petition der woche: Für eine humanere Flüchtlingspolitik in Europa
Anlass der Petition Die aktuelle Flüchtlingspolitik der Europäer.
Das wollen die Initiatoren Eine humanere Flüchtlingspolitik.
Das wollen sie wirklich Das Schweigen der Kirche brechen.
Drei Menschen, eine Petition, ein Ziel: „eine christliche, menschenrechtliche und solidarische Flüchtlingspolitik in Europa“ – und bei der Sprache fangen sie an: „Wir sollten nicht von Grenzen sprechen, sondern von Menschen. Und nicht von der Flüchtlingskrise, denn es ist eine politische Krise“, sagt Beatrice von Weizsäcker, eine der Petentinnen, und warnt: „Wir schaffen mit Worten Stimmung.“ Alle drei sind sie Mitglieder des Präsidiums des Deutschen Evangelischen Kirchentags: Die Juristin und Autorin Beatrice von Weizsäcker, der Europaabgeordneten Sven Giegold (Grüne) und der Menschenrechtler Ansgar Gilster. Ihre Petition „Erst stirbt der Mensch, dann das Recht!“ kämpft gegen die Abschottungspolitik, sie richtet sich an die EU-Mitgliedstaaten und auch an die Kirchen.
Die Initiatoren fordern die Regierungen dazu auf, den Flüchtlingsschutz nicht weiter zu gefährden und stattdessen Fluchtursachen zu bekämpfen, internationales Recht und eine Politik der Mitmenschlichkeit und Solidarität zu wahren: „Es ist völkerrechtswidrig, Menschen in Seenot nicht zu retten. Es ist unverantwortlich, Menschen monatelang in Lagern festzuhalten, andere Staaten für die Abwehr von Flüchtlingen zu bezahlen und gefährliche Herkunftsstaaten für sicher zu erklären.“
Von den Kirchen fordern die Initiatoren, dass sie die Menschenwürde verteidigen ohne politische Rücksichtnahme. Sie sollen Schutzsuchende in Unterkünften besuchen, mit Helferinnen und Helfern sprechen, engagierte Einrichtungen stärken. In der Forderung der Initiatoren schwingt mit: Ihr habt zu wenig gesagt, zu wenig gemacht.
Drei leitende Geistliche der evangelischen Kirche haben bereits unterzeichnet, als sei ihnen bewusst, dass ihre Kirche bislang zu oft geschwiegen hat: Die Bischöfin der Mitteldeutschen Kirche, Ilse Junkermann; der leitende Geistliche der Evangelischen Kirche im Rheinland, Präses Manfred Rekowski, der auch seine Facebook-Follower motivierte zu unterschreiben; und der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, Bischof Heinrich Bedford-Strohm, der auch in einem Webinar am 29. August um 20 Uhr zur Diskussion einlädt. Mehr als 500 Personen haben sich bereits angemeldet. Weitere Unterstützer sind der CDU-Politiker und frühere Bundesarbeitsminister Norbert Blüm und DGB-Chef Reiner Hoffmann.
Was motiviert Beatrice von Weizsäcker? Manche Menschen seien ausländerfeindlich, obwohl es bei ihnen keine Ausländer gibt, sagt sie. Sie glaubten, Flüchtlinge würden bei Sozialleistungen bevorzugt. „Man muss sich Zeit für die Sorgen der Menschen nehmen. Demokratie ist anstrengend – ein differenzierter Blick ist essenziell.“
Innerhalb von fünf Wochen haben über 100.000 Personen auf der Plattform change.org unterschrieben. Das zeige deutlich, wie die Gesellschaft auch ist: nicht fremdenfeindlich, sondern hilfsbereit, sagt von Weizsäcker. Die Petition hat keine Deadline. Die drei Mitglieder des Präsidiums wollen sie dem Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland, den Leitungen der Landeskirchen und dem Vorsitzenden der deutschen Bischofskonferenz, Reinhard Kardinal Marx, überreichen.
Das Ziel: 150.000 Unterstützer. „Wir haben keinen Besitzanspruch auf die Petition. Sie gehört allen Unterstützern.“ Weizsäcker macht eine Pause. „Dann ist es wie eine Bewegung.“ Luisa Willmann
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