Zukunft der Weltklimakonferenz: Mit Mängeln, aber unverzichtbar
Wegen magerer Ergebnisse regt sich zunehmend Kritik am Format der Klimakonferenz COP. Doch wichtige Verursacherstaaten auszuschließen, ergibt wenig Sinn.
D ie COP27 ist seit Sonntag Geschichte, die klimapolitischen Beschlüsse sind weitestgehend enttäuschend. So verpassten die Länder etwa eine klare diplomatische Kante gegen fossile Brennstoffe. Nur mit Müh und Not wurde das 1,5-Grad-Ziel der Paris-Vereinbarung von 2015 erneut mit aufgenommen. Der Konferenz wird lediglich zugutegehalten, dass ein Fonds zur Hilfe bei Klimaschäden geschaffen wurde.
Für die von der Klimakrise bedrohten Menschen ist die Wortwahl der Abschlusserklärung aber zweitrangig. Es zählen die Handlungen der Staatengemeinschaft. Und da sieht es mager aus. Die Industriestaaten hatten bereits vor 13 Jahren 100 Milliarden US-Dollar jährlich im Kampf gegen den Klimawandel zugesagt. Dieses Geld soll seit 2020 an den Globalen Süden fließen. Die OECD-Mitgliedstaaten überwiesen 2020 laut eigenen Angaben aber nur 83,3 Milliarden US-Dollar. Eine Untersuchung von Oxfam schätzt, dass davon nur etwa 21 bis 24,5 Milliarden effektiv bereitgestellt wurden. Was nützt der neue Fonds zur Hilfe bei Klimaschäden, wenn auch dieser wahrscheinlich unzureichend finanziert wird?
Wegen gebrochener Versprechen dieser Art und wegen der unambitionierten Abschlusserklärungen stellt die Klimaszene das Format Klimagipfel nun insgesamt infrage. Der Klimaexperte Mojib Latif spricht sich für ein völlig neues Forum aus – eine sogenannte Koalition der Willigen. Blockierende Länder wären dann nicht mehr dabei. Ohne Frage, die Ergebnisse wären ambitionierter.
Es ergibt trotzdem wenig Sinn, die Klimakrise unter Ausschluss wichtiger Verursacherstaaten zu verhandeln. Auf dem Klimagipfel trafen sich mehr als 190 Staaten, um über das Klima zu sprechen. Ein globales Forum ist wichtig. Das CO2-Budget für das Erreichen des 1,5-Grad-Ziels wird in etwas mehr als sechs Jahren aufgebraucht sein. Dass sich bis dahin ein neues, handlungsfähiges Forum etabliert, ist unwahrscheinlich.
Fehler innerhalb des Formats beheben
Stattdessen müssen die Fehler innerhalb des existierenden Formats bekämpft werden. Zum Beispiel die Verhandlungskultur: Diese funktioniert auch über Kaffee, Kekse und face-to-face. Wenn aber die fossile Brennstofflobby den gleichen Kaffee trinkt, dann ist das problematisch. Diese stellte mit 636 Lobbyisten die größte Delegation. Auch weil die Verhandlungen jedes Jahr aufs Neue zwei Tage überzogen werden, benachteiligt das die kleinen Staaten. Das südamerikanische Guyana ist mit nur einer Person angereist. Diese kann unmöglich 48 Stunden durchverhandeln.
Die COP hat zweifellos Mängel, aber sie ist unverzichtbar.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Hoffnung und Klimakrise
Was wir meinen, wenn wir Hoffnung sagen
Spiegel-Kolumnist über Zukunft
„Langfristig ist doch alles super“
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Slowakischer Regierungschef bei Putin im Kreml
Lohneinbußen für Volkswagen-Manager
Der Witz des VW-Vorstands
Rechte Gewalt in Görlitz
Mutmaßliche Neonazis greifen linke Aktivist*innen an
Krieg in der Ukraine
„Weihnachtsgrüße“ aus Moskau