Materialien, die sonst verbrannt werden würden …
… wie die Lebensmittel?
Ja, genau. Ich habe Holzabschnitte vom lokalen Baumfäller hier bekommen, die habe ich um einen Stahlträger herum aufgebaut. Der Baum ist ein Hybrid: zusammengesetzt aus verschiedenen Nadelhölzern, die Äste sind angespaxt, was man aber nicht sieht. Geschmückt ist er mit Plastikbesteck – wegen des Essens –, und auf dem Boden habe ich Christrosen gepflanzt. Dazwischen liegen zerbrochene Spiegel.
Was bedeutet das?
lebt mit Mann und fünf Kindern seit sechs Jahren im Wagendorf Karow, die Pankgräfin e. V. Sie ist freie Künstlerin.
Es soll die Existenzen symbolisieren, die vielleicht gebrochen sind, und die Rosen die Hoffnung. Dass es jemanden gibt, der sich um diese Menschen kümmert.
Wo kann man den Baum angucken?
Bei Pankgräfin e. V., das ist ein Wohnprojekt in Karow. Hier leben wir ungefähr zu 200 Leuten in Bauwagen – ein soziales Experiment.
Wie wollen Sie damit Geld für die Tafel sammeln?
Ich mache ein Event an diesem Samstag: Es gibt Glühwein und Kekse, man kann den Baum bewundern und was in die Spendenbox tun.
Letztes Jahr haben Sie auch einen Baum gebaut. Mit welchem Thema?
Amnesty International. Darum war der Baum mit 400 Meter Stacheldraht geschmückt.
Und nächstes Jahr?
Weiß ich noch nicht. Aber ich habe einen neuen Standort angeboten bekommen: vor der Senatsverwaltung für Kultur und Europa in Mitte. Dort ist der Baum viel mehr präsent. Was die Themen angeht, könnte ich 20 Jahre so weitermachen: Es gibt viele Leute und Organisationen, die anderen helfen. Ich könnte was für Caritas machen, für Ärzte ohne Grenzen … Entsprechend wird der Baum angepasst.
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