Zwei Pandabären kommen nach Berlin: Schöne Aussichten in Schwarz-Weiß
Mit Pandas betreibt China Diplomatie. Ihr Pfleger hat die Pandabären bereits in Chengdu getroffen. Am Samstag fliegen Meng Meng und Jiao Qing ein.
Meng Meng und Jiao Qing heißen sie. Und zugegeben: Die vierjährige Panda-Dame und der siebenjährige Panda-Herr sind wirklich sehr niedlich. Am Samstag werden die zwei Luxusgeschöpfe von Chengdu nach Berlin geflogen – eine auf 15 Jahren angelegte Leihgabe der chinesischen Führung an den Berliner Zoo.
Ihr künftiger Pfleger Christian Toll durfte sie vor einer Woche in der Zuchtstation Chengdu im südwestlichen China bereits vorab sehen. „Das war schon ein besonderer Moment“, sagte der 34-Jährige aus Pankow nach einer seiner ersten Begegnungen.
„Er ist im Moment noch sehr ruhig und schläft viel“, so Tolls erster Eindruck von Jiao Qing (zu deutsch: Schätzchen). Sie sei „aufgeregter, aktiver, aber äußerst freundlich“, sagt er über Meng Meng (Träumchen). „Ich freue mich schon sehr auf die neue Aufgabe.“
Dabei wird die Aufnahme der zwei Pandas alles andere als ein Zuckerschlecken. Von ihrer Gattung her gehören sie eigentlich zur Gruppe der Fleischfresser. Doch sie mögen ausschließlich Bambus. Und davon auch nur bestimmte Sorten. Zehn bis zwölf Stunden knabbern sie an dem hölzernen Geäst und verputzen bis zu 50 Kilogramm am Tag. Und sind dabei verschwenderisch: Häufig spucken sie einen Großteil davon wieder aus, bevor sie den Saft wirklich herausgesogen haben. In Berlin soll der Bambus zunächst aus den Niederlanden geliefert werden. Gedacht wird aber auch an die Zucht von eigenem Bambus – eventuell im Tierpark im Osten der Stadt.
Pfleger belegt Backkurs
Als zusätzlichen Energieträger gibt es für Meng Meng und Jiao Qing sogenanntes Panda-Brot, eine Spezialmischung aus Mehl, Haferflocken und Erdnussöl. Gleich am zweiten Tag seines China-Aufenthaltes belegte Pfleger Toll daher einen Backkurs: „Damit sie auch mal was anderes zu Essen bekommen als Bambus.“
Pandas gähnen, recken sich und hopsen tapsig allenfalls ein paar Meter. Die Fortbewegung scheint ihnen nicht in die Wiege gelegt worden zu sein. Die meiste Zeit sind sie stattdessen damit beschäftigt, vor sich hin zu dösen oder an ihrem Bambus zu knabbern. Damit sie nicht nur faul herumliegen und für die Zoo-Besucher langweilig werden, wird es Tolls Aufgabe sein, sie mit speziellem Training auf Trab zu halten. Wenn Jiao Strenge VorgabenQing einfach nur schläft, muss er „etwas energischer“ werden, kündigt Toll bereits an. Dann gebe es zur Belohnung auch ein Stück Panda-Brot. Eine Vorliebe lässt Jiao Qing aber von selbst aktiv werden: Er badet gerne. Jetzt im Sommerwetter von Chengdu sogar täglich.
China stellt strenge Vorgaben für ihre Leihgabe. So muss Pfleger Toll und sein vierköpfiges Team regelmäßig Protokoll über den Zustand der beiden Pandas führen und sie der Zuchtstation in Chengdu übermitteln. Selbst über den Stuhlgang will die chinesische Seite informiert werden. Recht präzise Vorstellungen gab es auch beim Panda-Gehege. Insgesamt neun Millionen Euro musste der Berliner Zoo für das Panda-Gehege ausgeben. Nach einer Inspektion vor Ort ist der Zuchtexperte Yuan Bo aber voll des Lobes: „Sehr professionell.“
Am Samstag geht für den Berliner Zoo das Warten auf ein lang ersehntes Panda-Bärenpaar zu Ende. An diesem Tag landet eine Frachtmaschine aus China auf dem Flughafen Schönefeld. Erwartete Ankunft ist um 14 Uhr.
