Zustimmung für NSU-Aufarbeitung: Rückendeckung für Block
Die Grüne Miriam Block stimmte in Hamburg für einen NSU-Untersuchungsausschuss. Mögliche Sanktionen für sie kritisieren Grüne auf Bundesebene.
„Die Zusammenarbeit in einer Fraktion kann nur funktionieren, wenn Abgeordnete auch schmerzlichste Kompromisse in einer Koalition mittragen. Doch wenn tiefgreifende Überzeugungen angegriffen werden und Gewissensentscheidungen zur Abstimmung stehen, sind solch harten Sanktionen fragwürdig“, sagte Marcel Emmerich, Obmann der Grünen im Innenausschuss des Bundestags, am Montag der taz.
Die NSU-Aufklärung sei und bleibe „eine große politische Aufgabe sowie ein enorm wichtiges Anliegen der Grünen Partei, für das die Hamburger Grünen auch seit Jahren kämpfen“, so Emmerich weiter. Es sei aber auch empörend, „dass der fehlende Aufklärungswille von SPD und CDU uns in den Ländern immer wieder in so eine Situation bringt“.
Das Hamburger Stadtparlament hatte vor zwei Wochen über einen Antrag der Linkspartei abgestimmt. Sie forderte einen Untersuchungsausschuss zum NSU-Mord an Süleyman Taşköprü, den die Rechtsterroristen 2001 in Hamburg erschossen hatten. Eine solche parlamentarische Aufarbeitung hatten auch die Hamburger Grünen lange gefordert. Die SPD lehnte den Ausschuss aber ab und die Grünen fügten sich in der gemeinsamen Koalition.
Kopfschütteln von Grünen über Grüne
Als einzige Grüne stimmte Block, bisher in der Fraktion Sprecherin für Wissenschaft und Hochschule, für den Linken-Antrag. Der Fraktionsvorstand kündigte daraufhin an, sie ihrer Funktionen entheben zu lassen. Ein Sprecher sagte, Block habe mit ihrem Verhalten rund um die Abstimmung erheblichen Schaden für die Fraktion in Kauf genommen. Am Montag soll nun die Fraktion über die Sanktionierung abstimmen.
Grünen-intern sorgt das Vorhaben nach taz-Informationen für Kopfschütteln. In der Bundestagsfraktion ist Innenpolitiker Emmerich nicht allein mit seiner Kritik. Unter Abgeordneten ist die Rede von „großem Unverständnis“ und einem „unmöglichen Verhalten“ der Hamburger Grünen-Führung.
Zurückhaltender äußerte sich am Mittag allerdings der Grünen-Bundesvorsitzende Omid Nouripour. Er distanzierte sich nur vorsichtig: Es gebe „sehr viele Eigenheiten von Debatten in den Bundesländern“, sagte er in Berlin. Deshalb sei es „mehr als fair, darauf hinzuweisen, dass das eine Angelegenheit der Hamburger Grünen vor allem in der Bürgerschaft ist“. Versichern könne er, dass eine harte Linie gegen Nazi-Aktivitäten in der Partei „mehr als Common Sense“ sei. „Da nehme ich niemanden aus.“
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