piwik no script img

Zurück an den FinanzmärktenGriechenland besteht Vertrauenstest

Griechenland hat die erste zehnjährige Staatsanleihe seit 2010 an den Markt gebracht. Die Nachfrage ist überwältigend.

2011: Geschlossene Geschäfte in Athens Straßen Foto: reuters

Athen taz | Von einem „großen Erfolg“ für die griechische Wirtschaft berichtet der TV-Sender Skai: 2 bis 3 Milliarden Euro wollte die Athener Regierung am Kapitalmarkt aufnehmen, angeboten wurden über 10 Milliarden. Den saftigen Zinssatz von 3,9 Prozent kann Griechenland wohl verschmerzen.

Denn in erster Linie war es ein Vertrauenstest: Seit März 2010 hatte es noch keine Athener Regierung gewagt, eine zehnjährige Anleihe auf den Markt zu bringen. Nach dem Ende der milliardenschweren Rettungsprogramme im Sommer 2018 hatte Linkspremier Alexis Tsipras die geplante „Rückkehr an die Finanzmärkte“ immer wieder verschoben, möglicherweise aus Angst vor dem falschen Zeitpunkt – zumal in Griechenland Wahlkampfstimmung aufkommt und das Nachbarland Italien Anleger zur Verzweiflung bringt.

Allerdings hatte die Athener Schuldenagentur PDMA bereits im Sommer 2017 eine fünfjährige Anleihe mit einem Zinskupon von 5 Prozent ausgegeben, Ende Januar dann die erste 5-Jahres-Emission seit Beendigung der Hilfsprogramme mit einer deutlich günstigeren Verzinsung in Höhe von 3,6 Prozent. Experten weisen freilich darauf hin, dass eine richtige „Rückkehr an die Finanzmärkte“ erst durch eine erfolgreiche zehnjährige Anleihe attestiert wird.

Nun also der Ernstfall. Zwar kritisiert die konservative Opposition, dass Griechenland weiterhin die höchste Rendite im Euro-Raum zahlen muss. Aber auch vorher kam das hochverschuldete Mittelmeerland selten mit weniger als 4 Prozent Zinsen aus. Die billigste Refinanzierung gelang einem Finanzminister 2005, also lange vor der Finanzkrise, als sich die Anleger noch mit 3,25 Prozent für zehnjährige Titel zufrieden gaben.

Nicht nur Lob

Der Termin für die neue Anleihe war auch deshalb günstig, weil die US-Ratingagentur Moody’s letzte Woche ihre Bewertung für langfristige Verbindlichkeiten des Staates um zwei Stufen auf „B1“ angehoben hat. Sie begründet dies mit der Konjunktur und positiven Ansätzen am Arbeitsmarkt. Die EU-Kommission erwartet für 2019 ein Wirtschaftswachstum von etwa 2 Prozent in Griechenland.

Aus Brüssel kommt allerdings nicht nur Lob. Anfang März hatte EU-Wirtschaftskommissar Pierre Moscovici gesagt, die vereinbarten Reformen müssten schneller kommen. Zwar sei es ein Erfolg, dass Athen erstmals beim ­„Europäischen Semester“ mitmacht und seine Finanzpolitik mit anderen Euro-Partnern ­enger koordiniert. Aber es gebe auch „Verzögerungen“ – etwa die angeschlagenen Banken und die weiterhin hohe Arbeitslosigkeit. Am 11. März werden die Euro-Finanzminister wieder über die griechischen Reformbemühungen beraten.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

2 Kommentare

 / 
  • wenigstens die TAZ sollte Euphemismen, wie zB. "Reformbemühungen" verzichten, ganz besonders in Bezug auf Griechenland

  • 1. Mangels rediteträchtigen Investionsmöglichkeiten sucht das spekulative Finanzkapital überall nach günstigen Anlagemöglichkeiten - egal wie seriös sie sind. 2. Der Zinssatz wird Griechenland noch teuer zu stehen kommen, wenn sie diese bedienen müssen. 3. Gibt es weder einen ernsthaften wirtschaftlichen Aufschwung - höchsten bei Billigjobs im Tourismus. Und 4. sitzen die Banken in Griechenland auf milliardenschweren Krediten, vor allem an kleine Haus- und Wohungskäufer. Immer mehr können diese nicht zurückzahlen. Die Banken versuchen diese faulen Kredite in eine Bad-Bank auszugliedern, die diese dann zu Ramschpreisen an Hedgefonds und Spekulanten verkaufen. Letztere bauen daraus hochgefährliche Wertpapiere, die sie Spekulationssüchtigen Anlegern verkaufen. Wo liegt also der Fortschritt? Ach ja und bald sind in Griechenland Europa- wie Parlamentswahlen - da will Tsipras für gute Stimmung sorgen. Ist das Seriös? Mitnichten!