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Klimawandel, Leugnung und WissenschaftVon „wütendem“ Wetter bis Elitenplan

Die Folgen der Klimakrise sind unübersehbar. Doch Pseudo-Fakten und politische Verdrängung blockieren den Wandel.

Feuer in Los Angeles: „Es wird langsam kälter“, verspricht der künftige US-Präsident Foto: Jae C. Hong/ap/dpa

Ob Dürren, sintflutartige Regenfälle oder Waldbrände. Die Folgen der Klimakrise zeigen sich immer häufiger, kommen immer näher. Angesichts dieser neuen Normalität könnte man meinen, dass auch der letzte den Ernst der Lage erkannt hat und Klimaleugnung endgültig im Museum kurioser Irrungen angekommen ist.

Dem ist nicht so. Mit Corona hat es auch der Klimawandel geschafft, von einem simplen wissenschaftlichen Befund zu einem politisch aufgeladenen Kampfbegriff zu mutieren. Auf Social Media wird das „Konzept“ der globalen Erwärmung, ähnlich wie die „Covid-Pandemie“, zu einem heimlichen Eliteprojekt umgedeutet,

Mit dem Ziel, die Freiheit unbescholtener Bürger einzuschränken. Interessant ist, je klarer die Krise, desto verzweifelter flüchten sich die Anhänger dieser Theorie in die kognitive Dissonanz, nach dem Motto: Es kann nicht sein, was nicht sein darf. Die Wahrheit wird verblendet, Tatsachen verdreht und mit Pseudo-Fakten argumentiert.

Auf Plattformen wie X, ein Sammelbecken aller „kritischen Geister“, finden sich unter jedem Klima-Post die immer gleichen Wirrungen und Nebelkerzen: Klimawandel gab’s schon immer, CO2 ist das Lebenselixier der Pflanzen oder: Früher war es auch mal warm. Schließlich bedeute Grönland „grünes Land“, auf dem sogar Wein angebaut wurde, wie der mittlerweile geschasste FPÖ-Politiker HC Strache mal behauptete.

Die Erkenntnis, dass das Weltklima natürlichen Schwankungen unterworfen ist, was das beliebteste „Gegenargument“ der Klimaskeptiker ist, haben sie der gleichen Wissenschaftsdisziplin zu verdanken, die seit Jahrzehnten, in immer drastischeren Appellen darauf hinweist, dass wir ein großes Problem haben.

Dass das Klima im steten Wandel begriffen ist, hatte oftmals mit dem gleichen Molekül zu tun, das uns auch heute vor Probleme stellt. Diese Ironie prallt an der Szene natürlich souverän ab.

Das „wütende Wetter“

Wozu sich um ein paar Unverbesserliche kümmern? Ist die übergroße Mehrheit der Gesellschaft nicht immun für solche Gedankenspiele? Umfragen lassen einen solchen Eindruck zu. Doch liegt in Deutschland mit der AfD eine stramme Klimaleugnerpartei kurz vor der Wahl auf Platz 2. In vielen EU-Ländern gewinnen Rechtspopulisten, in denen die Leugnung unliebsamer Tatsachen zum Standardrepertoire gehört, dazu.

In den USA zieht mit Donald Trump die leibhaftig gewordene Ignoranz erneut ins Weiße Haus ein. Das mächtigste Amt der Welt wird von einem Mann bekleidet, der „Drill, baby, drill“ zu einem offiziellen Wahlkampfslogan ausgerufen hatte. In Zeiten, in denen ganze Bundesstaaten unter Wasser stehen und Waldbrände ganze Städte verwüsten, will man das „schwarze Gold“ umso schneller aus dem Boden holen.

Das fossile Imperium gibt sich noch längst nicht geschlagen. Es hat in der menschlichen Ignoranz einen mächtigen Verbündeten gefunden. Doch wird die Einsicht früher oder später kommen. Dem „wütenden Wetter“, wie die Klimaforscherin Friederike Otto es nennt, ist es egal, wo du wohnst, ob du arm oder reich bist, oder ob du daran glaubst. Früher oder später wird es jeden treffen.

Oder wie ein Nutzer auf X die Waldbrände in Kalifornien kommentierte: „Der Klimawandel zeigt sich uns als eine Abfolge von Katas­trophen, die wir durchs Handy betrachten und die immer näher kommen, bis wir selbst die sind, die sie filmen.“

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11 Kommentare

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  • Unbemerkt von der Öffentlichkeit wird in Reichling in Oberbayern der Bohrplatz für die erste Probebohrung im Konzession Gebiet Lech bereits hergerichtet. Der zweite Bohrplatz ist schon ausgewählt, und liegt genehmigumgsfähig dem Bergamt Südbayern vor, laut Pressemitteilung vom 14.1 2025 von MCF Energy. Niemand weiß wo das ist und etliche weitere Gasbohrungen sollen folgen zwischen Lech und Ammersee.



    Jetzt zu Wahlkampfzeiten wird die Angelegenheit besonders laut tot geschwiegen von den Medien. Auch die Taz scheint nicht zu interessieren was im Süden der Republik passiert.



    Mit Voll.Gas in die Klimakatastrophe.

  • Bis auf vielleicht in einigen Punkten die LINKE, gibt es keine Partei in Deutschland, die sich für konsequenten Klimaschutz, eine Abkehr vom Wachstum, eine Reduzierung unseres Konsums und der Produktion, das Teilen, Reparieren und Wiederverwenden von Produkten einsetzt.



    Das würde das Ende des Kapitalismus bedeuten. Das einzige Wachstum dürfte es bei den Erneuerbaren Energien geben, aber alles andere müßte Schrumpfen: unsere private Mobilität mit dem Auto und Flugzeug, unsere persönlich genutzt Wohnfläche (wenn sie 50m2 pro Kopf übersteigt) unser Fleischkonsum.



