Zwangsbeweihnachtung vor Gericht: Oh, du Schreckliche!
Erstinstanzlich ist Gärtner Florian Schröder schon verurteilt. Er findet aber weiter gut, eine Kita mit einem Weihnachtsbaum zwangsbeglückt zu haben.

V on sich selbst hat Internetgärtner Florian Schröder eine sehr vorteilhafte Meinung. „Er möchte Gutes tun“, teilt er über sich anlässlich der Berufungsverhandlung mit, die am Mittwoch 12. März im Landgericht Hamburg ansteht.
Die hat er angestrengt, nachdem er in erster Instanz wegen Hausfriedensbruchs zu einer Geldstrafe in Höhe von 3.000 Euro verurteilt worden war. Der Betreiber eines Onlineportals mit imperativischem Domainnamen – aber weder leckmich.de noch fickdich.de – war im Dezember 2023 in eine Hamburger Kita eingedrungen. Unerlaubt. Zum Glück nur nachts.
Dort hat er dann einen Nadelbaum aufgestellt. Warum? Weil die Kitaleitung erklärt hatte, keinen Weihnachtsbaum aufstellen zu wollen. Dafür war sie von der Fachpresse für Hass, Blut und Beleidigungen sowie auf toxischen Social Media-Plattformen beschimpft und bedroht worden.
Ein Mann, ein Baum
Gärtner Schröder, ganz Mann der Pflanze, schritt zur Tat. Das empfand die Kitaleitung als auf bedrohliche Weise übergriffig. Übergriffig fand die Staatsanwaltschaft das Eindringen des Ellerbekers aufs Grundstück der Kindertagesstätte. Und als übergriffig beurteilte eben auch im vergangenen Herbst die Amtsrichterin Schröders nächtliche Bebaumung.
Nur zur Einsicht ist der 53-Jährige dadurch nicht gelangt. Wobei seine Denkwege auch einigermaßen schwierig nachzuvollziehen sind: Hätte er das Urteil akzeptiert und die Buße bezahlt, wäre die Sache ja vorbei. Stattdessen treibt er sie mit dem Berufungsverfahren weiter. Trotzdem behauptet er in seinem Schreiben an die Presse, sein Ziel sei gar nicht, „den Kampf“ – denn ja, er sieht das offenbar als seinen Kampf – „gerichtlich bis zum Ende“ auszutragen.
Stattdessen schlägt er vor, dass er an der Kita nun jahreszeitgemäß eine „Frühlings-Pflanzaktion“ durchführen dürfen sollte, weil er doch so gerne etwas Gutes tun will. Er will ja nur die Kinder glücklich machen, und damit, so sein Plan, „den Strafantrag der Kita gleich mit aus der Welt schaffen“.
Das würde, leicht erkennbar, nur Herrn Schröders Kampf auf ein Terrain verlagern, auf dem er sich selbst sicherer fühlt. Er will offenbar einfach nicht einsehen, dass seine Aktion gewalthaft war. Er glaubt, das Recht zu haben, Kindern, Erzieher*innen und Eltern seinen Willen zu oktroyieren – in dieser oder jener Form: Kommt schon!, ihr wollt es doch auch!, scheint er ihnen zuzurufen, der liebe Onkel Schröder.
Schließlich haben sie noch nicht mal das Tor ordentlich verriegelt und verrammelt! Die hätten doch gut und gerne einen stabileren Zaun ums Kitagrundstück machen können, oder eine Mauer, die ihn davon hätte abhalten können, das Gute zu tun. Ohne Gnade. Weil er es doch muss.
Der Arme! Vielleicht würde es ja helfen, ihn mit einem Pusteblumen-Wettpusten auf seinem Gärtnereigelände zu überraschen, einen Blattlausausflug in seine Obstbaumschule zu organisieren oder seine Zuchtbeete spontan zu Schneckenrennstrecken umzuwidmen: Kann es etwas Besseres geben?
Es wäre zumindest schön, zu wissen, wie er auf eine solche Aktion reagieren würde. Wahrscheinlich allerdings: zutiefst humorlos. Mit einer Strafanzeige. Und da hätte er dann auch völlig Recht.
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