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taz Panter Preis verliehenCalzone gegen rechts

Ob Küchenkollektiv, Blaskapelle, POC-Empowerment oder engagierte Omas: Der taz Panter Preis richtet sich dieses Jahr an die Zivilgesellschaft im Osten.

Bekommen einiges gebacken: das Küchenkollektiv „Calzone Rivoluzione“ Foto: Franz Michel/taz

Chemnitz taz | Erst kommt das Fressen, dann die Revolution. So etwa könnte man die Haltung von „Calzone Rivoluzione – Pizza gegen Nazis“ beschreiben. Das Küchenkollektiv aus Dresden bietet bei Demos oder Kulturveranstaltungen vegane Pizza auf Spendenbasis an, weil es sich mit vollem Magen einfach besser kämpft. Für ihr zivilgesellschaftliches Engagement wurde Calzone ­Rivoluzione zum Ausklang des taz Panter Forums am Samstag in Chemnitz mit dem taz Panter Preis geehrt.

Konrad Litschko, Inlandsredakteur der taz, würdigte die Ge­win­ne­r:in­nen in seiner Laudatio: „Auch die zäheste Protestiererin hat irgendwann Hunger. Und dann steht Calzone Rivoluzione bereit.“ Das Küchenkollektiv hatte sich während der Coronapandemie 2020 aus einer kleinen Freundesgruppe heraus gegründet, sagt Mima Kobold. Die Aktivistin hat vor der Preisverleihung am Nachmittag einen Stand im Innenhof des Weltecho aufgestellt.

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Schnell habe die Gruppe gemerkt, dass sie ganz gut Pizza backen können, und angefangen, Demos und Proteste zu beliefern. Aus der Freundesgruppe ist ein veritables Aktionsküchenkollektiv geworden. Ziel ist es, bis zu 5.000 Menschen täglich mit Essen zu versorgen – vor allem bei Veranstaltungen in Ostdeutschland. Calzone Rivoluzione ist dabei offen für alle. „Man muss nicht Teil des Kollektivs sein, um mitzumachen“, sagt Mima Kobold.

Ost Forum Chemnitz

Das Thema: Wie schon am 23. Juni auf der ersten Station in Erfurt: „Was auf dem Spiel steht“.

Der Ort: Weltecho, das wichtigste alternative und garantiert nichtvölkische Kulturzentrum in Chemnitz.

Der Ablauf: Von 10 bis 20 Uhr: vier Panels, drei „Küchentische“ und ein ein Livepodcast plus die Panter-Preis-Verleihung in und aus Sachsen mit 30 eingeladenen ExpertInnen aus Kultur, ­Politik und NGO-Szene.

Das Publikum: den Tag über insgesamt 241 Menschen.

Die Panels: Alle Panels waren auf dem Youtube-taz-Kanal live mitzuverfolgen und als Aufzeichnungen nachzuhören und zu sehen. Ebenso dort die Panter-Preis-Verleihung.

Die Nachlese: Die „Küchen­tische“ in Chemnitz wurden aufgezeichnet und werden in der nächsten Zeit unserem Publikum zur Verfügung gestellt. Mehr Infos hierzu über tazfrisch – der wöchentliche taz-News­letter.

Jahrelang stand bei der Ausschreibung des taz Panter Preises das Thema Klima im Mittelpunkt. Wegen der Landtagswahlen in Ostdeutschland und der rechten Bedrohung gegen die Demokratie richtet sich der Preis dieses Jahr an die Zivilgesellschaft im Osten. Wer gewinnt, entscheiden die taz-Le­ser:in­nen in einer Onlinebefragung. Der Preis wird seit 2005 verliehen und ist mit je 5.000 Euro dotiert.

Wie das Moderationsduo Gereon Asmuth und Amina Aziz deutlich machten, stehen auch die anderen Nominierten dem Gewinnerkollektiv um nichts nach: Donata Porstmann hat im Januar dieses Jahres im sächsischen Döbeln eine Gruppe der Omas gegen Rechts gegründet, bei der inzwischen 39 Seniorinnen mitmachen. Das erzählt sie am Stand der Omas im sonnigen Weltecho-Innenhof. Seit ihrer Gründung im Januar hätten sie auf 32 Demos protestiert. „Wir sind alle Antifaschisten“, sagt ihre „Oma-Mitstreiterin“ Ulrike Pentzien. Bei den Protesten gegen rechts würden sie sich freuen, wenn auch Leute von der Antifa die Schutzmauer zur Gegenseite bilden.

Sauerstoffkur beim Panter Preis

Nominierte, Preis­trä­ge­r*in­nen und Moderation auf der Bühne Foto: Franz Michel/taz

Am Samstag auf dem Panter Forum stehen die Zeichen weniger auf Konfrontation als auf Austausch. Donata Porstmann beschreibt den Tag als „Sauerstoffkur“: „Das gibt mir Kraft, weil jetzt viele tiefe Täler bevorstehen“, sagt sie mit Blick auf die kommenden Landtagswahlen und die erstarkte Rechte. Doch Porstmann hat Erfahrung im zivilgesellschaftlichen Engagement. Sie will sich nicht entmutigen lassen.

Ebenfalls unter den Nominierten ist das Blaskapellenkollektiv Banda Comunale. Die Band kämpft seit über 20 Jahren gegen Rechtsextremismus, Antisemitismus und Rassismus, vor allem in Sachsen. Sie setzt, in den Worten ihres Mitglieds Michal Toma­szewski, auf „die charmante Überzeugungsarbeit, die Blasmusik leisten kann“. Die Mu­si­ke­r:in­nen kommen aus verschiedenen Herkunftsländern – wenn Rechtsextreme und Rassisten Auftrieb haben, betrifft sie das direkt selbst. Die Band geht deshalb an Schulen und Jugendzentren, um dort junge Menschen musikpädagogisch zu unterrichten, und unterstützt lokale Demos gegen rechts.

Nicht der Veranstaltung beiwohnen konnten die Sisters*, die ebenfalls für den taz Panter Preis nominiert waren. Mit ihrem Empowermentprojekt fördern sie gezielt Mädchen und junge Frauen of Color im ländlichen Raum in Sachsen. In einem Umfeld, das diesen Frauen und Mädchen großteils alles andere als gewogen ist, sollen sie die Möglichkeit haben, sich auszutauschen.

Die Strategien gegen Diskriminierung sind dabei vielfältig. Ein Mädchen habe ihr erzählt, sagt Abdiiseé Bersissa von den Sisters, „wenn sie auf der Straße rassistisch doof angeblafft wird, fängt sie richtig doll an zu sächseln und blafft auf Sächsisch zurück.“

Vielfältiges Engagement

Der taz Panter Stiftung, die den Preis verleiht und durch Spenden finanziert, ist der Panter Preis in die DNA eingeschrieben, war gar einer der Hauptgründe für die Stiftungsgründung 2008. In diesem Jahr vergibt sie gleich drei taz Panter Preise anlässlich der drei Landtagswahlen in Ostdeutschland. Den ersten Preis in der Dreierserie gewann das Netzwerk Polylux am 23. Juni im Zughafen Kulturbahnhof in Erfurt.

Die Thüringer Gruppe sieht sich als antifaschistisch und engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland. So fördert sie Nachbarschaftsinitiativen, Jugendzentren sowie feministische und antirassistische Gruppen. Die nächste Verleihung findet am 7. September auf dem Panter Forum in Cottbus statt.

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