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Zweckentfremdung verschärftEnteignung ist möglich

Vermieten ja, aber nicht als Ferienwohnung. Das ist der Tenor bei der Verschärfung des Gesetzes von Stadtentwicklungssenatorin Katrin Lompscher (Linke).

Ist noch Platz, oder? Foto: Rene Zieger/Ostkreuz

„Mein Zuhause in bunt“, heißt es in einer groß angelegten Plakatkampagne des Vermietungsportals Airbnb. „Warum lande ich in einer Grauzone, wenn ich es teile?“

Ab sofort können Plakate wie diese eingestampft werden, denn Stadtentwicklungssenatorin Katrin Lompscher (Linke) kommt den Home-Sharern entgegen. Künftig darf jeder seine Wohnung sechzig Tage im Jahr vermieten, auch über Plattformen wie Airbnb. Voraussetzung ist allerdings eine Registrierung beim zuständigen Bezirksamt. Eine „lebensnahe Regelung“ nennt Lompscher das.

Tatsächlich war im 2014 verabschiedeten Gesetz gegen Zweckentfremdung nicht zwischen Home-Sharern, die zum Beispiel ihre Wohnung vermieten, wenn sie in die Ferien fahren, und gewerblichen Anbietern von Ferienwohnungen unterschieden worden. In der Novelle des Gesetzes, die der Senat zur Kenntnis genommen hat und das bis nächsten Mai verabschiedet werden soll, ist dies nun anders. Doch neben der Lockerung für Home-Sharer gibt es auch Verschärfungen. „Wir wollen die behördlichen Eingriffsmöglichkeiten ausweiten“, sagte Lompscher bei der Vorstellung des Gesetzesentwurfs am Mittwoch.

Das betrifft vor allem den spekulativen Leerstand. Hier soll die Einsetzung eines Treuhänders, zum Beispiel eine landeseigene Wohnungsbaugesellschaft, möglich sein, wenn sich der Eigentümer weigert, leerstehende Wohnungen zu vermieten. Setzt der Treuhänder eigene Gelder ein, um etwa Fenster zu reparieren, kann er das beim Eigentümer geltend machen. „Die ausgegebenen Mittel werden ins Grundbuch eingetragen“, betonte Lompscher. Es könne auch sein, dass da so viel reingesteckt werde, „dass der Besitz dauerhaft an den Treuhänder übergeht“. De facto ist das die Möglichkeit einer Enteignung, auch wenn Lompscher selbst das nicht so nennen möchte.

Weitere Verschärfungen betreffen den Zeitraum, in dem eine Wohnung nach Auszug eines Mieters leer stehen darf. Dieser wurde von sechs auf drei Monate verkürzt. Insgesamt wurden seit der Verabschiedung des Zweckentfremdungsverbots 7.000 Wohnungen wieder dem Wohnungsmarkt zugeführt, darunter 3.700 ehemalige Ferienwohnungen, betonte Lompscher.

Der Berliner Mieterverein unterstützt den Gesetzesvorstoß. Damit würden Defizite des bisherigen Gesetzes beseitigt und mit dem Treuhänder auch eine Eingriffsmöglichkeit für besonders renitente Gebäudeeigentümer geschaffen. Auch die Weitervermietung selbst genutzter Wohnungen befürwortet Mietervereins-Geschäftsführer Reiner Wild: „Nach unserer Auffassung sollten bis zu drei Monate möglich, aber genehmigungspflichtig sein“, erklärte Wild.

Auch der von Airbnb finanziell unterstützte Home-Sharing Club lobte die Gesetzesnovelle. Airbnb selbst bekam es am Mittwoch mit dem Medienrat der Medienanstalt Berlin-Brandenburg zu tun. Der hat die Ausstrahlung von Werbespots bei zwei Berliner Radiosendern beanstandet. Diese verstießen gegen das Verbot der politischen Werbung im Rundfunk, erklärte der Medienrat am Mittwoch.

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5 Kommentare

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  • Auch das neue Gesetz geht offensichtlich nicht auf die Bestandsfälle ein und dürfte daher genauso verfassungswidrig sein, wie das bisherige Gesetz. Zweckentfremdung, Mietpreisbindung, Vorkäufe und wahrscheinlich auch der Mietspiegel stehen auf der Kippe. Super Leistung des Senates.

    • @DiMa:

      Frau Lompscher scheint gedanklich und im Denken über Bürgerrechte nicht über Ihre Zeit in der DDR und ihre Mitgleidschaft in der SED hinweggekommen sein. Es wird fröhlich weiter der "Staatssozialsmus" propagiert. Enteignung der bösen Kapitlisten zur Schaffung einer sozialistischen Gesellschaft, wie es scheint, ist das Ziel.Es ist schon etwas deprimierend mit anzusehen, wie die SPD und ihr scheinbar nicht wirklich regierender Bürgermeister diesem ultra-linken und sehr wahrscheinlich rechtswidrigen Treiben zusieht. Frau Lompscher ist einfach die flasche Person in der falschen Position und wäre in der freien Wirtschaft schon entlassen worden. Nur in der berliner Politik, da haben GRÜNE und LINKE offensichtlich Narrenfreiheit.

      • @Berlin liebt Wolkenkratzer:

        Wenn Lompscher "ultra-links" wäre, gäbe es ganz schnell extrem viele Enteignungen.

      • @Berlin liebt Wolkenkratzer:

        Ich kenne den Wohnungsmarkt in Berlin nicht sehr genau. Sicherlich ein Fehler in der Sache.

        Wenn ich mich aber streng auf Ihre Worte beziehe, finde ich es besser, wenn für s.g. Normalowohnungssuchende etwas getan wird, als für Renditegeier, die zB beim Firmenverkauf (geht auch am Haus ) nur 5% der eingenommenen Kaufsumme versteuern müssen.

        Beides hat mit Sozialismus nichts zu tun.

  • Was ist mit der beliebte monatsweisen möblierten Vermietung zu Horrorpreisen?

     

    Weiter erlaubt? Oder Zweckentfremdung?