Juso über Veranstaltung der Bremer CDU: „Herrn Ostermann einzuladen ist keine Kleinigkeit“
Die Jusos fordern, dass die CDU eine Veranstaltung mit dem Bundespolizeigewerkschafter Manuel Ostermann absagt. Der ist für rassistische Posts bekannt.

taz: Frau Arpaz, die Bremer Jusos fordern die Absage der CDU-Veranstaltung mit Manuel Ostermann. Sie sprechen davon, dass rassistischer Hetze eine Bühne geboten wird. Was genau kritisieren Sie an dieser Einladung?
Selin Ece Arpaz: Wir halten es für falsch und gefährlich, einem Rechtspopulisten wie Herrn Ostermann eine Bühne zu geben – und das auch noch im Haus der Bremischen Bürgerschaft. Das ist nicht nur mit demokratischen Grundwerten unvereinbar, sondern auch ein fatales Signal an die Gesellschaft. Die Veranstaltung ist auf eine scheinbar banale Frage ausgerichtet – Migration und Sicherheit –, aber mit dem eingeladenen Gast ist doch schon vorher klar, welche Botschaft am Ende stehen wird: Ausländer raus. Das ist inakzeptabel.
taz: Was soll diese Veranstaltung so gefährlich machen – über die Person Ostermann hinaus?
Arpaz: Solche Veranstaltungen tragen massiv dazu bei, den gesellschaftlichen Diskurs zu verschieben – und zwar nach rechts. Sie normalisieren rassistische Narrative, indem sie Fremdenfeindlichkeit als legitime Meinung inszenieren und Rassismus salonfähig machen. Wenn Sicherheit plötzlich bedeutet, Schutzsuchende auszugrenzen, wird das zu einer ernsthaften Gefahr für unsere demokratische und plurale Gesellschaft.
taz: Sicherheit ist ein zentrales Thema im öffentlichen Diskurs – auch für viele Wähler:innen. Wie stellen Sie sich denn eine sachliche Sicherheitsdebatte vor?
Arpaz: Eine sachliche Debatte muss Ursachen differenziert betrachten – ohne pauschale Schuldzuweisungen an bestimmte Gruppen. Wenn es etwa um Gewalt geht, darf man nicht einfach sagen: „Das liegt an der Herkunft.“ Stattdessen müssen wir über soziale Ursachen, psychologische Versorgung und strukturelle Probleme sprechen. Und wir sollten auch nicht vergessen: Gewalt gegen Frauen, Femizide etwa, sind ein gravierendes Sicherheitsproblem, das erschreckend wenig Aufmerksamkeit bekommt. Sicherheit darf nicht selektiv definiert werden.
taz: Das Thema Sicherheit führt direkt zur Migrationspolitik, die die SPD entschieden mitträgt. Wie passt das zur Linie der Partei?
Arpaz: Das passt gar nicht. Genau deshalb fordern wir als Jusos ein Umdenken. Die SPD muss sich wieder an ihre Grundwerte erinnern. Sie darf nicht mit dem Strom schwimmen, nur weil es gerade politisch opportun scheint. Politik hat nicht nur die Aufgabe, Stimmungen aufzugreifen, sondern auch, Haltung zu zeigen – gerade dann, wenn es schwierig wird.
taz: Wie bewerten die Jusos den in diesem Kontext den Koalitionsvertrag – insbesondere in den Bereichen Asyl, Migration- und Sicherheitspolitik?
Arpaz: Wir haben den Vertrag sehr kritisch kommentiert und definieren uns als Kritikorgan der SPD. Vieles, was darin steht, können wir nicht mittragen – etwa die schärfere Gangart in der Asylpolitik. Vor der Wahl hat die SPD den restriktiven Kurs der CDU kritisiert, jetzt übernimmt man zentrale Punkte fast eins zu eins. Das ist enttäuschend und scheinheilig für Sozialdemokrat:innen. Eine Partei, die sich zu Menschenrechten bekennt, darf keine Reform wie das GEAS unterstützen, die Menschen an den EU-Außengrenzen entrechtet. Für uns ist klar: Humanitäre Verantwortung bedeutet auch, Haltung zu bewahren – und nicht dem rechten Druck nachzugeben.
taz: Die CDU hat bisher nicht öffentlich auf Ihre Kritik reagiert. Was erwarten Sie von der politischen Öffentlichkeit in Bremen?
Arpaz: Ich wünsche mir mehr Klarheit im Umgang mit solchen rechten Akteuren wie Herrn Ostermann. Ihn einzuladen, ist eine bewusste, politische Entscheidung – keine Kleinigkeit. Es braucht ein klares Zeichen, dass wir Rassismus nicht die Bühne überlassen. Die CDU hat sich bisher nicht geäußert – auch nicht zur massiven Kritik, die nicht nur von uns kommt, sondern auch von zivilgesellschaftlichen Organisationen und Polizeigewerkschaften. Es ist höchste Zeit, dass sie sich positioniert.
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