Zwei Wochen vor der Bürgerschaftswahl: Hamburgs Linke im Umfrage-Hoch
Laut Forschungsgruppe Wahlen käme die Linkspartei bei der Bürgerschaftswahl auf 9 Prozent. Vor wenigen Wochen kratzte sie noch an der 5-Prozent-Hürde.
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„Das Umfrageergebnis spiegelt die Besorgnis vieler wegen des Rechtsrucks wider“, sagt die Linke-Spitzenkandidatin Heike Sudmann. „Gleichzeitig ist es eine Anerkennung unserer Arbeit. Die Linke ist einfach notwendig.“ Die Fraktion ist seit 2008 kontinuierlich in der Hamburger Bürgerschaft vertreten.
Über ihre quirlige Oppositionsarbeit mit zahlreichen Anfragen und Anträgen berichten inzwischen auch bürgerliche Medien recht wohlwollend. Bestünde die Opposition nur aus CDU und AfD, wäre das Landesparlament um etliche Impulse ärmer.
Für die Umfrage hatte die Forschungsgruppe vom 10. bis 13. Februar 1.055 Wahlberechtigte befragt. Würde in Hamburg schon am kommenden Sonntag gewählt, käme die SPD zurzeit auf 32 Prozent, die Grünen auf 19 Prozent. Zusammen hätte Rot-Grün die absolute Mehrheit und könnte die vor zehn Jahren begonnene Koalition fortsetzen. Die CDU liegt mit 18 Prozent dicht hinter den Grünen. Die AfD käme auf 9 Prozent. Bei nur je 3 Prozent landen in der Umfrage die FDP, Volt und das BSW. Die sonstigen Parteien kämen zusammen auf 4 Prozent.
Steigende Umfragewerte auch im Bund
Die Linke hat in ihren Umfragewerten auch für die Bundestagswahl deutlich aufgeholt. Lag sie vor sechs Wochen noch bei 3,2 Prozent, sind es zuletzt 7 Prozent. Linke-Pressesprecher Ralf Dorschel spricht von einer beispiellosen Aufholjagd, die vor allem mit den Ereignissen im Bundestag zu tun habe, als Friedrich Merz das „Zustrombegrenzungsgesetz“ mit der AfD abstimmen ließ.
Die Rede, die Linke-Spitzenkandidatin Heidi Reichinneck an dem Tag im Bundestag hielt, habe seither über 20 Millionen Views auf Tiktok und Instagram erhalten. „Auf den Plakaten bei der Demo gegen rechts standen Sätze wie ‚Heidi sagt …‘“, erinnert der Sprecher.
Zudem verzeichne die Linke in Hamburg gerade einen beispiellosen Mitgliederzuwachs, vor allem von jungen Leuten unter 30. Dorschel: „Die wollen darüber reden, wie man das Klima rettet, und nicht, wie man Leute abschieben kann.“ Allein in den sechs Wochen vom 1. Januar 2025 bis zum 13. Februar habe sich die Zahl der Mitglieder von 2.103 auf 3.664 erhöht. „Wir haben 70 bis 100 Neueintritte jeden Tag“, sagt Dorschel. „Geht das so weiter, haben wir unsere Mitgliederzahl bis zur Wahl verdoppelt.“ Die Mitarbeitenden kämen mit der Aufnahme kaum hinterher.
Kein Mitleid mit der Konkurrenz
Besonders erfolgreich sei Anfang der Woche das „Techno-Tischtennis“ mit Reichinneck, Jan van Aken, Cansu Özdemir und Heike Sudmann gewesen, für welches die Partei die beiden Clubs „Beat Boutique“ und „Fundbureau“ gemietet hatte. Weil der Andrang zu diesem Wahlkampf-Event so groß war – über 2.500 Leute kamen –, habe man zusätzlich eine Bühne auf die Straße gestellt.
Noch im Europawahlkampf im Mai vorherigen Jahres sah die Lage etwas anders aus. Die Linke, die bei der letzten Hamburg-Wahl noch über 9 Prozent bekommen hatte, erhielt nur 5,1 Prozent der Stimmen. Das BSW kam ihr mit 4,9 Prozent gefährlich nahe. Zur Hamburger Konkurrenz durch das BSW sagt Dorschel: „Die haben sich um die Jahreswende so viel Mühe gegeben, sich öffentlich zu zerlegen, was soll man dazu noch sagen?“ Selber könne sich die Linke in Hamburg nun vorstellen, noch weiter zuzulegen und „zweistellig zu werden“.
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