Zu viele Informationen beim VDZ: Verzeihung, Sie klauen da Daten!
Der Verband Deutscher Zeitungsverleger kritisiert in einem offenen Brief die Datenschutzpläne der EU – und vergisst dabei den Datenschutz.
DatenschützerInnen freut es immer, wenn sie andere beim unerlaubten Datensaugen erwischen. Ganz besonders groß dürfte die Freude sein, wenn es sich um Stellen handelt, die den Datenschutz ohnehin kritisieren.
Der Verband Deutscher Zeitschriftenverleger (VDZ) hat vergangene Woche einen offenen Brief auf seiner Webseite veröffentlicht, den er und diverse andere europäische Medienunternehmen unterzeichnen – merken Sie sich „Brief“, das wird noch wichtig. Darin kritisieren die Verbände die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) der EU. Die wird ab Mai gelten und dann für alle EU-Länder einheitliche Datenschutzregelungen vorschreiben – die Mitgliedstaaten verhandeln gerade darüber, wie genau die entsprechenden Gesetze aussehen sollen.
Unter anderem schreibt die DSGVO vor, dass NutzerInnen dem Sammeln persönlicher Daten aktiv zustimmen müssen. Zum Beispiel bei sogenannten Cookies, mit denen Webseitenbetreiber die Vorlieben von NutzerInnen speichern. Die werden bislang einfach gesetzt, zustimmen oder ablehnen kann man nicht, nur zur Kenntnis nehmen.
Die Medienbranche befürchtet durch die Verschärfung Nachteile gegenüber Facebook. Denn bei Facebook kann die Nutzerin einmal einstellen, wie sie datenschutzmäßig behandelt werden will. Bei anderen Portalen, so die Befürchtung der Unterzeichnenden, schränke die Richtlinie die Möglichkeit ein, zu personalisieren. Das bedeute „einen erheblichen Nachteil für junge Unternehmen“.
Gerade wegen der Seite mit diesem offenen Brief haben nun die DatenschützerInnen von Digitalcourage.de Alarm geschlagen. Auf der Seite des VDZ ist ein Dienst eingebunden, der massiv Daten von allen abgreift, die die Seite besuchen: Google Analytics. Dieses Tool erstellt Nutzerprofile und verzeichnet dazu sogar vollständige IP-Adressen – weswegen es in Deutschland Pflicht ist, Google Analytics mit einer Code-Erweiterung zu verwenden, die IP-Adressen anonymisiert, erkennbar durch den Befehl „anonymize“ im Quellcode der Seite. Die hat der VDZ aber nicht eingebaut, sagt Digitalcourage.
Sprich: Der VDZ veröffentlicht ein Schreiben, das davor warnt, Datenschutzgesetze zu verschärfen – und hat dabei vergessen, Datenschutzgesetze einzuhalten. Beim VDZ heißt es, man werde das umgehend prüfen und sofort abstellen, falls die Datenerhebung tatsächlich illegal sein sollte. Wahrscheinlich ist die Nutzungseinschränkung von Google Analytics dem Verband tatsächlich durchgerutscht. Wie schön wäre es da, wenn alles transparenter und einfacher wäre mit dem Datenschutz.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Geschasste UN-Sonderberaterin
Sie weigerte sich, Israel „Genozid“ vorzuwerfen
Prognose zu Zielen für Verkehrswende
2030 werden vier Millionen E-Autos fehlen
Fake News liegen im Trend
Lügen mutiert zur Machtstrategie Nummer eins
Mord an UnitedHealthcare-CEO in New York
Mörder-Model Mangione
Partei stellt Wahlprogramm vor
Linke will Lebenshaltungskosten für viele senken
Vertrauensfrage von Scholz
Der AfD ist nicht zu trauen