Für Tierschützer kommen mit den schwarz-weißen Bären Botschafter für den Artenschutz in die Hauptstadt. Sie sind aber auch diplomatische Vertreter auf vier Pfoten. Am 5. Juli sollen die Pandas erstmals der Öffentlichkeit präsentiert werden im Berliner Zoo.
China behandelt die Vergabe von Pandas wie eine Staatsaffäre. Nur an ausgewählte Tiergärten von „befreundeten Staaten“ werden sie verliehen. Und auch nur, wenn der Staats- oder Regierungschef persönlich darum bittet. Von „Panda-Diplomatie“ ist daher die Rede. Nach dem Tod von Baobao 2012, Berlins letztem Panda, bat Kanzlerin Angela Merkel im Herbst 2015 um zwei neue Exemplare. Nervosität ist daher in Chengdu spürbar. Nichts darf schiefgehen. Denn Präsident Xi Jinping will bei seinem Deutschlandbesuch am 5. Juli persönlich Kanzlerin Angela Merkel und dem Berliner Zoo die Bären übergeben. Als „Zeichen der Freundschaft“, wie es in China offiziell heißt.
Die Sache mit dem Sex
Zugleich lässt sich China die Leihgabe gut bezahlen. Eine Million Dollar Miete pro Jahr und Paar kostet sie. Und selbst der Nachwuchs bleibt Eigentum der Volksrepublik. Das Geld soll in China in den Artenschutz fließen. Der Berlin-Aufenthalt für Mengmeng und Jiao Qing ist auf 15 Jahre angesetzt, so der Vertrag. „Im Rentenalter dürfen sie wieder zurück in ihre Heimat“, sagt dessen bisheriger Pfleger Yin Hong, der sie beide aufgezogen hat. Etwas Wehmut ist aus seiner Stimme herauszuhören, als er auf seinen Zögling Jiao Qing blickt, wie er sich in seinem Freigehege faul auf den Rücken fallen lässt und über das Gras kugelt.
Sie sind ein Pärchen – aber sie sind sich fremd. Bisher lebten Meng Meng und Jiao Qing in getrennten Gehegen. „Pandas sind Einzelgänger“, erklärt Pfleger Yin Hong. Sie könnten nicht zusammen sein, weil sie sonst miteinander kämpfen würden.“ Auch in Berlin wird jeder sein Reich haben.
Im Berliner Zoo sollen sie sich aber kennen und hoffentlich dann auch „lieben“ lernen. Denn das ist die große Hoffnung: dass sie Nachwuchs erzeugen. Das könnte aber schwierig werden. Denn das Panda-Weibchen ist nur einmal im Jahr im Frühjahr für drei bis vier Tage fruchtbar und sendet dem Männchen entsprechend Duftsignale aus. Der Berliner Zoo plant für diese „heiße Phase“ ein „Date“. Durch einen „Kuschelzaun“ getrennt sollen sie sich dann näherkommen und aneinander gewöhnen. „Da ist natürlich gewisser Druck dahinter“, räumt Tierpfleger Toll ein.
Ein Mittel, das in Erwägung gezogen wird: „Panda-Pornos“. Den Sexmuffeln werden Videos gezeigt, in denen sich andere Pandas paaren. „Ja, sie schauen sich das tatsächlich an“, beteuert Panda-Experte Yin Hong. „Wenn sie es mögen, schauen sie länger hin. Wenn nur kurz, dann denken sie vielleicht: Ich weiß eigentlich schon, wie es geht.“
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