petition der woche: Eure Bierzelt-Hits sind unser Albtraum!
Anlass der Petition Ein dumpfer Bierzelt-Hit
Das wollen die Initiatoren Dass sexuelle Gewaltfantasien nicht kleingeredet werden
Das wollen sie nicht Dass das „Donaulied“ weiter gegrölt wird
Am Ufer der Donau liegt „ein schlafendes Mädel“ und wird vergewaltigt. Darum geht es in dem Text eines beliebten Bierzelt-Hits, der auf einem Volkslied beruht. Eine Studentin aus Passau hat mit Gleichgesinnten eine Petition gegen das „Donaulied“ gestartet und will erreichen, dass Lieder wie dieses nicht mehr in Bierzelten und Kneipen gesungen werden.
„Ein schlafendes Mädel am Ufer ich fand“, so berichtet in dem Lied ein Wanderer, und dann, so heißt es weiter, weil sie die Beine so weit von sich gestreckt hatte und ihr „schneeweißer Busen“ halbbedeckt war, macht er sich „über die Schlafende her / oh oh oh olalala“. So verharmlost das Donaulied eine Vergewaltigung.
Die Initiatorin der Petition, Corinna Schütz, hatte das Lied schon vor zwei Jahren gestört, als sie es zum ersten Mal im Bierzelt hörte: „Du schamloser Bursche, was hast du vollbracht / Du hast mich im Schlafe zur Mutter gemacht“, beschwert sich die Frau im Donaulied – und ihr Vergewaltiger antwortet: „Du saublöde Schlampe, was denkst du von mir / oh oh oh olalala / Ich trage doch immer den Gummi bei mir.“
Damals wusste Schütz gar nicht, was sie dagegen unternehmen könnte, das ganze Zelt hatte ja mitgesungen. Später hat sie viele andere Menschen gefunden, die gleicher Meinung waren: dass Lieder wie das „Donaulied“ sexistisch sind und Vergewaltigungen normalisieren. Schütz hat dann die Petition zusammen mit mehr als 50 anderen Menschen gestartet, als Aktion gegen den weit verbreiteten Bierzelt-Sexismus.
„Sexuelle Gewalt ist nicht nur physische Gewalt, sondern sie kann auch ein Bild, ein Wort oder ein Lied sein“, sagt die 22-Jährige. Sie hofft, dass sie mit ihrer Petition dafür Bewusstsein schaffen kann: „Die Menschen sollen darüber nachdenken und endlich begreifen, dass so ein Lied eigentlich nicht okay ist.“ Ein Verbot des Songs sei aber gar nicht ihr Ziel, sondern: Sie sollten freiwillig auf das Singen verzichten.
„Sprache formt das Denken. In diesem alten Volkslied vermittelt der umgeschriebene Text ein Weltbild, welches sexuelle Gewaltfantasien gegen Frauen normalisiert und verherrlicht. Deswegen stellt das ‚Donaulied‘ eine Form sexueller Gewalt dar“, steht auf der Seite der Petition.
Bis jetzt haben mehr als 26.400 Menschen die Petition gegen das „Donaulied“ unterstützt. Auch von der Politik hat die Petition positives Feedback bekommen. Vor allem haben Jusos in der SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP die Petition unterstützt. Die Initiatorin wurde aber auch von vielen beschimpft und beleidigt, bis hin zu Mord- und Vergewaltigungsdrohungen.
In den Kommentaren auf der Petitionsseite wird bestritten, dass der Text eine Vergewaltigung beinhaltet: „Vergewaltigt? Oder vielleicht doch nur verführt? So reagiert also eine Frau, die gerade vergewaltigt wurde? Man lernt wohl nie aus.“ Oder: „Diese Übertreibung von Kleinigkeiten muss aufhören. Es kann nicht sein, dass eine ängstliche 22-Jährige mit unsinnigen Argumenten von angeblichem Bierzelt-Sexismus alle normalen Menschen, die fröhlich Lieder singen, zu potenziellen Vergewaltigern abstempelt.“ Und weil sexuelle Gewaltfantasien gegen Frauen kleingeredet werden, will sich Corinna Schütz weiter gegen Sexismus bei Volksfesten einsetzen. Negin Behkam
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