Zu möglichen Olympischen Spielen: Hyperloop soll Hamburg und Kiel verbinden
Um die Chancen einer Olympia-Bewerbung zu erhöhen, denken die Landesregierungen über eine Rohrpost für Menschen zwischen Hamburg und Kiel nach.

„Es gibt eine technisch mittlerweile sehr weit entwickelte Hochgeschwindigkeitstechnik, die als privatwirtschaftliche Investition rechenbar ist“, sagte Hamburgs Erster Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD). Beim Hyperloop wird eine Kapsel mit bis zu 700 Kilometern pro Stunde durch eine nahezu luftleere Röhre gleitet. Eine im Fahrweg verbaute Magnetspule treibt sie an. Der Unterdruck verringert Luftwiderstand und Reibung auf ein Minimum. Damit kann die Kapsel bei wenig Energieverbrauch sehr schnell sein.
Eine Referenzstrecke, bei der die Fahrzeuge und Systemfunktionen getestet werden sollen, könnte laut Tschentscher entlang der Autobahn 24 zwischen Jenfeld und dem Horner Kreisel ohne eigenes Planfeststellungsverfahren entstehen. „Das wollen wir exemplarisch zeigen, innerhalb Hamburgs in den nächsten Jahren, aber möglicherweise auch in einer ersten größeren Anwendungsstrecke im Zusammenhang der olympischen Bewerbung.“
Für die Referenzstrecke hat der Hamburger Senat im Februar gemeinsam mit der Firma Deutsche Rail Operations (DRO) eine Absichtserklärung unterzeichnet. Demnach unterstützt die Stadt einen Förderantrag der DRO beim Bundeswirtschaftsministerium im Rahmen des Programm „DNS der zukunftsfähigen Mobilität – digital, nachhaltig, zukunftsfähig“. Bei den nötigen Genehmigungs- und Zulassungsverfahren sowie der Umsetzung des Projekts werde der Senat DRO „bestmöglich unterstützen“.
Blick in die Zukunft
Was für viele wie Zukunftsmusik klingt, ist für Walter Neu vom Institut für Hyperloop-Technologie der Hochschule Emden/Leer schon ziemlich konkret. „Fast alle Technologie, die wir brauchen, gibt es“, sagt der Professor. Die Magnetschwebetechnik steht noch auf der Transrapid-Teststrecke im Emsland herum. Vakuumtechnik wird im großindustriellen Maßstab eingesetzt und dichte Rohrleitungen längst bei der Gasversorgung.
Die Hochschule Emden/Leer hat vor etwa zehn Jahren mit der Forschung am Hyperloop begonnen. Ihr Institut für Hyperloop-Technologie betreibt eine 27 Meter lange Röhre mit 1,6 Metern Durchmesser, um die Technologie zu erforschen. Eine 24 Meter lange Teststrecke im 1:1-Maßstab gibt es in München.
Ein Hyperloop-Zug emittiere keinen Lärm und kein Licht, sagt Neu. 90 Prozent der eingesetzten Energie könne beim Bremsen zurückgewonnen werden. Beim herkömmlichen Magnetschwebebahnen hingegen geht Energie bei der Überwindung des Luftwiderstandes verloren.
Dafür ist allerdings der Betrieb einer Vakuumröhre deutlich aufwendiger, wie Befürworter der herkömmlichen Magnetbahntechnlogie – etwa des Transrapid – warnen. Zudem sei die Steuerung der kleinen Kapseln sehr herausfordernd und die Evakuierung von Passagieren aus der Röhre schwierig.
Befürchtungen, dass die Rohre nicht dicht halten könnten, begegnet Neu mit einem Vergleich der Druckdifferenzen. Auf einer Gasleitung mit Innendruck von 100 Bar und einem Außendruck von einem Bar lasten 99 Bar. Auf einer Vakuumröhre mit zehn Millibar und einem Außendruck von einem Bar lastet weniger als ein Bar.
Linke ist skeptisch
Die Kabinen für den Hyperloop beschreibt Neu wie kleine Flugzeugkabinen – nur ohne Flügel. Mehrere davon könnten aneinander gekoppelt und auch bei voller Fahrt abgekoppelt und in einen Regionalbahnhof abgeleitet werden. „Das kann man mit heutiger Leittechnik machen“, sagt Neu. Im niederländischen Groningen, wo Europas längste Hyperloop-Teststrecke steht, sei eine entsprechende Weiche eingebaut.
Die Wärme aus dem Inneren der Kabine abzuführen, sei noch eine Herausforderung, sagt Neu. Im Vakuum fehle ja die Möglichkeit, Wärme abzuführen. Möglicherweise liege die Lösung darin, die Wärme in einer Art Batterie zu speichern und beim nächsten Halt abzugeben. Die Motorwärme sei wiederum kein Problem, denn der Motor steckt ja in Form einer Magnetspule im Fahrweg.
Skeptisch reagierte die Hamburger Linke nach Bekanntwerden der Absichtserklärung des Hamburger Senats: Dass dieser sich innerhalb von nur drei Monaten für eine Unterstützung des Projekts entschieden habe, sei Rekord, kommentiert die Fraktion ganz unironisch. „Die hohen Geschwindigkeiten berauschen anscheinend auch den Senat“, frotzelte die Co-Fraktionschefin Heike Sudmann.
Zu der wichtigen Frage, wie eine mehrere Meter hohe Röhre in den Bus- und Bahnverkehr integriert werden solle, habe der Senat auf Anfrage der Linken keine Antworten geliefert. „Die so viel gepriesene Technologieoffentheit darf nicht über die Stadtverträglichkeit gestellt werden“, warnte Sudmann. Hier erwarte sie klare Vorgaben des Senats.
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