Hamburger Untersuchungsausschuss zum NSU: Grüne will mit Linken stimmen

In Hamburg will die oppositionelle Linke einen Untersuchungsausschuss zum NSU einsetzen. Nun kommt Unterstützung aus der grünen Regierungsfraktion.

Blick von der Besuchertribüne in den Plenarsaal der Hamburgischen Bürgerschaft im Rathaus

Es droht Streit im Plenarsaal der Hamburgischen Bürgerschaft Foto: Marcus Brandt/dpa

HAMBURG taz | Die regierende SPD hat sich in der Hamburger Bürgerschaft eindeutig positioniert: An der Elbe soll kein parlamentarischer Untersuchungsausschuss zum Terrornetzwerk „Nationalsozialistischer Untergrund“ (NSU) eingesetzt werden.

Nun gibt es einen Antrag der Linksfraktion, einen solchen Ausschuss einzurichten. Und der könnte den rot-grünen Hamburger Senat belasten. Denn einzelne Abgeordnete der Grünen erwägen, für den Antrag zu stimmen: „Mit meinem Gewissen ist nicht vereinbar, den Antrag der Linksfraktion abzulehnen, solange wir keinen alternativen Weg für eine ernsthafte Aufklärung finden“, schrieb etwa die Grünen-Abgeordnete Miriam Block auf Twitter.

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Mit diesem Alleingang setzt sie nicht nur die SPD, sondern auch die eigene Partei unter Druck. Die Auseinandersetzung im Senat um einen NSU-Ausschuss in Hamburg hatte sich in den vergangenen Monaten zugespitzt. Seit der Selbstenttarnung des NSU-Kerntrios Uwe Mundlos, Uwe Böhnhardt und Beate Zschäpe 2011 ist Hamburg das einzige Bundesland, in dem der NSU gemordet hatte, aber kein Untersuchungsausschuss eingesetzt wurde.

Immer wieder neue Fehler

Am 27. Juni 2001 hatten Mundlos und Böhnhardt Süleyman Taşköprü in seinem Gemüseladen in der Schützenstraße erschossen. Kurz nach dem Mord sagte sein Vater Ali Taşköprü der Polizei, dass er auf dem Weg zum Laden zwei Männern begegnet sei: groß, schlank, zwischen 25 und 30 Jahre alt und augenscheinlich „Deutsche“ – und „keine Südländer“.

Das war einer von vielen Hinweisen nach rechts, die die Ermittelnden ignorierten – und einer der vielen Fehler, die immer wieder neue Fragen aufwerfen. Auch für Block: „Die rechten Netzwerke in Hamburg sind immer noch nicht aufgelöst, die potenziellen und tatsächlichen Fehler des Staates rund um den NSU Komplex sind nicht ausreichend aufgeklärt“ schreibt die Fraktionssprecherin für Wissenschaft und Hochschule. Und sie betont, dass der „Selbstbericht des Senates“ von 2014 nicht genüge. Der Bericht sei „in Teilen widersprüchlich zu Befragungsergebnissen“ des Parlamentarischen Untersuchungsausschusses des Bundestages.

Die Linke teilt diese Einschätzung. Sie listet im Antrag auf zwanzig Seiten offene Fragen zum NSU-Komplex in der Hansestadt auf.

Parteitagsbeschluss der Grünen für Ausschuss

Die rot-grüne Regierungskoalition hatte bisher einen Untersuchungsausschuss abgelehnt. Die Landesmitgliederversammlung der Grünen verabschiedete 2021 jedoch einen Beschluss für einen solchen Ausschuss. Das Besondere an einem Untersuchungsausschuss ist sein Rechtsstatus. Block betont, dass „bereits gelöschte Akten, Erfahrungen aus anderen NSU-Ausschüssen, mögliche Whist­leb­lo­wer*­in­nen sowie V-Leute und Un­ter­stüt­ze­r*in­nen des NSU zeigen, dass es notwendig ist, Zeu­g*in­nen zu befragen und zwar gegebenfalls auch unter Eid“.

Die SPD teilt diese Einschätzung nicht. Auf Anfrage der taz hatte Innensenator Andy Grote vor zwei Wochen geantwortet, dass keine neuen Argumente für einen Untersuchungsausschuss vorlägen. Dass der Druck durch den Regierungspartner gestiegen sei, verneinte er ebenso.

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