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geht’s noch?Die Kirche und die AfD

Der evangelische Landesbischof von Hannover sagt in einem Interview, Christ und AfD-Mitglied zu sein schließe sich nicht aus. Lieber Gott, kannst du da nicht einschreiten?

Lieber Gott, was geht ab? Dein Angestellter Ralf Meister, der evangelische Landesbischof von Hannover, schwallt entsetzliche Scheiße: Christ und AfD-Mitglied zu sein schließe sich nicht aus. Auf dem Papier hat er natürlich recht: „Gläubige“ Nazimörder gab es schon im Dritten Reich zuhauf. Aber ist es das, lieber Gott, was du willst?

In der Neuen Osnabrücker Zeitung (NOZ) ergänzt dein sauberer Spezl paradox: „Was nicht funktioniert, ist, Christ zu sein und sich antisemitisch, menschenverachtend, ausgrenzend, rassistisch zu äußern oder andere Menschen öffentlich und in Onlinenetzwerken zu beleidigen.“ Homophobie hat er ver­gessen – ein Schelm, der Böses dabei denkt.

Nun, (in der Folge ohne „lieber“) Gott, dann schlagen wir deinen Sendboten auf Erden am besten mit den eigenen Waffen und reiben ihm dein Buch (super Plot btw!) unter die Nase, bis sie blutet. Im ersten Buch Mose 18,22–33 suchen irgendwelche Peers von dir in der Stadt Sodom, die offenbar in der Mehrzahl von Arschlöchern bewohnt ist, nach sogenannten Gerechten, um sie vor deinem Zorn in Sicherheit zu bringen, der nämlich die ganze Spackenmetropole in die Luft zu sprengen droht. Sie finden aber gerade mal einen, Kot oder so. Und ähnlich wie in Sodom wäre das Ergebnis bei der AfD, wendete man Meisters obige Kriterien an. Da blieben circa zwei Hanseln übrig, die dachten, sie hätten beim ADAC unterschrieben.

Da ist sogar der Präsident von Eintracht Frankfurt weiter, der AfD-Wählern die Mitgliedschaft verweigern will – Gott, das ist ein Fußballverein! Sexismus und Rassismus geben sich auf der Tribüne traditionell die Tröte in die Hand, und trotzdem schafft der auszusprechen, was dein Bischof nicht über sich bringt, weil er bloß keinen zahlenden Kunden verlieren will. Was er in der Folge aber trotzdem tut, denn sein irrer Spagat ist ja für andere Gläubige auch Antiwerbung. Wasch mir den braunen Pelz, aber mach mich nicht nass: Das funktioniert nicht. Kannst du ihm das vielleicht mal stecken, Gott?

„Ich bin sehr behutsam zu sagen: ‚Mit denen reden wir nicht‘ “, sagt der Bischof in der NOZ, was sich liest wie von Google Translate aus dem Englischen übersetzt. Reden gerne, aber nach dem Austritt.

Gott, kannst du nicht bitte die Frau Käßmann aus dem Ruhestand zurückholen. Die war doch nüchtern immer ganz vernünftig, und wenn mal ausnahmsweise nicht, dann wusste man wenigstens, woran es lag.

Uli Hannemann

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