Zweite Sammelabschiebung von Afghanen: 26 Männer in Kabul angekommen
Viele sprechen gut Deutsch, haben hier jahrelang gearbeitet. Manche haben Familie in Deutschland. All das hat sie nicht vor der Abschiebung bewahrt.
Einer der Passagiere konnte oder wollte das Flugzeug nicht verlassen. Afghanische Polizeibeamte sagten, der Mann sei krank. Ein Vertreter des Flüchtlingsministeriums sagte, die deutsche Seite sei „entgegenkommend“ gewesen und fliege den Kranken wieder nach Deutschland. Nach einer anderen Quelle ist die Entscheidung noch nicht gefallen.
Die afghanischen Behörden wussten bis zum Schluss nicht, wieviele Passagiere an Bord sein würden. Am Vortag standen auf einer Liste des Außenministeriums noch 14 Passagiere. Im Flüchtlingsministerium war von bis zu 45 die Rede. Wieso es weniger Ankömmlinge waren als erwartet, wurde nicht unmittelbar klar.
Am Flughafen warteten Vertreter der deutschen Botschaft, der afghanischen Polizei und mehrerer Ministerien. Vertreter der Internationalen Organisation für Migration boten den Ankömmlingen Unterkünfte für einige Tage sowie Transport zu ihrem Zielort an.
Im Gegensatz zu freiwilligen Rückkehrern, die bisher 700 Euro erhalten, bekommen abgeschobene Afghanen keine Unterstützung. Sie haben oft keine Möglichkeit, vor dem Flug Verwandte anzurufen. Laut einer Liste, die der Deutschen Presse-Agentur vorlag, kamen mehrere der jungen Männer aus Kabul und der westafghanischen Stadt Herat, andere aus den unsicheren Provinzen Logar, Kunar, Kapisa oder Wardak.
Auch Mitarbeiter einer von der deutschen Regierung unterstützten Nichtregierungsorganisation, die psychologische Unterstützung anbietet, waren in der Ankunftshalle.
Knapp 100 Menschen protestieren
Wie beim ersten Abschiebeflug im Dezember waren unter den Ankömmlingen junge Männer, die gut Deutsch sprechen und teilweise jahrelang Arbeit hatten. Badam Haidari (31) erzählte in gut verständlichem Deutsch, er habe sieben Jahre lang in Würzburg gelebt. Fünf Jahre und acht Monate davon habe er bei Burger King gearbeitet, „immer Vollzeit.“ Er habe nie Ärger gehabt. „Kein Klauen, kein Krieg mit irgendwem, keine Schlägereien.“ Haidari stammt aus der unsicheren Provinz Gasni. Dort finde er sicher keinen Job, sagte er. Trotzdem reise er jetzt erstmal dorthin. Nur dort habe er Familie.
Arasch Alokosai (21) aus Kabul sagte, er habe sechs Jahre in Nürnberg gelebt. Er habe einen Ausbildungsvertrag als Karosseriebauer in der Tasche gehabt, da sei „die Absage“ gekommen. Die Freundin sei im dritten Monat schwanger. Ramin Afschar (19), ebenfalls aus Kabul, sagte, er sei in Deutschland zur Berufsschule gegangen. Man habe ihm am Montagmorgen aus dem Bett geholt und in Handschellen abgeführt.
Unter den Abgeschobenen waren offenbar auch wieder Kriminelle, die ihre Strafe verbüßt haben. Ein junger Mann, der seinen Namen mit Mohammad Sarwari angab, sagte, er habe vier Monate wegen einer Schlägerei im Gefängnis gesessen.
Mehrere Passagiere riefen noch in der Ankunftshalle laut, dass sie sich bald wieder auf den Weg nach Deutschland machen würden.
Vor dem Abflug der Maschine hatten knapp 100 Menschen auf dem Frankfurter Flughafen gegen die erste größere Abschiebungsaktion in diesem Jahr protestiert. Abschiebungen in ein Kriegs- und Krisengebiet seien inhuman und unverantwortlich, erklärten Pro Asyl und der Paritätische Wohlfahrtsverband. Die Abschiebungen sind umstritten, weil sich in weiten Teilen Afghanistans Regierungstruppen und radikalislamischen Taliban bekämpfen und es immer wieder zu Anschlägen kommt.
Von den rund 250.000 in Deutschland lebenden Afghanen waren Mitte Dezember nach Angaben des Bundesinnenministeriums rund 11.900 ausreisepflichtig; von ihnen sind etwa 10.300 geduldet.
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