piwik no script img

Zu wenig Papier für die DruckereienRohstoffkrise trifft Verlage

Der Mangel an Papier stellt die Buchverlage vor Probleme. Vor allem für Comics ist das richtige Material wichtig. Besserung? Vorerst nicht absehbar.

Altpapier, aus dem Buchseiten zum Großteil bestehen, ist knapp Foto: imageBROKER/imago

Die Impfpflicht ist nicht umsetzbar wegen fehlenden Papiers, meinen die Krankenkassen, das Tempolimit kommt nicht wegen fehlender Schilder, weiß Verkehrsminister Volker Wissing (FDP). Beide Argumente wirken vorgeschoben, ersterem wohnt jedoch ein größeres Körnchen Wahrheit inne. Der Papiermangel ist mittlerweile zu einer Papierkrise geworden, und die stellt zunehmend Buchverlage vor Probleme.

Altpapier, aus dem Buchseiten zum Großteil bestehen, ist knapp. Das liegt unter anderem daran, dass während der Coronapandemie weniger Werbeflyer in den Altpapiercontainern landeten. Stattdessen boomte der Versandhandel, doch aus Karton lässt sich Druckpapier nicht herstellen. Gerade für die Darstellung von Comics ist jedoch das richtige Papier entscheidend: Raues oder glattes, dünnes oder dickes – Papier wird immer teurer.

Der Reprodukt Verlag für Comics und Graphic Novel hat so kürzlich eine Crowdfunding-Kampagne gestartet, um überhaupt noch weiter produzieren zu können. „Wir haben keine großen Auflagen“, sagt Filip Kolek von Reprodukt, „und somit auch keine großen Rücklagen.“

An welch dünnen Fäden eigentlich ein Betrieb in einer globalisierten Welt hängt, wird gerade wieder anschaulich. Reprodukt druckt viel in Litauen. Die litauischen Druckereien arbeiten jedoch mit ukrainischen Lkw-Unternehmen zusammen, deren Fahrer wiederum gerade im Krieg kämpfen.

Probleme bereite zudem China, erklärt Kolek. Shanghai befindet sich in einem strengen Lockdown, die Häfen sind dicht. US-Verlage ließen viele ihrer Bücher in China drucken und schwenken kurzfristig nun auf Osteuropa um, was die europäischen Verlage unter Druck setze, die auf die dortigen Druckereien angewiesen seien. Innerhalb der letzten Wochen seien die Kosten für den Druck um etwa 60 Prozent gestiegen. Viele Papiersorten würden zudem momentan nur selten angeboten, sagt Kolek.

Kampf mit den hohen Preisen

Kurzfristig wird Reprodukt weiter Comics vertreiben können: Die Crowdfunding-Aktion verläuft erfolgreich, zu Redaktionsschluss sind bereits über 58.000 Euro eingenommen worden. Doch die Papierkrise wird die Verlagswelt weiter beschäftigen. Der Markt sei aktuell so unvorhersehbar, dass es schwierig sei, überhaupt verbindliche Offerten zu erhalten, sagt Claudio Barandun vom Schweizer Comicverlag Edition Moderne.

Mit hinein in die Krise spielen Streiks um Tarifverträge in Finnland: Seit dem 1. Januar bestreiken Arbeiter Fabriken des Papierherstellers UPM-Kymmene Oyj, der als größter Papierproduzent Europas gilt. Der Merve Verlag unterstütze die Streikenden uneingeschränkt, sagt Leiter Tom Lamberty, der sich zu den Auswirkungen der Krise auf seinen Verlag nicht weiter äußert.

Dabei sind nicht nur Comic- oder Kunstbuchverlage von den Preissteigerungen betroffen. Der März Verlag etwa, einst wichtiger Umschlagplatz der Gegenkultur und im letzten Jahr wieder auferstanden, kämpft mit den hohen Preisen. „Das betrifft nicht nur die Bücher, sondern auch unsere gedruckte Verlagsvorschau, Verpackungsmaterial und Werbemittel“, sagt Geschäftsführer Richard Stoiber. „Gleichzeitig gibt es aber auch ein größeres Verständnis dafür, dass die Ladenpreise für ­Bücher nach oben korrigiert werden.“

Komplett abfangen ließen sich die Druckkosten so allerdings nicht: In dem Fall müssten die Bücher im Schnitt fast doppelt so teuer werden, so Stoiber.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

4 Kommentare

 / 
  • Es wird so viel Schund geschrieben. Würde man 50% dieser dämlichen Lektüren gar nicht erst drucken, wäre schon mal viel gewonnen - eine win-win-Situation.



    Das Gelbe Blatt sollte man nicht vergessen. Rituell einstampfen!

  • 4G
    49732 (Profil gelöscht)

    Es ist das Jahr 2022. Wer braucht da noch Papier?

  • Interesse,



    Im Endeffekt bestelle ich ein Buch online und es wird mir in seinen eigenen Sarg gelieferte.

  • Mir scheint, die Autorin hat sich hier viel Mimimi von den Verlagen angehört und unkritisch wiedergegeben.



    Die Buchpreise müssten eigentlich doppelt so hoch sein, um die Druckkostensteigerung aufzufangen? Das würde bedeuten, dass die aktuellen Buchpreise gerade hoch genug sind, die Druckkostensteigerung zu zahlen, und alle Kosten, die vorher schon da waren inklusive Gewinne von Händlern und Verlagen fallen gerade unter den Tisch.



    Abgesehen davon: Bücher können nicht mehr gedruckt werden, weil zu wenig Werbeflyer im Müll landen? Wenn so viele Werbeflyer weniger gedruckt werden, müsste doch der Markt für deren Rohstoffe gerade einbrechen und die Kosten für Neumaterial entsprechend billiger werden.