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Sky-Doku „Das Nazi-Kartell“Tiefe Verstrickungen eines Nazis

„Das Nazi-Kartell“ zeigt, wie ein NS-Kriegsverbrecher im Kokainhandel mitmischte. Ein selten bearbeiteter Aspekt der deutschen Nachkriegsgeschichte.

Die Drahtzieher hinter dem „Kokainstaat“: Roberton Suarez (l.), Klaus Barbie (m.) und DEA-Agent Michael Levine Foto: SKY

Eine Serie über Kokainhandel in Südamerika? Klingt langweilig vertraut. „Das Nazi-Kartell“ setzt aber einen neuen Schwerpunkt und ist dadurch wirklich sehenswertes Infotainment. In drei Folgen behandelt die Doku-Serie die Verstrickungen des NS-Kriegsverbrechers Klaus Barbie, der in den 1970er und 1980er Jahren am Aufbau des industriellen Kokainhandels in Bolivien beteiligt war.

Der ehemalige Gestapo-Chef von Lyon hatte sich nach dem Krieg nach Bolivien abgesetzt, wo er bis zu seiner Enttarnung unter dem Namen Klaus Altmann lebte. Neben dem „Schlächter von Lyon“ sind der bolivianische Geschäftsmann Roberto Suárez, der zu dieser Zeit den Großteil des weltweiten Kokainhandels kontrollierte, und Michael Levine, Undercover-Agent der US-Drogenbehörde DEA, Protagonisten der Serie.

Levine berichtet dabei selbst von seinen jahrelangen Ermittlungen im Milieu. Die beeindruckende Bandbreite an Zeit­zeu­g*­in­nen und In­ter­view­part­ne­r*in­nen zeichnet die Serie aus: ehemalige DEA-Agenten, die Journalistin Beate Klarsfeld, die die wahre Identität von Klaus Barbie enthüllte, eine ehemalige Klassenkameradin von Barbies Tochter. Sogar Suárez’ Sohn und Schwiegersohn geben seltene Einblicke in die oberste Riege der Kokainindustrie.

Gemischt werden diese Passagen mit nachgespielten Szenen, Originalaufnahmen und Einblicken in die Recherchearbeit. So schafft die Serie Nähe und kann auf eine Erzählstimme verzichten.

die doku

„Das Nazi-Kartell“

3 Folgen

bei Sky/Wow

Mit dieser Spurensammlung zu den Verbrechen von Klaus Barbie thematisiert „Das Nazi-Kartell“ nicht nur einen zu selten bearbeiteten Aspekt der deutschen Nachkriegsgeschichte – die Machenschaften von NS-Verbrechern in Lateinamerika. Sie vermittelt auch Eindrücke vom politischen Geschehen Boliviens in den 1970er und 1980er Jahren, geprägt von Umbrüchen und dem Militärputsch von 1980. Diese Serie ist weder sensationslüstern noch trocken wie Geschichtsunterricht, sie ist schlicht: guter Journalismus.

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2 Kommentare

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  • Ich frage mich bei diesem Artikel einmal mehr welche gesellschaftliche Relevanz ein Produkt hat, dass nur Abonnenten des Anbieters zugänglich ist.



    Und damit, ob eine Berichterstattung in der TAZ gerechtfertigt ist.

    Anders als bei einem Kinofilm, der ja von diversen Kinos gezeigt wird oder ein Buch, dass in vielen Buchhandlungen zu haben ist ist diese Serie ja nur bei einem einzigen Anbieter und dann auch noch nur im Rahmen eines Abos zugänglich.



    Ich finde dass zumindest ein Hinweis im Fließtext angebracht wäre.

  • Schon nach dem Riesenkinofilm mit dieser Marketingwoge neulich traue ich Barbie alles zu.

    Und wer "Fliegerschokolade" kannte, dem war Kokain doch Peanuts.