    Das ist utopisch und für viele auch eine erschreckende Vorstellung, weil sich ein Großteil der Menschen über Konsum von Dingen und Erlebnissen definiert und Politiker Sorge um die Stabilität der Gesellschaft haben.



    Obwohl es das VERNÜNFTIGE zu tun wäre, um mit 8 Mrd. Menschen innerhalb der planetaren Grenzen zu bleiben, gibt es keine Konzepte dazu, wie es umzusetzen und Menschen davon zu überzeugen wären.



    Das Leugnen erscheint mir da wie ein Schutzreflex nach dem Motto: Wir schaffen es sowieso nicht uns zu retten, dann lieber gleich ganz leugnen, um die kognitive Dissonanz nicht zu groß werden zu lassen.

  • Zitat: Den „wütenden Wetter“, wie die Klimaforscherin Friederike Otto es nennt, ist es egal, wo du wohnst, ob du arm oder reich bist, oder ob du daran glaubst. Früher oder später wird es jeden treffen.

    Das stimmt nicht ganz.



    Es macht einen enormen Unterschied, wo jemand lebt und wie viel finanziellen Spielraum man hat. Das war schon bei Corona so. Ja alle waren betroffen, aber nicht im gleichen Maße, manche haben gar profitiert. Das wird auch beim Klimawandel nicht anders sein. Wir sitzen nicht alle im selben Boot.

  • Schon nicht schön. Aber auch nicht sehr verwunderlich, wurden und werden wissenschaftliche Forschungen und Arbeiten oft genug selektiv und verkürzt medial aufbereitet um ins progressive Weltbild zu passen (oder um die Auflage zu steigern), Mutmaßungen und Modelle werden als feststehende Fakten verkauft, etc. pp. Damit werden unnötig Angriffpunkte geboten, die andere dann weidlich ausnutzen

  • „Diese Menschheit ist nichts weiter als



    eine Hautkrankheit des Erdenballs."



    (Erich Kästner)

    • @starsheep:

      Auch als Cartoon im Netz



      Humor mit Hirschhausen:



      "Treffen sich zwei Planeten. Fragt der eine: „Du siehst ja übel aus, was ist denn mit dir los?“ „Ach ich glaub, ich hab Homo sapiens.“ „Ach so, keine Sorge, das geht vorüber.“



      Ein kosmischer Witz, bei dem einem das Lachen im Hals stecken bleibt."



      Bei tagesspiegel.de

      Btw die Haut gilt vielfach als "Spiegel der Seele"

  • Das "Peter-Prinzip" scheint leider auch für den westlichen Kulturkreis zuzutreffen.

  • Der Klimawandel läßt sich nur bewältigen wenn die Menschheit, alle Nationen, zusammen arbeiten, an einem Strang ziehen. Das können Rechte nicht und werden sie auch nicht. Möglicherweise reicht es noch zum Klimawandelfolgenschutz, aber der nutzt bei 3 Grad Erwärmung auch nichts mehr. So können wir uns heute schon bei den Rechten für unseren Untergang bedanken, den der kommt unweigerlich, wenn nichts geschieht.

  • Wurde hier oder wurde in der Rundschau von privaten Feuerwehren berichtet, die in LA zum Schaden der Allgemeinheit exklusiv die Anwesen der zahlungskräftigen Kunden schützten?

    Es ist noch nicht egal, "ob du arm oder reich bist". Wer die AfD wählt, sorgt mit dafür, dass sich das ändern wird. Und das ist nichts Gutes. Wenn der Klimawandel erst so zuschlägt, dass ein Freikaufen nicht mehr möglich ist, wird es für alle gefährlich.

  • Mich wird es nicht treffen. Ich kämpfe gegen den Ökozid.

    Doch wenn ich ableben sollte, und eine höhere Macht fragt mich, was ich für den Planeten oder für die Menschheit getan habe, darf ich dem höheren Wesen nicht mit 'Nichts' oder 'Weiß ich nicht' entgegnen.

    Diese höheren Wesen können auch Opfer des späten 21. Jahrhunderts sein, die in ihren Gedanken formulieren, warum wir im spätem 20. Jahrhundert oder frühen 21. Jahrhundert nichts unternommen haben. Nein, diese Bürde erspare ich mir.

  • "Das fossile Imperium gibt sich noch längst nicht geschlagen. Es hat in der menschlichen Ignoranz einen mächtigen Verbündeten gefunden."



    Ein Pyrrhussieg des ancienten fossilen Imperiums in der Überdehnung und am Rande des Platzens, denn der Schuss geht ganz sicher nach hinten los.



    Deshalb gibt es Fantasien u. Szenarien zu Flucht u. Ausbruch für die MilliardärInnen.



    Wissenschaft zu diskreditieren war das Rezept von Trump incl Entourage in vielerlei Hinsicht.



    /



    www.tagesspiegel.d...-nr-1-9854222.html



    /



    mdr.de



    "Was also wird nach dem 20. Januar 2025, nach der Amtseinführung, geschehen?



    Trumps Spender wollen, dass eine während der Obama-Jahre verfasste offizielle Erklärung der Umweltbehörde EPA (wesentlicher Inhalt: Kohlendioxid-Ausstoß schadet der Gesundheit), die die Grundlage der meisten amerikanischen Klima-Gesetze ist, wieder ausradiert wird. Trumps Helfer gehen davon aus, dass damit das politische Hin und Her in Klimadingen enden wird, weil..."

    2017 deutschlandfunkkultur.de



    ❗"Trump sei Dank!



    Der amerikanische Mephisto (...)



    Wie ein Mephisto habe er ungewollt dafür gesorgt..."