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Zweites KonjunkturprogrammBildung, Breitband und Beton

Mehr als ein Drittel der Konjunkturmilliarden fließen in ein staatliches Investitionsprogramm. Auch klamme Kommunen dürfen künftig bauen und sanieren.

In jeder Gemeinde eine Baustelle: Das zweite Konjunkturprogramm soll's möglich machen. Bild: dpa

Umwelt egal

Während für Sozialarbeiter an Schulen auch in diesem Konjunkturprogramm kein Geld da ist, lässt sich die Bundesregierung die Förderung des Autoabsatzes 1,5 Milliarden Euro kosten. Private Autobesitzer können nun bis zum Jahresende eine "Umweltprämie" beantragen, wenn sie ein mindestens neun Jahre altes Auto, das ein Jahr oder länger auf den Halter zugelassen war, verschrotten und sich zugleich einen Neu- oder Jahreswagen kaufen und anmelden, der die Abgasnorm Euro 4 erfüllt - was alle Neufahrzeuge tun.

Eine Kopplung der Abwrackprämie, die es nun nur noch für ein Jahr geben soll, an den Kohlendioxidausstoß (CO2) eines Fahrzeuges ist nicht vorgesehen - eine umweltpolitische Lenkungswirkung der Prämie gibt es also nicht. Der alternative Verkehrsverband VCD spricht von einer "Umweltzerstörungsprämie", da die Automobilindustrie mit zu großen und nicht zukunftsfähigen Fahrzeugen weitermachen könne wie bisher.

Geplant ist nun, ein weiteres Projekt in Angriff zu nehmen, auf das sich Bund und Bundesländer bislang nicht einigen konnten: die Reform der Kfz-Steuer. Diese soll nach den Plänen der Bundesregierung "möglichst zum 1. Juli" auf den CO2-Ausstoß eines Fahrzeuges umgestellt werden. Der Steuertarif dabei soll linear sein und 2 Euro je Gramm CO2 pro Kilometer betragen - ein progressiver Steuertarif, der Halter von Spritschluckern mehr belasten würde, ist damit nicht vorgesehen. Geplant ist darüber hinaus, eine Basismenge von CO2-Ausstoß steuerfrei zu gestalten. Diese Menge, die bis 2011 genau 120 Gramm pro Kilometer beträgt, soll in den Folgejahren sinken.

Allerdings soll der CO2-Freibetrag nicht dazu führen, dass Fahrzeughalter gar keine Kfz-Steuer zahlen; deshalb ist eine Art Steuergrundbetrag vorgesehen, im Gespräch sind 50 Euro pro Fahrzeug. Autos, die vor dem 5. November 2008 erstmals zugelassen wurden, sollen ab 2013 in die CO2-Besteuerung überführt werden. ROT

BERLIN taz Was Jahrzehnte vernachlässigt wurde, macht die Krise nun möglich: Mit ihrem zweiten Konjunkturpaket steckt die Regierung Milliarden in die Sanierung von Kindergärten, Schulen und Hochschulen. Der Schwerpunkt der Ausgaben im Bildungsbereich soll dabei auf der energetischen Sanierung der Gebäude liegen. Für diese Maßnahmen, die unter anderem den Energiebedarf öffentlicher Gebäude senken und die Ausstattung der Bildungseinrichtungen verbessern, will der Bund 6,5 Milliarden Euro zur Verfügung stellen. Ursprünglich hatte Bundesbildungsministerin Annette Schavan (CDU) allerdings von 15 Milliarden Euro für die Bildung gesprochen. Die Hälfte des Geldes soll noch in diesem Jahr verbaut werden, die Bundesländer müssen für ein Viertel der jeweiligen Bausummen aufkommen. Finanzschwachen Kommunen soll der sonst übliche Eigenanteil erlassen werden können.

Zur Förderung der kommunalen Infrastruktur stellt der Bund 3,5 Milliarden Euro zur Verfügung. Damit können die Städte und Gemeinden Krankenhäuser sanieren, den Städtebau fördern oder die Lärmsanierung von kommunalen Straßen vornehmen. Die zusätzlichen Ausgaben des Bundes für den Ausbau und die Sanierung von Bundesverkehrswegen - das sind Bundesstraßen und Autobahnen, Schienen und Kanäle - belaufen sich auf 2 Milliarden Euro.

Noch unkonkret sind die Pläne, allen Bürgern leistungsfähige Internetanschlüsse zur Verfügung zu stellen. Das Ziel ist, bis Ende 2010 alle bislang nicht versorgten Gebiete mit Breitbandanschlüssen abzudecken, bis 2018 sollen alle Haushalte Anschlüsse mit Übertragungsraten von mindestens 50 Megabit pro Sekunde erhalten. Konkrete Pläne, vor allem zur Finanzierung, will die Bundesregierung bis Mitte Februar vorlegen.

Neben der Sanierung der Infrastruktur will die Regierung auch Unternehmen direkt unter die Arme greifen. Dafür steht das Kredit- und Bürgschaftsprogramm, das auf eine Idee des nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten Jürgen Rüttgers (CDU) zurückgeht, der einen sogenannten Deutschlandfonds ins Gespräch gebracht hatte. Allerdings hilft der Staat nur bei der Kreditversorgung der Wirtschaft, die durch die Bankenkrise gefährdet ist; mögliche Beteiligungen an Unternehmen, die ursprünglich von der Union ins Gespräch gebracht worden waren, sind nicht vorgesehen.

Die konkreten Maßnahmen sind ein Sonderprogramm der staatseigenen KfW-Bank, für das 15 Milliarden Euro zur Verfügung stehen und das vor allem dem Mittelstand zugutekommen soll. Analog dazu wird ein Sonderprogramm für Großunternehmen aufgelegt; dafür stellt der Bund - inklusive weiterer staatlicher Bürgschaftsinstrumente für Unternehmen - insgesamt 100 Milliarden Euro bereit.

Darüber hinaus profitieren die Unternehmen - und ihre MitarbeiterInnen - von den Maßnahmen zur Beschäftigungssicherung. In den Jahren 2009 und 2010 werden den Arbeitgebern bei Kurzarbeit, die bereits verlängert wurden, die von ihnen zu tragenden Sozialversicherungsbeiträge zur Hälfte durch die Bundesagentur für Arbeit erstattet. Für Qualifizierungszeiten während der Kurzarbeit können die Arbeitgeber den vollen Anteil der Sozialversicherungsbeiträge bekommen.

Außerdem plant die Bundesregierung die Ausweitung von Arbeitsmarktprogrammen. Für Hartz-IV-Empfänger sollen für die Jahre 2009 und 2010 zusätzlich 1,2 Milliarden Euro für Qualifizierungsmaßnahmen zur Verfügung stehen. Weitere 770 Millionen Euro dafür soll die Bundesagentur für Arbeit aufbringen, insbesondere für Arbeitnehmer über 25, die keinen Berufsabschluss haben, und für Jugendliche, die schon lange eine Lehrstelle suchen. Zudem werden weitere Arbeitsmarktprogramme aufgestockt. Außerdem sollen in den Arbeitsagenturen und Hartz-IV-Ämtern insgesamt 5.000 neue Stellen geschaffen werden.

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